September 1633, Konstanz: In Europa tobte der Dreißigjährige Krieg seit mehr als 15 Jahren. Auch in Konstanz schwelte der Konflikt schon länger unter der Oberfläche, bis er sich ab Anfang September auch in der Bodenseeregion entlud. Die Schweden griffen die Konzilstadt mit aller Härte von Lande und zu Wasser an. Es tobte ein zuweilen erbitterter Seekrieg.

Doch nicht nur das: Die protestantischen Schweden standen unter General Gustav Horn ab dem 8. September direkt vor den Mauern der Stadt – und bombardierten die Befestigungsanlagen von der sich schon damals auf das Neutralitätsgebot berufenden Schweiz beziehungsweise dem Kanton Thurgau. Ein bis dahin unerhörter Vorgang.

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Das war durchaus bemerkenswert, weiß auch der Konstanzer Stadtarchivar Jürgen Klöckler. „Die Schweden haben Konstanz von Kreuzlingen aus beschossen“, so Klöckler. „Die Eidgenossen haben General Horn zuvor gestattet, dass er von Süden her attackieren kann.“ Die Schweiz hatte deshalb bei dem Angriff trotz ihrer neutralen Position eine entscheidende Rolle gespielt.

Dabei ging es auf schwedischer Seite vor allem um die Frage, wie Konstanz angegriffen werden sollte. Dabei hatten die einfallenden Schweden zwei Möglichkeiten: auf dem Wasser oder an Land. Auf dem Bodensee soll es damals auch blutige Schiffsduelle gegeben haben, bei denen Konstanz dem Gegner eine kleine kaiserliche Flotte entgegenstellte.

Angriffe von Land und vom Wasser

Bewaffnet waren die Schiffe dabei mit Kanonen und Musketen, die Hafenanlage von Konstanz war seinerzeit außerdem mit hölzernen Palisaden geschützt. Das lässt sich auch einem Kupferstich von Kartograph Matthäus Merian entnehmen, der – wie es der Zufall so will – von anno 1633 stammt und auch bei Jürgen Klöckler im Büro hängt.

Die Stadt Konstanz anno 1633, abgebildet auf einem Kupferstich von Matthäus Merian. Sie zeigt besonders deutlich den mittelalterlichen ...
Die Stadt Konstanz anno 1633, abgebildet auf einem Kupferstich von Matthäus Merian. Sie zeigt besonders deutlich den mittelalterlichen Mauerring und andere Befestigungsanlagen, wie beispielsweise die hölzernen Palisaden im Wasser. Links unten im Bild ist außerdem das nahe der Stadt gelegene Kloster Kreuzlingen zu erkennen, von dem die Schweden Kanonen auf die Stadtmauer abschossen. | Bild: Timm Lechler

Dabei griffen die Schweden aber nicht nur vom See, sondern vor allem vom Thurgau aus die Stadt an. Bis zu 300 Kugeln feuerten die Schweden laut historischen Quellen an einem einzigen Tag auf die massiven Mauern ab. Dabei wurde diese schwer beschädigt, auch das ist auf einer kolorierten, historischen Zeichnung festgehalten.

„Der schwedische General Horn schloss Konstanz in einem gezielt und effektiv geführten Umklammerungsmanöver ein“, heißt es dazu in „Konstanz: 2000 Jahre Geschichte“ von Ralf Seuffert. „Die Thurgauer stellten Horn sogar Schiffe zur Verfügung, mit denen er nun bei Gottlieben die Infanterie über den Rhein holen und hier eine Brücke bauen lassen konnte. Dieses Entgegenkommen der Thurgauer erboste die Konstanzer besonders.“

Kugeln fliegen vom Kloster Kreuzlingen

Vom Kloster Kreuzlingen aus richtete General Horn in der Folge seine Kanonen in Richtung der Stadt, und da das damalige Klostergebäude seinerzeit nahe an Konstanz stand, bedrohte diese Stellung die Bevölkerung besonders. Am 10. und 11. September des Jahres 1633 misslang aber der erste Sturmangriff der Schweden auf die Stadt. „Horn hatte die Chance eines schnellen Zugriffs verpasst und ließ nun die Stadt vehement beschießen“, heißt es nach Seuffert. „Mehrere 100 Kugeln und Pech getränkte Brandbomben hagelten vom Himmel, richten aber keinen nennenswerten Schaden an.“

Zunächst litten aber zumindest die Stadtmauern erheblich unter den Angriffen, doch auch durch einen weiteren Sturmlauf auf die Wehranlagen am 18. und 19. September konnte die Stadt nicht gestürmt werden. Die fremde Streitmacht konnte demnach von einer inzwischen auf ungefähr 6000 Mann angewachsenen Besatzung und der Bürgerschaft abgewehrt werden. In der Folge wurde die Luft für General Horn und die schwedischen Truppen dünner.

Mehrere Bedrohungen gleichzeitig

Denn gleich mehrere Bedrohungen näherten sich: Innerhalb der Eidgenossenschaft kam es mittlerweile zu Streitigkeiten um die Hilfe für Horn. Die katholischen Orte wollten den schwedischen General zunehmend vom Schweizer Territorium vertreiben, protestantisch geprägte Gegenden billigten dies jedoch nicht. Es drohte auch ein Konflikt unter den Schweizern. Es fehlte wohl nicht viel und ein Bürgerkrieg wäre ausgebrochen.

Zusätzlich konnte die überwiegend österreichische Besatzung von Konstanz laut Aufzeichnungen einen Angriff vom 30. September und 1. Oktober erneut abweisen. Zusätzlich hatten die spanischen Truppen, die aus Norditalien anrückten, inzwischen Oberschwaben erreicht. Horn brach deshalb die Belagerung, zwar nach schwereren Beschädigungen, aber ohne letztlichen Erfolg im Oktober 1633 ab.

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Für Jürgen Klöckler historisch gesehen ein Glücksfall. Denn klar ist: Hätte die Verteidigung der Stadt nicht gehalten, hätte dies große Auswirkungen, auch bis heute, haben können. Die Zivilbevölkerung hätte dann unter Plünderungen, Vergewaltigungen und Morden gelitten. Viele Kirchen und andere Bauten wären in Brand gesetzt worden und das Stadtbild hätte sich nachhaltig – und vermutlich bis heute – entscheidend geändert.