Es ist eine Steilvorlage für die Fasnacht: Die „Euregia“ wird ausrangiert und verschrottet. Ausgerechnet die jüngste und größte Autofähre am Bodensee, 1996 vom Stapel gelassen und symbolisch nach der grenzüberschreitenden Annäherung in der Euregio(n) benannt. Sie hat nach nicht einmal 30 Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, wie ihre Betreiber – die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt AG (SBS) und die Deutschen Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH (BSB) – im vergangenen Oktober mitteilten.

Noch als Partyschiff im Einsatz

Nach der letzten regulären Fahrt Mitte November erwartet die „Euregia“ demnach ihre letzte Saison als Charterschiff: Die Friedrichshafener Eventagentur King Karla veranstaltet vom 10. Mai (“Schlagerlove Boot XXL“) bis zum 13. September (“Special Wiesn Boot XXL“) noch einmal 22 Party-Abende auf der 600 Personen fassenden Fähre. Die mit DJs, Live-Bands, Deko, Softdrinks und Mottos wie Mallorca, Schlager, 80er/90er- oder Classic Rock befeuerten See-Discos mit durchschnittlichen Ticketpreisen von 100 Euro sind populär: Die Hälfte der Veranstaltungen ist bereits ganz oder fast ausverkauft.

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Zum Badebetrieb nicht geeignet

Wenn Konzerte oder Fußball auf der Fähre möglich sind, sollte sie doch auch als Schwimmbad taugen: Dies ist kein Fasnachtsscherz, sondern die in Rorschach kursierende Idee, die ausrangierte „Euregia“als Provisorium für die abgebrannte Badhütte zu nutzen: Der Käsefachmann Matthias Kündig hat die Idee kürzlich dem Rorschacher Stadtrat unterbreitet. Verankert zwischen Badhütte-Ruine und Bunker beim „Idyll“, erreichbar über einen schwimmenden Steg, böte die Fähre „Gastronomie, WC, Frauen- und Männerseite, Sprungturm, Events, Konzerte... alles ist möglich“.

Als Partyschiff beliebt: Die Euregia, die im Fährbetrieb einst zwischen Friedrichshafen und Romanshorn verkehrte.
Als Partyschiff beliebt: Die Euregia, die im Fährbetrieb einst zwischen Friedrichshafen und Romanshorn verkehrte. | Bild: St. Galler Tagblatt

Schwimminsel ist Schnapsidee

Eine „spannende, interessante Idee“, antwortet der Rorschacher Stadtpräsident Robert Raths, der auch SBS-Verwaltungsrat ist. Um dann sofort abzuwinken, nicht nur wegen des Motorschadens der Fähre. Sondern weil eine provisorische Konzessionierung mit Baubewilligung für einen Steg rechtlich und zeitlich nicht möglich sei und die Stadt für ein kostspieliges Provisorium ohnehin kein Geld habe. Kündig gibt noch nicht auf: „Wo ein Wille, da ein Weg“, meint er und verweist auf genügend freiwillige Hilfskräfte. Die Fähre als Schwimminsel sei eine „Schnapsidee“, sagt Benno Gmür, SBS-Verwaltungsratspräsident und Interims-Geschäftsführer.

Viel Geld für Umbau nötig

Wenn die Betreiber im Herbst die beiden 25-Tonnen-Motoren und alle sonstigen Geräte ausbauen, bleibt der Fähre nicht zwingend nur die Verschrottung, sagt Gmür. „Wir erhalten viele Anfragen und Angebote, aber halbwegs realistisch ist nur ein Restaurant. Das könnten wir uns vorstellen.“ „Auch wenn wir die Fähre gratis abgeben würden, müsste ein Restaurantinteressent viel Geld in die Hand nehmen“, sagt Benno Gmür. Dies für den Umbau und den Unterhalt, allein die alle sieben Jahre erforderliche Schalenkontrolle koste Hunderttausende Franken.

Die Euregia wurde im November 2024 außer Dienst gestellt, weil ihr Weiterbetrieb nicht mehr wirtschaftlich war.
Die Euregia wurde im November 2024 außer Dienst gestellt, weil ihr Weiterbetrieb nicht mehr wirtschaftlich war. | Bild: Bodensee-Schiffsbetriebe

Als Partyschiff zu teuer

Wäre ein Weiterbetrieb als Partyschiff denkbar? Allein in dieser letzten Saison veranstaltet Karlinger nochmals 22 Partys und einen Firmenevent mit gesamthaft gut 12.000 Besuchern. Party-Abende, an denen stets drei Nautiker an Bord sein müssen, bringen laut Gmür jeweils 10.000 bis 12.000 Franken ein – das sei „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“. Undenkbar, dass ein Eventveranstalter den Betrieb allein weiterführe, das gehe nur in Symbiose mit den Schifffahrtsgesellschaften, und wie gesagt müsse der Motor für mehrere Millionen saniert werden.

Schwieriger Landtransport

Undenkbar auch eine Nutzung der Fähre auf einem anderen Gewässer – schon wegen des unmöglichen Transports des über 750 Tonnen schweren Gefährts. Wenn es nicht zu einer Restaurant-Einrichtung kommt, bleibt nur die Verschrottung. Die ist mit Kosten von 35.000 Franken erstaunlich günstig. Er sei „fast vom Stuhl gefallen, weil er von Kosten von mehreren 100.000 Franken ausging“, sagte Gmür im Herbst. Und es dauere nur wenige Tage: Spezialisierte Firmen „bringen Bagger mit Schrottzangen und knipsen das einfach ab“.

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Nach der letzten Fahrt der „Euregia“im September 2024 will man sich bis zur möglichen Verschrottung noch einige Wochen oder Monate Zeit lassen. „Wir sind nicht unter Zeitdruck“, sagt Gmür. Im Winter bleibt dann auch Zeit, die bewegte Geschichte der Fähre mit LKW- und Gefahrguttransporten, Brandfällen, Havarien oder eben haarsträubenden Partys nochmals zu erzählen.

Der Autor Marcel Elsener ist Reporter beim „St. Galler Tagblatt“, in dem dieser Beitrag zuerst erschien.