Frau Stegmann, der Gemeinderat in Meersburg hat den Ausstieg aus der EBC-Gästekarte beschlossen, obwohl sie zum Jahresbeginn erst eingestiegen sind. Ist diese Entscheidung für Sie nachvollziehbar?
Es gab ja keinen Plan, so zu entscheiden. Wir hatten auch nicht den Eindruck, dass es in Meersburg von Seiten der Gäste oder Gastgeber Kritik an der EBC gab. Deshalb hat uns das überraschend getroffen. Wir können die Entscheidung auch nicht nachvollziehen. Gastgeber und Gäste sind in der großen Mehrheit zufrieden. Soweit ich weiß, denkt jetzt Meersburg auch nicht über eine eigene Gästekarte nach. Die Alternative wäre, dann keine mehr anzubieten. Ich glaube, dass das nicht zu Ende gedacht ist.
Warum nicht?
Ich weiß nicht, ob sich Meersburg mit dieser Entscheidung einen Gefallen getan hat. Ich frage mich, ob dann jeder Gastgeber bestrebt ist, seinen Gast anzumelden, wenn er ihm keine Gästekarte mehr anbieten kann. Das Thema Melde-Ehrlichkeit ist ohnehin ein Problem, das ist kein Geheimnis. Wir haben schon gemerkt, dass mit der Einführung der EBC die Übernachtungszahlen überall leicht gestiegen sind. Das liegt unserer Ansicht nach daran, dass der Gast weiß, dass es diese Karte gibt und er beim Gastgeber nachfragt. Wenn das wegfällt, könnten die Meldezahlen sinken und damit auch die Einnahmen aus der Kurtaxe.
Der Gemeinderat in Meersburg ist aber nicht bereit, die Kurtaxe zu erhöhen. Was bedeutet die Anhebung des EBC-Beitrags auf 1,49 Euro pro Gast und Nacht vor diesem Hintergrund? Gibt es diese Bedenken auch in anderen Seegemeinden?
Viele Gemeinden haben die Kurtaxe schon erhöht und sie nicht nur an den höheren EBC-Beitrag von nun 1,25 Euro netto plus Mehrwertsteuer angepasst. Mit gutem Grund, um die höheren Ausgaben im Tourismus zu decken. Die EBC ist der Gegenwert der Kurtaxe in der Hand der Gäste, in Form der ÖPNV- und Rabattleistungen. Wenn man das in Euro und Cent ausrechnet, kommt schon etwas zusammen. Dieser Mehrwert fällt für die Gäste mit der Entscheidung in Meersburg komplett weg.
In Meersburg lag die Kurtaxe mit der Einführung der EBC zu Jahresbeginn bei 4 Euro pro Gast und Nacht in der Hauptsaison. Jetzt hätte sie auf 4,30 Euro steigen müssen, um die Kosten zu decken, was den Räten zu viel ist. Gibt es eine Schmerzgrenze?
Der EBC-Beitrag steigt um 22 Cent und spiegelt eigentlich nur die Kostensteigerung wider. Der Beitrag von dann 1,49 Euro brutto ist wieder für die nächsten vier Jahre festgeschrieben. Es sei denn, das Verbundgebiet wird größer. Uns ist nicht bekannt, dass es in anderen Gemeinden, die die Gästekarte anbieten, Gedanken zum Ausstieg gibt. Wir waren zuletzt in der Ratssitzung in Hagnau und haben positives Feedback auch zu den Leistungen wahrgenommen. Die Qualität im öffentlichen Nahverkehr – die Taktung der Busse, die digitalen Fahrplanauskünfte –, das hat sich enorm verbessert. Die Kurtaxe ist aber überall ein Thema, und natürlich hat das alles eine Schmerzgrenze. In anderen Gemeinden ist man meines Wissens unter diesen 4 Euro geblieben.

Gäste, die ein Deutschlandticket haben, zahlen mit der EBC die Nutzung von Bus und Bahn quasi doppelt. Inwiefern konterkariert das Deutschlandticket das Konzept der Gästekarte mit ÖPNV-Nutzung?
Uns war recht schnell wichtig zu wissen, wie viele unserer Gäste ein Deutschlandticket haben. Das haben wir im vergangenen Jahr bei einer Abfrage zur Marktforschung mit hineingenommen. Etwa 2000 Gäste haben sich beteiligt. Heraus kam, dass zehn Prozent der Bodenseeurlauber das D-Ticket haben. Das deckt sich mit dem Bundesdurchschnitt. Nach den Erfahrungen der Tourist-Informationen gibt es nur selten Kritik, weil ein Gast schon das Deutschlandticket hat und die EBC für den ÖPNV gar nicht bräuchte. Hätten wir weiterhin ein 9-Euro-Ticket gehabt, dann hätte sich das Ganze aber schwieriger gestaltet.
Wie viele Gäste kommen denn noch mit dem Auto?
Etwa 90 Prozent. Aber die Bereitschaft ist groß, das Auto im Urlaub stehen zu lassen, wenn es andere Möglichkeiten der Fortbewegung gibt, die einfach und bequem sind. Bei unserer Abfrage in den EBC-Gemeinden kam heraus, dass Bus und Bahn pro Person durchschnittlich 2,1 Mal pro Urlaub genutzt werden, das Auto aber nur 1,6 Mal. Für Ausflüge innerhalb der Region spielen Bus und Bahn somit eine größere Rolle als das Auto. Könnten unsere Gäste mit der EBC bis nach Konstanz fahren, würde übrigens die Hälfte der Urlauber mehr mit dem ÖPNV fahren.
Warum ist es trotz jahrelanger Bemühungen immer noch nicht gelungen, die EBC „grenzüberschreitend“ in den Landkreis Konstanz hinein anzubieten?
Das ist ein Thema, das mich von Anfang an beschäftigt, und ich bin jetzt schon über fünf Jahre dabei. Es ist immer noch ein dickes Brett, das wir da bohren müssen. Aber wir sind dran. Es wird nächste Woche einen großen Austausch geben, bei dem erstmals alle am Tisch sitzen werden, die da mitentscheiden. Also die beiden Tourismus-Organisationen DBT und Regio Konstanz, zusammen mit den Verkehrsverbünden Bodo und VHB und Vertretern beider Landratsämter und der Stadtwerke Konstanz. Ich finde es nach wie vor ungemein wichtig, dass wir zumindest auf der deutschen Seeseite diese ÖPNV-Grenze abbauen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Gäste das wollen und auch schon so fahren. Oft ohne zu wissen, dass die Gültigkeit der EBC auf dem Weg nach Konstanz in Meersburg endet. Und wir brauchen die Fähre in dem Konzept. Wir Touristiker sehen uns in der Verantwortung, das Problem zu lösen. Es geht um die Destination Bodensee.