Frickingen Schon außerhalb des Lagerhäusle kündete peppige Livemusik von dem, was die geladenen Gäste innerhalb des Kulturrestaurants im Frickinger Ortsteil Altheim erwartete: Der mit „Dank und Einblick“ überschriebene Abend zeigte den wertschätzenden Umgang mit den zu betreuenden Jungen und Mädchen, die an den Standorten Brachenreuthe, Bruckfelden und Fohrenbühl leben und lernen. „Herzlich willkommen“, rief Schüler Marvin, der zusammen mit Markus Schubert, Abteilungsleiter Schule Brachenreuthe, dem Pädagogen Daniel Wehrle und sechs Schülerkollegen den musikalischen Rahmen setzte.
Auf dem Lagerhäusle-Podium saß neben Gruppenleiterin Susanne Fuhrmann, Lehrer Simon Hintermeier und Unterstützerin Felicitas Friese auch der ehemalige Schüler Julian Rublack. Eindrücklich schilderte er, wie er durch die heilpädagogische Camphill-Betreuung gefördert wurde, sich ein sportliches Ziel setzte und das gleich zweifach. Der junge Mann mit der Diagnose Autismus spielt seit 21 Jahren Badminton und gewann 2023 zweimal eine Goldmedaille bei der Sportbewegung Special Olympics World Games Berlin für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Als er zwischenzeitlich unter starken Herzrhythmusstörungen litt, habe er sich gefragt, ob er wirklich aufhören müsse. „Nein, ich habe gekämpft“, lautete Rublacks Ansage. Mittlerweile ist der 33-Jährige zum Trainer des Jahres gekürt worden, Trainerassistent beim TV Überlingen und trainiert für seine Teilnahme bei den Special Olympics National Games 2026. Im Lagerhäusle arbeitet er neuerdings im Service und das sehr gerne, wie er betonte.
Julians Mutter Elisabeth meldete sich aus den Gästereihen zu Wort. Als ihr Sohn mit zehn Jahren zu Camphill gekommen sei, habe er nicht sprechen können. „Man kann nicht dankbar genug sein für so eine Zuwendung und enorme professionelle Begleitung“, rief sie ihren Dank in den Raum. Wie ein Lebensalltag in einer Camphill-Gruppe aussieht, beschrieb Susanne Fuhrmann. „Die Kinder abholen, wo ich sie fördern kann und ihnen gleichzeitig ein schönes Leben bieten“, erklärte die Gruppenleiterin auf Nachfrage von Moderator und Vorstand Burkhard Haus ihren pädagogischen Ansatz. Fuhrmanns Statement, dass bei Camphill „Arbeit und Leben verschmelzen“, bejahte ihr Kollege Simon Hintermeier. Auch er betreue seine acht Schüler der Haupt- und Berufsschulstufe nach deren individuellen Grundbedürfnissen. „Unsere Schüler bringen unglaubliche Fähigkeiten mit“, unterstrich Hintermeier. Gleichbleibende Routinen und Abläufe gäben seiner Schülerschaft Sicherheit und Struktur.
Um die Art der Kommunikation im Unterricht zu erklären, hielt der Pädagoge Bildkarten hoch, mit Hilfe derer er mit seiner Schülergruppe kommuniziert. Sieben der Schüler nutzen ihm zufolge ein I-Pad, um besser kommunizieren zu können. Zweimal wöchentlich leitet Hintermeier eine Gartengruppe, um den Jugendlichen die Natur nahezubringen und ihnen einen „Schutzraum“ zu bieten. Über einen Fundraising-Antrag konnte ein Gartenhaus angeschafft werden, um den jungen Zu-Betreuenden Zugang zu Tätigkeiten wie Rasen mähen oder Hecken schneiden zu verschaffen.
Dass es sich beim Spenden um ein Geben und Nehmen handelt, davon wusste Felicitas Friese zu berichten. Sie berichtet, was sie bei Camphill in Frickingen erlebt. Den ersten Kontakt hatte sie an einem Camphill-Infostand am Überlinger Mantelhafen. Über ihre Verbindung zur ganzheitlichen, tibetischen Medizin sei ihr die camphillsche, individuelle Arbeits- und Betrachtungsweise sofort ins Auge gefallen. Für den von ihrem gespendeten Werkzeugkasten für eine Gartengruppe der Camphill-Einrichtung bekam sie zum Dank ein Foto mit einer Karte der Gruppenmitglieder. Der ebenfalls enthaltenen Einladung nach Brachenreuthe folgte sie gerne. „Ich war beeindruckt von der Atmosphäre und dem Engagement dort“, erklärte Friese. Von Burkhard Haus nach ihrem Wunsch für die Schule gefragt, antwortete die Wahl-Überlingerin spontan mit „Weiter so“.
Wie Vorstand Cornelius Weichert bei der Begrüßung erklärt hatte, ist es „schwierig“, Schulgemeinschaften an drei Standorten zu unterhalten. Umso wichtiger seien Spendengelder. Ein neues Dach für das Lagerhäusle, „wichtig als Ort der Kultur und Begegnung“, sei hauptsächlich aus Spenden finanziert worden. Ebenso sei das jährliche Bruckfelden-Open-Air oder das Unterhalten der Schülerband ohne Unterstützung nicht stemmbar. Beispielsweise seien Fördergelder in das Schlagzeug geflossen, das Marvin an dem Dankes-Abend gekonnt bespielte.