Eigentlich ist es seit Beschluss der Kultusministerkonferenz 2005 Usus, das Promotionsrecht an private Hochschulen an eine Qualitätsprüfung zu knüpfen. Und die kann "nur auf dem Wege einer Einzelfallbetrachtung im Rahmen der institutionellen Akkreditierung überprüft werden", sagt der Wissenschaftsrat. Warum hat das Stuttgarter Ministerium im Fall ZU diese Messlatte nicht angelegt? Hier sind die Antworten.
Rückblick: Die Überraschung war September 2011 beim Sommerfest der Zeppelin-University groß. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hatte ein besonderes Geschenk dabei: das Promotionsrecht für die junge Hochschule. Selbst der damalige ZU-Präsident Stephan A. Jansen staunte über die "sehr zügige Verleihung durch das Ministerium" und interpretierte dies als "Vorschusslorbeeren".
Wissenschaftsrat gegen Titelrechtevergabe
Ein halbes Jahr zuvor hatte der Wissenschaftsrat, der Bundes- und Länderregierungen berät, Ministerin Bauer empfohlen, der ZU die Titelrechte für fünf Jahre zu verleihen. Damit war die Häfler Uni die erste Privathochschule in Baden-Württemberg, bei der das Gremium die Voraussetzungen für das Promotionsrecht erfüllt sah. Die ZU hatte zuvor das Akkreditierungsverfahren erfolgreich durchlaufen. Das prüft, ob Leistungen in Lehre und Forschung erbracht werden, die anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben genügen. Der ZU wurde 2011 eine "klare Forschungsorientierung" bescheinigt. Anders ging es auch nicht: Nach dem damaligen Landeshochschulgesetz war die Vergabe der Titelrechte zwingend an die Empfehlung durch den Wissenschaftsrat geknüpft.
Ministerium bleibt Antwort schuldig
Bereits 2016 hätte das Promotionsrecht verlängert werden müssen. Dass der Wissenschaftsrat dazu eine Empfehlung abgeben muss, stand außer Frage. ZU und Ministerium stellten den Antrag auf erneute Prüfung, wie man die Reakkreditierung umschreiben könnte. Doch das Verfahren zog sich lange hin, das Promotionsrecht wurde pro forma bis zum 30. Juni 2018 verlängert. Am 29. Januar dieses Jahres teilte der Wissenschaftsrat mit, welche Hochschulen (erneut) akkreditiert werden.
In Sachen ZU hieß es hingegen: "Das Land Baden-Württemberg hat am 26. Januar 2018 den Antrag auf Institutionelle Reakkreditierung (Promotionsrecht) der Zeppelin Universität, Friedrichshafen, zurückgenommen." Warum das Wissenschaftsministerium vier Tage vor Veröffentlichung des Berichts das Verfahren gestoppt hat, darüber wurde Vertraulichkeit vereinbart.
Eine Antwort gibt es bis heute nicht. Selbst die Freiburger SPD-Landtagsabgeordnete Gabi Rolland erhielt auf ihre Anfrage im Landtag keine Erklärung von Ministerin Bauer. In ihrem Schreiben vom 22. März teilte sie nur mit, dass man eine Reihe von Maßnahmen, die zur langfristigen Absicherung des Promotionsrechts der ZU geeignet seien, mit der Uni-Leitung abstimme.
Keine Aussage zur Forschungsleistung
Am vergangenen Mittwoch teilte die ZU mit, dass das Wissenschaftsministerium das Promotionsrecht der Uni und ihre staatliche Anerkennung verlängert hat, für fünf Jahre. Ministerin Theresia Bauer erklärt in der Mitteilung, die ZU sei "eine wichtige Hochschule mit interdisziplinärem Profil und starkem Bezug zu gesellschaftsrelevanten Themen". Ausgezeichnete Bewertungen des Studienangebots der Universität in den Rankings bestätigten ihr hohes Ansehen. Und: "Trotz der hinter ihr liegenden schwierigen Jahre der Konsolidierung hat sie ihre ungebrochene Attraktivität bei den Studierenden und ihr innovatives Lehrprofil unter Beweis gestellt." Eine Aussage zur Forschungsleistung der Uni findet sich in dem Schreiben nicht. ZU-Präsidentin Insa Sjurts freut sich trotzdem "über diese wertschätzende Entscheidung" des Ministeriums.
Keine Angaben zu den Auflagen
Welche Auflagen mit den Titelrechten verbunden sind, teilte das Ministerium trotz Anfrage gar nicht, die ZU nur mündlich mit. Nach Aussage von Insa Sjurts betreffen die zum größten Teil den Bereich Forschung. Die ZU müsse mehr Gelder, sogenannte Drittmittel, einwerben, ihre Forschungsergebnisse mehr in hochrangigen Journalen publizieren. Und sie müsse dafür sorgen, dass forschende Professoren weniger lehren müssen.
Beschluss wider üblicher Gepflogenheiten
Was sagt der Wissenschaftsrat dazu, dass quasi an ihm vorbei das Promotionsrecht der ZU verlängert wurde? Das stehe dem Land frei, sagt Rebecca Taubach, die den Bereich Akkreditierung stellvertretend leitet. Das Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg sehe nur eine Soll-Regelung vor. Allerdings hätten sich die Länder 2009 darauf verständigt, dass "die Frage der Verlängerung eines befristet an eine nichtstaatliche Hochschule vergebenen Promotionsrechts ... stets im Rahmen eines vom Wissenschaftsrat durchzuführenden Reakkreditierungsverfahrens beantwortet werden" sollte. Seitdem sei auch bei der Verlängerung des Promotionsrechts bundesweit "eine vorhergehende Prüfung durch den Wissenschaftsrat der Regelfall".
So sieht die Uni-Landschaft aus
Bis Ende 2017 hat der Wissenschaftsrat in Deutschland 92 nichtstaatliche Hochschulen akkreditiert oder reakkreditiert. Diese Zahl schließt auch die Hochschulen ein, die das Promotionsrecht nach Akkreditierung erhalten haben. 27 Verfahren wurden seit 2001 nicht eröffnet oder abgebrochen. Die Zeppelin-Universität ist in Baden-Württemberg die einzige Privathochschule mit Promotionsrecht neben staatlichen Unis in Freiburg, Heidelberg, Hohenheim, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Stuttgart, Tübingen und Ulm. (kck)