Rund zwei Wochen, bevor bekannt wurde, dass die "Landshut" eine neue Heimat in Friedrichshafen finden würde, teilte die Familie Dornier der Stadt Friedrichshafen mit, dass die Familie nicht mehr bereit sei, "perspektivisch den Museumsbetrieb dauerhaft zu finanzieren." Das geht aus einer nicht-öffentlichen Sitzungsvorlage hervor, die dem SÜDKURIER vorliegt.

Weiter heißt es: "Im Gespräch mit Herrn David Dornier äußerte dieser am 28. Juni 2017, dass die Familie beabsichtige, unter Umständen den Museumsbetrieb aus finanziellen Gründen zum Jahresende 2017 einzustellen." Die Stadt wurde damit offenbar unter Zugzwang gesetzt, sich finanziell am Dornier-Museum zu beteiligen. Denn das Museum macht Verluste, rund 1,7 Millionen Euro pro Jahr, wie es in der Sitzungsvorlage heißt. Darin wird den Stadträten seitens der Verwaltung die Frage gestellt, ob man "einer Prüfung einer finanziellen dauerhaften Unterstützung durch Stadt oder Stiftung nähertritt" oder "dieser Überlegung nicht näher tritt". Die durch die Zeppelin-Stiftung förderfähigen Verluste betrügen, so wurde den Stadträten mitgeteilt, "zwischen 425 000 und 750 000 Euro pro Jahr". 

Nur wenige Wochen nach diesen Vorgängen sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass die "Landshut" ins Dornier-Museum nach Friedrichshafen kommen werde. Sowohl die Stadt Friedrichshafen als auch die verschiedenen Fraktionen des Gemeinderates äußerten sich damals äußerst zurückhaltend zu dem Projekt, sehr zur Verwunderung der breiten Öffentlichkeit und auch des Außenministers Sigmar Gabriel, der die Rückholung der "Landshut" zur Chefsache gemacht hatte.

David Dornier informierte die Stadt nicht über "Landshut"-Pläne

So hatte Oberbürgermeister Andreas Brand im SÜDKURIER-Sommerinterview betont, dass eine Unterstützung für das Landshut-Projekt durch die Zeppelin-Stiftung „stiftungsrechtlich kritisch bis nicht zulässig“ sei und die Stadt an dem Landshut-Projekt nicht beteiligt sei. „Die Entscheidung, die Landshut nach Friedrichshafen zu holen, ist zwischen Dornier-Museum und Auswärtigem Amt abgestimmt worden“, hatte die Stadt mitgeteilt. Die Zurückhaltung des Häfler Stadtoberhauptes ist wenig verwunderlich, wenn die Vorgeschichte ins Blickfeld rückt. David Dornier arbeitete mindestens seit April an einer Rückholung der "Landshut" nach Friedrichshafen – doch die Stadt informierte er über diese Pläne offenbar nicht. Stattdessen bat er Ende Juni um Geld. Bei der Frage aber, wer die laufenden Kosten der Landshut-Ausstellung übernehmen solle, betonte David Dornier immer wieder, diese Finanzierung sei gesichert. Doch bis heute ist er die Antwort schuldig geblieben, wer diese Kosten übernimmt. Erst am Freitag hatte ein Sprecher der zuständigen Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) unmissverständlich mitgeteilt: "Eine Beteiligung der BKM und auch des Auswärtigen Amtes über den Abschluss der investiven Maßnahmen hinaus ist aber nicht vorgesehen. 

Die frühere Lufthansa-Maschine "Landshut" wird in Fortaleza, Brasilien, vor dem Transport nach Deutschland zerlegt. Sie soll künftig im ...
Die frühere Lufthansa-Maschine "Landshut" wird in Fortaleza, Brasilien, vor dem Transport nach Deutschland zerlegt. Sie soll künftig im Dornier-Museum in Friedrichshafen ausgestellt werden. | Bild: Paulo Wagner/TMA Fortaleza/dpa

" Wer also zahlt für die Landshut, wenn das Dornier Museum sowieso klamm ist? Im kleinen Kreis hatte David Dornier Mitte Juli gesagt, in dieser Frage wohl naiv gewesen zu sein. "Ich dachte, der Bund legt sechs bis sieben Millionen Euro für die Landshut auf den Tisch."

Schon ein Jahr zuvor waren die Finanzen des Dornier-Museums ein Thema für die Häfler Stadträte. So wurde der Ältestenrat im Juli 2016 in die ehemalige Baracke Seemoos, dem Do-Labor eingeladen – Redner damals: Silvius Dornier (90), Sohn des berühmten Luftfahrtpioniers, höchstpersönlich. Wie aus Unterlagen zu diesem Treffen hervorgeht, die dem SÜDKURIER vorliegen, erläuterte Dornier den Stadträten damals die finanzielle Situation des Museums. Für den laufenden Betrieb seien eine Million Euro pro Jahr nötig – bisher habe die Familie 30 Prozent der Aufwendungen getragen. Insgesamt, so steht es in dem Papier, habe die Familie Dornier 43,6 Millionen Euro ins Museum gesteckt, davon 5,5 Millionen Euro in den Jahren 2009 bis 2015 "für die Sicherstellung des laufenden Betriebs". Am Ende der Präsentation geht es um die Rolle der Stadt Friedrichshafen und die Frage, ob eine Förderung durch die öffentliche Hand möglich sei. Der Tenor damals: "Ziel ist es, gemeinsam mit der Stadt Friedrichshafen den Fortbestand des Dornier Museums zu sichern." Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass damals keine Zusagen seitens der Stadt gemacht wurden. Stattdessen wurde vereinbart, dass das Dornier-Museum einer gründlichen Unternehmensprüfung unterzogen werde. Das Ergebnis liegt bis heute nicht vor, unter anderem "wegen der Komplexität der Prüfung", wie es in der nichtöffentlichen Sitzungsvorlage datiert vom 1. Juli 2017 heißt.

Tatsächlich sind die Strukturen rund um das Dornier-Museum verzwickt. Die Gebäude und die Grundstücke rund um das Dornier-Museum gehören der "Silvius Dornier Objektgesellschaft GmbH & Co. KG" (SDO). Die Dornier-Stiftung für Luft- und Raumfahrt und die Dornier-Event GmbH zahlen Pacht in Höhe von 491 000 Euro jährlich an die SDO, wie es in der nicht-öffentlichen Sitzungsvorlage heißt. Gleichzeitig macht die Dornier-Event GmbH Verluste. Laut Bundesanzeiger wird zum Abschluss des Geschäftsjahres 2015 ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1 545 030,13 Euro angegeben. Geschäftsführerin der SDO und der Dornier Event GmbH ist Esther Perband. Die studierte Juristin Esther Perband ist zugleich Mitglied des Stiftungsvorstandes der Dornier-Stiftung für Luft- und Raumfahrt, des weiteren Geschäftsführerin neun weiterer Firmen der Dornier-Familie. In der Sitzungsvorlage der Stadt heißt es dazu klar: "Insgesamt lässt die Familien-, Gesellschafter- und Funktionsstruktur wenig Transparenz zu." Auch die Vermögensverhältnisse der Dorniers sind für die Stadt "unklar".

David Dornier selbst ist derzeit nicht für Fragen zu erreichen. Auf Nachfrage des SÜDKURIER teilte sein Pressesprecher Philipp Lindner Ende vergangener Woche mit: "David Dornier wird demnächst in Berlin Gespräche führen, um alle Irritationen auszuräumen und alle offenen Fragen zu klären. Danach werden wir Ihnen alle Fragen sehr gerne beantworten." Wie aus gut informierten Kreisen bekannt wurde, fand am Montag Nachmittag eine nicht-öffentliche Sitzung des Gemeinderates statt. Gast der Sitzung: David Dornier. Welchen Ausgang dieses Gespräch genommen hat, wurde bisher nicht bekannt.

So geht es weiter

Am 9. Oktober wird der Gemeinderat das erste Mal nach der Sommerpause öffentlich tagen. Spätestens dann wird die Öffentlichkeit über das Ergebnis der gestrigen nicht-öffentlichen Sitzung mitteilen. Bis dahin könnte die "Landshut" auch in Friedrichshafen angekommen sein. Aus gut informierten Kreisen heißt es, die Demontage sei bereits zur Hälfte abgeschlossen. Diese hatte am 21. August im brasilianischen Fortaleza begonnen. 

 

Das sagen der Freundes- und Förderkreis Dornier und die Mitarbeiter des Museums

Der Freundes- und Förderkreis: Horst Baier, Vorsitzender des Freundes- und Förderkreises für das Dornier-Museum, sieht die Situation nüchtern: "Wir unterstützen David Dornier und das Museum nach wie vor mit all unseren Kräften, aber über ein Gesamtkonzept und der Fortführung können wir nicht entscheiden." Das liege allein in der Verantwortung von David Dornier. Sollte das Museum aus "irgendwelchen Gründen nicht mehr fortgeführt werden können", so Baier, "dann wäre das für uns sehr schade, allerdings tragen wir keinen finanziellen Schaden davon." Derzeit sind rund 1000 Mitglieder im Freundes- und Förderkreis engagiert, die Jahresbeiträge von 16 bis 24 Euro bezahlen. "Wir sind zwar mit Herzblut und Ideen dabei", erklärt Baier, "große Geldbeiträge zum Museumsbetrieb können wir aber so nicht beisteuern." Mit der Arbeit von David Dornier zeigt sich der Freundes- und Förderkreis bisher zufrieden. "Er setzt sich sehr engagiert und forsch für die Weiterführung des Betriebs ein", sagt Baier. Der Kontakt "sehr klar, direkt und ernsthaft", obwohl es keinen regelmäßigen Informationsaustausch – auch nicht in Sachen Landshut – gebe.

Die Mitarbeiter des Museums: Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, herrscht unter den Museumsmitarbeitern größtenteils schlechte Stimmung, seitdem der langjährige Museumsdirektor Berthold Porath samt Assistentin im Frühjahr das Haus verlassen musste. Seither haben fünf weitere, teilweise langjährige, Mitarbeiter – darunter auch Führungskräfte – von sich aus gekündigt. Die Mannschaft von David Dornier ist also kleiner geworden. Insider berichten, dass die Personaldecke allem im Bereich Eventmanagment dünn geworden sei. Von dem Projekt Landshut haben die Mitarbeiter nach SÜDKURIER-Informationen nur aus den Medien erfahren. Ein offenes Geheimnis ist unter der Belegschaft allerdings, dass die Besucherzahlen des Dornier-Museums seit der Eröffnung 2009 noch weiter unter dem Ziel von 180 000 Besuchern pro Jahr geblieben sind. "Es ist gut, dass die Familie Dornier durch David Dornier nun wieder näher am Museum ist", sagt ein Mitarbeiter gegenüber dem SÜDKURIER. So habe man sich in der Vergangenheit rechtfertigen müssen, wenn in den schwachen Wintermonaten gerade mal 50 Besucher pro Tag zu Gast waren. "München hat bisher dafür wenig Verständnis gezeigt", sagt der Mitarbeiter, "die Familie Dornier lebt in einer anderen Welt." Nun sei es höchste Zeit, dass sie in der Realität ankomme. (sab)