Friedrichshafen 11.000 Fotografien sind im Archiv des Zeppelin Museums, sie umfassen den Zeitraum von 1900 bis 1940. Von Anfang an zeigten die Fotos nicht nur die schiere Größe der Luftschiffe und teilten die Begeisterung für eine neue Technologie. „Das Luftschiff war immer auch Staatssymbol. Es stand für die Kriegsmaschinerie im Ersten Weltkrieg, für den Machtanspruch der Weimarer Republik und wurde natürlich für die Propaganda des Nationalsozialismus benutzt“, sagt Museumsdirektorin Claudia Emmert.

Rund 500 Fotos zeigt das Museum in seiner Ausstellung „Bild und Macht. Zeppelin-Fotografie im Fokus“. Gefragt wird, welche Macht Bilder transportieren, wie sie Geschichte mitkonstruieren und wie sie ihre Betrachter manipulieren. „Die Macht der Bilder leitet sich aus ihrer dokumentarischen Qualität ab“, sagt Emmert. Und diese wurde nicht erst im Zeitalter von Social Media und Künstlicher Intelligenz untergraben. „Schon damals gab es Fotomontagen, und Glasnegative wurden wirkungssteigernd übermalt“, berichtet sie.

„Wir haben die Ausstellung auch gemacht in Bezug zu dem Aufstieg von LZ1 vor 125 Jahren. Das ist das Initialereignis, das Friedrichshafen zu dem gemacht hat, was es heute ist“, sagt Archivleiterin Barbara Waibel. Schon 1900 wurde das Ereignis als Beginn einer neuen Ära der technischen Innovation und der nationalen Größe gefeiert. Im weiteren Verlauf dokumentieren Bilder die Verwendung der Luftschiffe im Krieg, den Image-Wandel zum Versöhnungsbotschafter und zivilen Reisefahrzeug und schließlich als Demonstration deutscher Überlegenheit in der Welt. Die Ausstellung zeigt prominente Fotomontagen wie die des leuchtenden Zeppelins über tosendem Ozean, der Beobachtung des Aufstiegs vom LZ1 durch drei Jungen am Seeufer und eines Zeppelins auf Weltfahrt.

Parallel zu historischen Ausstellungsstücken schärft die Ausstellung den Blick auf Bilder als Informationsträger in aktuellen Zusammenhängen. Um manipulative oder manipulierte Bilder zu erkennen, seien Bild-, Technik- und Digitalkompetenz nötig, erläutert Dominik Busch, Leiter der Abteilung Kommunikation des Museums. Diese können Besucher am Fake-Finder des SWR trainieren, indem sie Quellen checken und Zusatzinformationen suchen. Eine Informationsstrecke zur Fotografie zeigt, wie diese von Anfang an auch der Täuschung diente. „Eine der ersten dokumentierten Fotografien ist eine Inszenierung des Fotografen, sie zeigt ihn selbst als Ertrunkenen“, sagt Busch. Eine Dunkelkammer lädt zu Workshops zur analogen Fotoentwicklung ein.

Drei Künstler steuern eine weitere Ebene der aktuellen Auseinandersetzung bei. Aziza Kadyri hat eine Installation aus Elementen des Luftschiffbaus geschaffen. „Es ist ein Experiment in spekulativer Geschichtsschreibung“, sagt Kadyri. Inspiriert haben sie Erzählungen aus Usbekistan, die vom schwebenden Zeppelin als Fabelwesen berichten, sowie Bilder aus dem Archiv, die Frauen beim Nähen von Zeppelinhüllen zeigen. Die Skulptur könnte einen Drachen darstellen, eine verlassene Werkstatt oder die Szenerie nach einem Absturz. Kleine Tablets laden Besucher ein, mit fantasievollen Bildern und Künstlicher Intelligenz eigene Geschichten zu erfinden.

Das Kollektiv Ebb.global & Neïl Beloufa hat eine interaktive Station geschaffen, bei der Künstliche Intelligenz aus historischen Fotos und popkulturellen Elementen individuelle Postkarten entwirft. „Wir hoffen, dass jetzt ganz viele Postkarten aus dem Zeppelin Museum verschickt werden“, sagt Kuratorin Mara Kölmel. Im Rahmen des Re-Search-Stipendiums der ZF Kunststiftung hat Christelle Oyiri das Video „Sky is the Limit“ erstellt. Es befasst sich mit den Katastrophen des Hindenburg-Absturzes und des Terroranschlags auf das World Trade Center als massenhaft verbreitete Medienereignisse.