„Uns ist faire und gute Arbeit wichtig“, sagt Philipp Groll von der katholischen Betriebsseelsorge Ravensburg. Gemeinsam mit Suzana Maurer, Beraterin Faire Mobilität Freiburg, und Maren Diebel-Ebers, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Baden-Württemberg, setzt er sich für die Einhaltung des Mindestlohns und der täglichen Höchstarbeitszeit bei Gastarbeitern in der Landwirtschaft ein. Zweimal im Jahr besuchen sie Höfe im Bodenseekreis und klären die Gastarbeiter über ihre Rechte auf.
„Wir kontrollieren die Bauern nicht, wir sprechen mit den Gastarbeitern und bieten ihnen, wenn nötig, Hilfe an“, sagt Diebel-Ebers. Sie betont: „Auf die Saisonarbeiter wird zu wenig geschaut. Wer bei 35 Grad Celsius in der Sonne arbeitet, verdient Respekt.“ Und angemessene Bezahlung – das unterstreicht das Trio im Verlauf des Pressegesprächs mehrfach.
Weniger Kontrollen, mehr Missstände
Die Relevanz ihrer Arbeit erklären sie mit einem deutlichen Rückgang an Betriebsprüfungen in den letzten Jahren. Suzana Maurer spricht von einem Rückgang von über 70 Prozent bei Kontrollen in der Landwirtschaft. „Solange keine regelmäßigen Kontrollen stattfinden, existiert der Mindestlohn nur auf dem Papier“, so Maurer.
Oft würden Saisonarbeitskräfte erst bei ihrer Abreise bezahlt – ein Zeitpunkt, zu dem kaum noch überprüfbar sei, ob der gesetzliche Mindestlohn eingehalten wurde. Zu Beginn der Saison werde zudem häufig im Akkord bezahlt – also nach Leistung, nicht nach Stunden. Ziel der Initiative sei es daher, transparente Lohnabrechnungen zu etablieren und für mehr gesellschaftliche Wertschätzung der Saisonkräfte zu werben.
Präsenz auf den Feldern
Bei den besuchten Höfen in Ailingen, Meckenbeuren und Tettnang seien keine schlechten Arbeitsbedingungen festgestellt worden, berichtet Philipp Groll. Dennoch sei es wichtig, dass die Arbeiter wüssten, dass jemand da ist, der im Zweifel hilft.

Denn nicht überall seien die Bedingungen so gut wie im Bodenseekreis, sagt Diebel-Ebers. Maurer nennt Beispiele aus anderen Teilen von Südbaden: Dort müssten Gastarbeiter zum Teil sieben Tage die Woche zwischen zehn und zwölf Stunden arbeiten. Die Unterkünfte seien oft Container, in denen bis zu zehn Menschen leben. Als besonders drastisches Beispiel nennt sie eine Unterkunft mit lediglich vier Duschen für 120 Personen.
Faire Arbeitsbedingungen als gesellschaftliche Aufgabe
Gerade in solchen Fällen sei es wichtig, genau hinzusehen, betont Diebel-Ebers. Oft würden Armut und Unwissenheit der Arbeiter ausgenutzt. „Der Mindestlohn muss für alle gelten – davon profitieren wir als Gesellschaft“, sagt sie. Zudem sei ein Rückgang an Saisonarbeitskräften zu beobachten. Der organisatorische Aufwand für die Betriebe wachse. Für Maurer ist klar: „Da wird am falschen Ende gespart.“ Am Schluss bezahlen das die Konsumenten.
Die meisten Landwirte würden sich verantwortungsvoll um ihre Arbeitskräfte kümmern – vereinzelte Fälle von Missständen gebe es aber dennoch.