Gäbe es ein Kommunalquiz, hätte diese Frage vermutlich keine hohe Trefferqote. Wofür gibt die Stadt Friedrichshafen mehr Geld aus: Für die Ausstattung der 14 öffentlichen Schulen mit Lehr- und Lernmitteln? Oder für die externe Beratung des Rathauses? Nun: Für Schulbücher und Übungshefte, Mikroskope, Geo-Karten oder Chemikalien für über 5000 Schüler in der Stadt waren knapp 590 000 Euro im Jahr 2021 eingeplant. Für Beratungskosten fünf Mal so viel, rund 3,1 Millionen Euro.

Bild 1: Friedrichshafen muss sparen, doch das Rathaus lässt sich für drei Millionen Euro pro Jahr extern beraten
Bild: Lippisch, Mona

Dass sich Friedrichshafen externen Sachverstand viel kosten lässt, macht ein Vergleich mit ähnlich großen Städten in der Region deutlich. So geben Ravensburg, Biberach oder Konstanz für diesen Posten jährlich nur zwischen 100 000 und 400 000 Euro aus (siehe Grafik).

Am Beratungsdienst-Etat wird nicht gespart

Außerdem passt dieser Posten scheinbar so gar nicht zum großen Loch im Stadthaushalt 2021/22. Erst im Dezember erklärte Oberbürgermeister Andreas Brand im Interview mit unserer Zeitung: „Wir liegen jetzt bei 28 Millionen Euro Verschuldung. Wir sehen, dass die Gewerbesteuereinnahmen deutlich unter dem langjährigen Mittel liegen. Es fehlt also Geld, aber wir haben innerhalb des Verwaltungsapparats gespart.“ Für den Beratungs-Etat trifft das allerdings nicht zu.

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Kommt die Frage nach dem reich gefüllten Budget für Rechtsanwälte, Berater oder Gutachter auf, verweist die Stadtverwaltung gern auf die Rechtsstreitigkeiten um die Zeppelin-Stiftung. „Wie bekannt ist, beschäftigen Albrecht von Brandenstein-Zeppelin und sein Sohn Frederic die Stadt direkt und als Beigeladene mit mehreren gerichtlichen Verfahren“, erklärt die städtische Pressestelle die Rekord-Summe von 1,9 Millionen Euro, die im Jahr 2020 aus dem Stiftungshaushalt für Beratungskosten bezahlt wurde. Für 2021 und 2022 stehen ebenfalls rund 1,8 Millionen im Plan – 2019 reichten noch 1,3 Millionen Euro. Alle drei Verfahren hat die Stadt quasi gewonnen, auch wenn die Urteile noch nicht rechtskräftig sind. Neben dem teuren Rat der Kanzleien, die die Nachkommen des Stiftungsgründers in Schach halten sollen, werde das Geld auch für die Beratung des Stiftungsrats gebraucht, so zu „Akquisitionsprojekten von Stiftungsunternehmen“ sowie für Steuerberater.

„Innere Verwaltung“ braucht 750 000 Euro

Doch die knapp zwei Millionen Euro in Sachen Zeppelin-Stiftung sind längst nicht alles, was die Stadt für externen Rat ausgibt. 1,26 Millionen verbraucht das Rathaus zusätzlich aus dem städtischen Haushalt. Den größten Beratungsbedarf hat hier die sogenannte „Innere Verwaltung“, also die Kernverwaltung, die für 2021 allein fast zwei Drittel dieses Budgets beansprucht – rund 750 000 Euro.

Wie viel das ist, zeigt auch hier ein Vergleich mit ähnlich großen Städten in der Region. In Heidenheim (49 500 Einwohner) reichen 30 000 Euro für die Beratung der Kernverwaltung. In Singen (48 000 Einwohner) sind es 100 000 Euro, in Konstanz mit 85 000 Einwohnern 153 000 Euro. In Überlingen mit deutlich weniger Bürgern (23 000) sind knapp 290 600 Euro reserviert. Insgesamt stehen in der Kurstadt für 2021 aber auch „nur“ 392 000 Euro für Beratungskosten im Haushalt.

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Warum braucht das Rathaus in Friedrichshafen dann so viel mehr? Auf Anfrage erklärt die städtische Pressestelle, dass unter diesem Posten „Kosten für alle Arten von Gutachtern und Sachverständigen, Steuerberater, Rechtsanwälte, Gerichtsvollzieher“ sowie Projektberater veranschlagt sind – die andere Städte freilich auch beanspruchen. Wie viel davon Rechtsanwaltskosten sind, kann das Rathaus mangels Datengrundlage nur schätzen: etwa ein Drittel.

„Die im Haushaltsplan veranschlagten Beratungskosten sind in der Regel nicht durch konkrete Verträge und Vorhaben begründet.“
Aus der Stellungnahme der städtischen Pressestelle

Warum eine Verwaltung mit eigener Rechtsabteilung allerdings 700 000 bis 800 000 Euro pro Jahr für externe Juristen veranschlagt, erklärt das Rathaus nicht. Und wofür das Geld überhaupt gebraucht wird, erscheint unklar. Die Beratungskosten seien „in der Regel nicht durch konkrete Verträge und Vorhaben begründet“. Stattdessen würden die Mittel „nach Erfahrungswerten für eventuelle Bedarfe veranschlagt und dann, sofern im Einzelfall erforderlich, in Anspruch genommen.“ Eine solche Budgetplanung würden sich die Lehrer-Kollegien und Eltern der Häfler Schulen für Lehr- und Lernmittel sicherlich ebenfalls wünschen.

Oberbürgermeister Andreas Brand kann als Rathaus-Chef Aufträge im Wert bis zu 250 000 Euro vergeben, ohne den Gemeinderat damit zu befassen.
Oberbürgermeister Andreas Brand kann als Rathaus-Chef Aufträge im Wert bis zu 250 000 Euro vergeben, ohne den Gemeinderat damit zu befassen. | Bild: Lena Reiner

Und wer entscheidet dann über die Vergabe von Beratungsleistungen oder die Beauftragung von Rechtsanwälten? Laut Auskunft des Rathauses liege die beim zuständigen Fachamt „entsprechend der Zuständigkeiten und der Wertgrenzen“. Die sind in der Hauptsatzung der Stadt geregelt. So darf die Verwaltung mit ihrem Oberbürgermeister an der Spitze Aufträge im Wert bis zu 250 000 Euro vergeben, ohne den Gemeinderat damit zu befassen. Das trifft auch auf nicht geplante oder gar überplanmäßige Ausgaben bis zu 50 000 Euro zu – alles „Geschäfte der laufenden Verwaltung“.