Exakt 1,91 Millionen Euro an Beratungskosten stehen im Hauhalt der Zeppelin-Stiftung für 2019. Nimmt man einen Stundensatz von 500 Euro pro Berater an, was in mancher der beauftragten Top-Kanzleien durchaus verlangt wird, kauft sich die Stadt an jedem Werktag pro Jahr zu diesem Preis die Dienstleistungen von zwei überaus gut bezahlten Beratern ein. Oder anders gerechnet: Mit diesem Geld könnten jährlich auch sieben bis acht zusätzliche Geschäftsführer mit einem Salär von je einer Viertel Million Euro beschäftigt werden. Zum Vergleich: 2014 gab die Stadt in Sachen Zeppelin-Stiftung noch 680 000 Euro für Berater aus.
Enormes Vermögen in kommunaler Hand
Die Zeppelin-Stiftung ist – bildlich gesprochen – ein überaus wertvoller Tanker, dessen Steuerung nicht einfach ist. Der Wert dieser Stiftung, die die Stadt verwaltet, geht dank ihrer Unternehmen wie ZF und Zeppelin GmbH in die Milliarden. Nachvollziehbar, dass neben der hauseigenen Kompetenz und Sachkunde von stolzen 1300 Mitarbeitern im Rathaus auch externe Fachleute notwendig sind. „Ohne die Hinzuziehung externer Berater könnte die Zeppelin-Stiftung auch ihrer kommunal und steuerrechtlich begründeten Vermögensfürsorgepflicht und Vermögenserhaltungspflicht nicht vollständig nachkommen“, erklärt die städtische Pressestelle auf Anfrage.

Guter Rat wird richtig teuer eingekauft
So begleiten Investmentbanker von Lazard in Frankfurt wirtschaftliche Transaktionen der Stiftung, Kanzleien wie Clifford Chance oder Baker Tilly aus München steuern Expertise im Steuer- oder Stiftungsrecht bei. Selbst für die Kommunikation werden externe Berater wie A&B One aus Frankfurt bezahlt, obwohl das Rathaus eine gut besetzte Pressestelle hat. Und dann ist da noch der Rechtsstreit mit dem Urenkel des Stiftungsgründers, Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin. Zwar führt er die Klage zwecks Wiederherstellung der Ur-Stiftung gegen das Land Baden-Württemberg; die Stadt ist nur beigeladen in dem Verfahren. Doch die rechtliche Expertise zu diesem kniffligen Fall, der vor einem deutschen Gericht noch nie verhandelt wurde, zahlt Friedrichshafen.
Wer vom Rathaus allerdings für was um Rat gefragt und bezahlt wird, hat die Stadt bisher nie transparent dargelegt. Wie heikel das Thema ist, zeigt sich auch daran, dass die städtische Pressestelle die Antworten auf unsere Fragen postwendend auch dem Ältestenrat des Gemeinderats zur Kenntnis gab. Heikel wohl auch deshalb, weil nach Auskunft der Stadtverwaltung in letzter Konsequenz in Sachen Zeppelin-Stiftung nur Einer die Aufträge vergibt: Oberbürgermeister Andreas Brand. Bei ihm laufen alle Fäden und Entscheidungen zusammen – und nicht nur in Stiftungs-Angelegenheiten.
Ein Beispiel: Mit der 2016 gegründeten Ferdinand gGmbH – die im Übrigen ebenfalls enormen Beratungsbedarf erzeugte – hat die Stadt ein Sparschwein für die Zeppelin-Stiftung installiert. Das wird seither jährlich mit einem großen Teil der Dividenden gefüttert, die ZF und Zeppelin GmbH an die Stadt als Stiftungseigner zahlen. Bis 2017 waren das jährlich rund 50 Millionen fix, aber das reicht längst nicht mehr. Der Stiftungshaushalt braucht gut 30 Millionen Euro mehr, um alles zu bezahlen. So beschloss der Gemeinderat mit seinem Vorsitzenden OB Brand, dass die beiden Stiftungsunternehmen 18 Prozent vom Gewinn abführen müssen. Allein ZF trat vom Gewinn im Jahr 2017 rund 197 Millionen Euro an die Stiftung ab. 2018 war es nur unwesentlich weniger. Stellvertretender Chef des ZF-Aufsichtsrats und maßgebliche Stimme des Gesellschafters ist OB Andreas Brand.
Das Konto der Ferdinand gGmbH dürfte inzwischen mit über 200 Millionen Euro ausgestattet sein. Das Geld will gut angelegt sein, und so hat erst im Januar der Gemeinderat erneut die Anlagerichtlinie der Stadt geändert. Da steht beispielsweise drin, dass maximal je 30 Prozent in Aktien oder außerhalb des Euroraums angelegt werden dürfen – durchaus auch in Risikoanleihen. Wo investiert wird, entscheidet die städtische Kämmerei, die den Haushalt von Stadt und Stiftung verantwortet. Deren Chef ist der Oberbürgermeister. Bericht erstattet wird einmal jährlich dem Finanz- und Verwaltungsausschuss – und vierteljährlich dem OB. Geschäftsführer der Ferdinand gGmbH ist zum einen der Chef der Kämmerei, Stadt- und Stiftungspfleger Stefan Schrode. Der zweite Chef ist Oliver Hubertus, parallel Geschäftsführer der Münchner Kanzlei Baker & Tilly – der nach Auskunft der Stadt früher als Berater der Stiftung tätig war.
Beraterverträge hier und da
OB Brand beauftragt Berater aber nicht nur als Chef der Verwaltung und damit der Zeppelin-Stiftung, sondern auch in seiner Funktion als Aufsichtsratschef von städtischen Unternehmen. Und hier wird es undurchsichtig. Auf Anfrage erklärt die Pressestelle im Rathaus, dass bei den Stiftungsunternehmen Berateraufträge durch die jeweilige Geschäftsführung oder den Vorstand vergeben werden. „Hierüber können wir schon mangels näherer Kenntnis keine Auskunft geben“, schreibt das Rathaus auf Anfrage.
Auch die Pressesprecherin erhielt Beratervertrag
Allerdings zeigte schon die Causa Monika Blank, dass OB Brand auch als Chef des Aufsichtsrats bei der Zeppelin GmbH seinen Einfluss geltend gemacht hat. Er verfügte im Februar 2015 einen Berater-Rahmenvertrag für seine künftige Chefin der Kommunikationsabteilung im Rathaus, die sie seit Juli 2015 ist. In dem behielt er sich das Recht vor, höchstpersönlich Aufträge für die Zeppelin GmbH an Blank zu erteilen (wir berichteten am 13. März 2019). Der damalige Geschäftsführer für Recht & Complience bei der Zeppelin GmbH, Jürgen Knepper, bestand gegenüber Brand darauf, dass der Vertrag beendet wird, weil er Interessenkonflikte birgt. Knepper musste gehen, obwohl sein Vertrag erst Monate zuvor um fünf Jahre verlängert worden war.
Das war kein Einzelfall. SÜDKURIER liegen Unterlagen vor, die belegen, dass OB Brand beispielsweise auch den Energie-Experten Gerhard Jochum als Berater für die Zeppelin GmbH verpflichtet hat. Auf die dezidierte Frage, in welcher Sache Georg Jochum tätig war, heißt es aus der städtischen Pressestelle jedoch, er sei „zu energiewirtschaftlichen und energierechtlichen Fragen im Zuge der Neugründung Stadtwerk am See (auf Oktober 2012)“ beratend hinzugezogen worden.
Zeppelin GmbH muss auch Gerhard Jochums Rechnungen zahlen
Dann stellt sich allerdings die Frage, warum auch die Zeppelin GmbH Jochums Rechnungen bezahlt hat. Der Beratervertrag wurde bereits im Juli 2009 geschlossen. Da war Brand gerade zwei Jahre OB. Jochum kannte er schon als Erster Bürgermeister von Böblingen, verpflichtete ihn dort laut Presseberichten ebenfalls als Berater im Vorfeld der Stadtwerks-Gründung. Doch die Honorarrechnungen des Energiewirtschaftlers, die unserer Zeitung vorliegen, passen nicht in diesen Kontext. 14 589 Euro (Stundensatz: 310 Euro) bezahlte die Zeppelin GmbH für die Beratung in „strategischen und Corporate-Governance betreffenen Fragestellungen“ im ersten Halbjahr 2010. Drei Jahre später lässt sich Georg Jochum seine Beratung „bezüglich Zeppelin„ direkt vom Oberbürgermeister bezahlen. So weist die Abrechnung der Reisekosten, die Brand 2013 als Aufsichtsratschef bei der Zeppelin GmbH geltend gemacht hat, den Betrag von 6271,30 Euro aus – für „Jochum/Beratungshonorar“.
Für die Stiftung arbeiten:
- A&B One – Kommunikationsberatung
- Baker Tilly Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG – Steuerrecht, Stiftungssteuerrecht, Gemeinnützigkeitsrecht
- Board Consultants International – Personalberatung
- Clifford Chance, Anwaltssozietät – Wirtschafts-, Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht
- Eisenmann Wahle Birk, Anwaltssozietät – Öffentliches Recht und Kommunalrecht
- Lazard, Investmentbank – wirtschaftliche Transaktionsbegleitung
- RMC Risk Management Consulting GmbH – Kapitalanlageberatung
- Roelfs RP AG – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
- Prof. Dr. Christoph Schönberger – Öffentliches Recht
- Prof. Dr. Helmut Schulte – Wirtschaftsrecht
- Prof. Dr. Thomas Würtenberger – Öffentliches Recht