„Herzlich willkommen zu unserer Regenshow“, begrüßt Schlagzeuger und Sänger Luca Knesevic die Zuhörer. Gitarrist Milan Knesevic hat zum Schutz gegen den Regen einen Schirm im Rücken befestigt, das Keyboard hat Georgy Katsnelson mit einer Plane abgedeckt und auch die Elektronik ist durch Plastikfolien geschützt. Der Begeisterung der jungen Band „Radioaktive Honey“ tut das keinen Abbruch. Virtuos, unerschrocken und so schroff wie melodiös legen sie mit eigenen Songs und fantasievoll gecovertem Rock los und locken immer mehr Publikum unter Schirmen und Bäumen hervor.
Feuershow, Rhönrad-Zauber, Workshops
Der erste Samstag des Kulturufers ist zwar weitgehend verregnet, der Stimmung tut das jedoch kaum einen Abbruch. Zwar sind die Liegestühle verwaist, aber Sitzplätze unter Dächern und Schirmen gibt es genug, die Stände des Kunsthandwerkermarkts sind wasserdicht und auch die Kreativworkshops des „Jugend-Kult-Ufers“ finden unter großen Schirmen statt. „Sobald der Regen aufhört, kommen die Leute“, sagt Angela Sturm, die den Info- und Ticketstand betreut. Ihre Kollegin Ute Biesinger bestätigt: „Es sind schon einige Veranstaltungen ausverkauft.“ Eine Besucherin meint sogar: „Es ist gar nicht so schlecht mit dem Regen, dann ist das Gedränge nicht so groß.“
Ein paar Schritte weiter nutzt Christian Novoa eine Regenpause für seine Tanz- und Feuershow. „Ich bin den ganzen Weg aus Peru gekommen und freue mich sehr, hier auf dem Festival aufzutreten“, sagt er. Er jongliert mit zwei an beiden Enden brennenden Stäben, wirft sie in die Luft und dreht sie schließlich auf dem nassen Boden liegend mit den Füßen.
Gegenüber vom Beach Club wischen die Artistinnen des Rhönrad-Zaubers ihre Matten trocken. „Wir machen Rhönrad-Kunst, die Spaß macht“, kündigen sie an. Zwei Frauen und zwei Mädchen wirbeln in, an und auf dem Rad und lassen dabei bunte Schmetterlingsflügel wehen.
Das „Jugend-Kult-Ufer“ bietet an der Aloa-Bar alkoholfreie Cocktails, im Bauwagen Getränke und Snacks und kreative Workshops wie Siebdruck, Graffiti, Perlenschmuck und Batik an. „Es läuft gut, die Besucher sind gut vorbereitet und haben die richtige Kleidung dabei“, sagt Molke-Leiterin Katharina Binzler. Unter den gelben Schirmen direkt am Seeufer druckt eine Gruppe Mädchen bunte Motive auf T-Shirts, am Nebentisch ziehen vier Jugendliche Perlen auf dünne Schnüre. „Vielleicht wird es ein Armband, mal sehen“, sagt eine Teilnehmerin. Paul Bergmann zeigt einer Schülerin, wie sie eine alte Schallplatte mit Graffiti verziert. Er lässt sie Farben und Motive aussuchen und hilft ihr, eine Atemschutzmaske anzulegen, ehe sie lossprüht.
Die Molke organisiert auch das Programm in der Musikmuschel. Der Jugendchor „Young Dreams“ aus Ertingen betritt vor stürmischer Kulisse die Bühne. Mit viel Engagement und Gefühl singen die Mädchen Lieder wie „Zeige dich“ aus dem Film „Frozen“ und wechseln zwischen den Songs immer mal die Dirigentin. Ihnen folgen voll Energie und farbigen Klängen zwischen Rock und Moderne „John Leon & Escalation“. Wieder ist der Platz vor der Musikmuschel voll, das Publikum – viele in Regen- und Windjacken – wippt und tanzt mit.
Kunsthandwerk aus verarbeitetem Müll
Die Kunsthandwerker sind ebenfalls guter Dinge. „Das ist für mich ein großes Glück, hier zu stehen“, sagt Marlene Grüner aus Immenstaad. Sie fertigt aus Glasscherben und Fischernetzen Schmuck: „Ich sammle einmal im Monat in Immenstaad oder sonst irgendwo zwischen Friedrichshafen und Meersburg Müll und den verarbeite ich.“ Bernd Panknin formt aus altem Silberbesteck Schmuck und freut sich über den Kontakt mit vielen freundlichen Menschen. „Wir nennen uns ‚Galome‘ – Gabel, Löffel, Messer. Das kann man sich gut merken“, sagt er. „Gebrauchtwarendesigner“ Friedrich Emde wandelt alte Aktenordner in Notizbücher, Tassen in Lampen und Matchboxautos zu Schlüsselanhängern um. „Das, was keinen Wert mehr hat, machen wir zu etwas Neuem und Nützlichem“, kommentiert er.
Viele Stände bieten Recyceltes oder Ungewöhnliches aus nah und fern. Es gibt Handtaschen aus Segeltuch, Bio-Kinderklamotten und Kleidung aus Altkleidern. Unter anderem auch Schmuck oder Schals aus Indien und märchenhaft schimmernde Glaslampen im „Morgenland“. Christian Biallas hat das Wob-Sax entwickelt: ein Holzinstrument mit der Form eines kurzen Saxophons, einem Klarinettenmundstück und einer Flötenmensur. „Das habe ich erfunden für alle, die mal einfach Saxophon-Klänge spielen wollen“, sagt er und spielt es vor.
Den Abschluss des Abends bildet im ausverkauften großen Zelt die Festival-Nacht: Peter Lux mit seiner Band eröffnet mit Liedern über Freundschaft und Liebe, gefolgt von Joris und Anushka Chkheidze.