„Ich muss jetzt schnell machen; da kommt ein Sturm“, beendet Christian Biallas das Gespräch und macht sich daran, seinen Stand abzusichern. Er nennt sich selbst eine Institution des Kulturufers, seit mehr als zehn Jahren verkauft er hier seine Saxofone. Die Wetterumschwünge direkt am Bodenseeufer kennt er daher gut und achtet auf die blinkenden Sturmleuchten. Dennoch freut er sich jedes Jahr wieder auf das Zeltfestival.

„Man sieht immer viele bekannte Gesichter, unter den Händlern, es kommen aber auch Kunden wieder, die etwa noch Zubehör kaufen wollen“, schildert er. Besonders sei hier auch die Länge von zehn Tagen, die einerseits natürlich ein Vorteil sei. Andererseits sei die Kombination aus mehr Tagen und „pervers“ langen Öffnungszeiten auch sehr anstrengend, sagt er. „Schlaf bekommt man da nicht viel.“

„Kindertheater darf politisch sein“

Auch auf dem übrigen Gelände herrscht am frühen Freitagabend eine gewisse Unruhe. Besucher verschwinden Richtung Bahnhof und Innenstadt, Händler bauen Aufbauten ab und wickeln Ware in Planen und Folien. Auch das Trapez am Yachthafen wird flugs gesichert; die geplanten weiteren Vorstellungen fallen aus. Flo Straß und Xilian Jüres sind eben als Duo Aerophilia mit ihrer Piratenshow aufgetreten.

Xilian Jüres und Flo Straß (von li.) vermitteln auch bei Kindertheater politische Botschaften.
Xilian Jüres und Flo Straß (von li.) vermitteln auch bei Kindertheater politische Botschaften. | Bild: Lena Reiner

Jüres war bereits im letzten Jahr da und machte als Katze kostümiert auf Sexismus aufmerksam: „Die Show in diesem Jahr ist etwas subtiler, aber wir finden auf jeden Fall, dass Kindertheater auch politisch sein darf.“

Mobile Kaffeebar ist wetterfest

Die Greenbean Kaffeebar und damit auch ihr Betreiber Jan Voßmer haben einen sturmsicheren Standort. Als der Wind stärker wird, schließt er nur Fenster und Seitentür, „damit nichts wegweht“, sagt er. Der Gastronom hat erst seit wenigen Monaten das mobile Café, zuvor betrieb er mit seiner Frau ein Lokal in Lindau; er als gastronomischer Quereinsteiger. „Die Idee zum Kaffee-Trailer hatten wir, weil wir gastronomisch weitermachen wollten, aber mitarbeiter-unabhängig“, erklärt er.

Jan Voßmer ist zum ersten Mal mit seinem Kaffee-Trailer dabei.
Jan Voßmer ist zum ersten Mal mit seinem Kaffee-Trailer dabei. | Bild: Lena Reiner

Die Bewerbung beim Kulturufer sei dann recht spontan gewesen, aber da der Standplatz zum ersten Mal vergeben worden sei, habe es sich direkt angeboten. Sein erster Eindruck ist gut: „Ich bin Lindauer und war durch das Lokal sieben Tage eingebunden. Daher hatte ich zwar vom Kulturufer gehört, aber nie die Zeit, herzukommen. Aber das merken wir uns auf jeden Fall fürs nächste Jahr vor.“

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Leckeres Essen, aber gestiegene Preise

Elisabeth Adorno und Barbara Spegel sind zum Abendessen auf das Festival gekommen und wollen danach ein wenig herumschlendern. Adorno ist erst zum zweiten Mal hier. „Ich möchte aber unbedingt ins Open-Air-Kino gehen, darauf freue ich mich schon sehr“, sagt die Salemerin. Spegel war schon vier- oder fünfmal auf dem Kulturufer und freut sich ebenfalls auf die Filme im Freien, einen bestimmten hat sie allerdings noch nicht im Sinn.

Elisabeth Adorno und Barbara Spegel freuen sich aufs Open Air-Kino.
Elisabeth Adorno und Barbara Spegel freuen sich aufs Open Air-Kino. | Bild: Lena Reiner

Das Essen jedenfalls finden beide schon lecker. „Es ist aber eben auch teurer geworden wie überall“, betont Spegel. Auch die Getränke findet sie relativ teuer.

Argentinische Künstlerin schwärmt vom Festival

Am Samstagmittag ist das Wetter zunächst besser. Sol Lavitola wartet gerade auf ihren Auftritt mit dem Marionettentheater; im Programm als „Cia Anima“ zu finden. Auch sie ist zum ersten Mal Teil der Veranstaltung, reist das ganze Jahr über von Auftritt zu Auftritt, von Festival zu Festival. Nach Deutschland stehen Island, Österreich und Portugal auf ihrem Reiseplan.

Die argentinische Künstlerin Sol Lavitola spielt zum ersten Mal auf dem Kulturufer.
Die argentinische Künstlerin Sol Lavitola spielt zum ersten Mal auf dem Kulturufer. | Bild: Lena Reiner

Wie sie in Argentinien von dem Festival am Bodensee gehört hat? „Das Festival ist sehr bekannt unter Künstlern“, erklärt sie mit Hilfe der Übersetzungsfunktion von Google und ein paar Brocken Englisch. Ihr erster Eindruck sei enorm positiv, die Organisation sei sehr gut, die Atmosphäre ebenso und: „Das sehr vielfältige Publikum gefällt mir.“

Diese Anwohnerin will täglich kommen

Sylvia Waernier ist am Samstag schon zum zweiten Mal auf dem Kulturufer. Sie wohnt nur ein kleines Stück fußläufig entfernt: „da drüben“, zeigt sie die Häuserzeile. Das Kulturufer gehöre für sie fest dazu. „Ich finde es deutlich angenehmer als das Seehasenfest, viel entspannter“, sagt sie. Ob sie da aus Anwohnerinnen- oder Besucherinnenperspektive spricht? „Als Anwohnerin gilt das sowieso“, antwortet sie und lacht.

Sylvia Waernier mit Begleiter Peter Fritz.
Sylvia Waernier mit Begleiter Peter Fritz. | Bild: Lena Reiner

Als Besucherin empfinde sie das Kulturufer als beruhigend, die Atmosphäre so schön. Sie gehe eigentlich dann immer täglich her, schlendere darüber, schaue, was gerade geboten werde und komme auch zum Essen ans Ufer. „Ich bleibe nie sonderlich lang, aber dafür komme ich eben täglich“, sagt sie. Auch die Veränderungen, die über die Jahre stattgefunden hätten, gefielen ihr gut.

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Eine Stunde später regnet es dann auch an diesem Tag los, aber immerhin bleibt der Starkwind weg. Zur Sicherheit werden Bänke und alles, was fallen könnte, aber dennoch gesichert.