Die Stadt Friedrichshafen sicherer machen – das ist eines der zentralen Themen im Oberbürgermeisterwahlkampf Ende vergangenen Jahres gewesen. Simon Blümcke legte dazu einen 11-Punkte-Plan vor mit einem Bündel von Maßnahmen. Seit 1. Dezember 2024 ist er nun als Rathaus-Chef im Amt. Was ist aus dem Plan geworden?
Tat von Magdeburg schreckt auf
„Was dort diskutiert wurde, ist nicht vergessen“, sagt der Oberbürgermeister im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Im Gegenteil, wir haben beim Thema öffentliche Sicherheit eine Zuspitzung erleben müssen“, so Blümcke mit Verweis auf den Terroranschlag am 20. Dezember in Magdeburg. Der Täter war beim Weihnachtsmarkt mit einem Auto in eine Menschenmenge gefahren – sechs Menschen starben, 300 wurden verletzt.
In Friedrichshafen habe man damals sofort reagiert und die Sicherheitsmaßnahmen beim Bodensee-Weihnachtsmarkt binnen kürzester Zeit hochgefahren. Zusätzlich zu den massiven Beton-Schranken zum Schutz vor Lastwagen habe man mit gemieteten Kleinbussen die Zufahrten für Autos zugestellt. „Das haben wir innerhalb von drei Stunden umgesetzt.“
Stadt investiert in Technik
„Die Sicherheitslage wird leider auch von außen diktiert“, konstatiert Blümcke. Der Schutz von Menschen, die Großevents wie Open-Airs, Fasnetsumzug, Seehasenfest, interkulturelles Stadtfest oder Kulturufer besuchen, habe oberste Priorität. Die Sicherung von Großveranstaltungen werde die Stadt durch technische Lösungen sicherstellen. „Daran wird trotz aller Sparzwänge nicht gespart“, versichert der Oberbürgermeister. Als Beispiel nennt er Einfahrpoller – „die sind relativ teuer, aber sehr effektiv“. Allerdings: Man werde nie eine absolute Sicherheit erlangen können, so der Rathaus-Chef, „wir wollen auch das Ideal einer offenen Gesellschaft erhalten“.

Aber auch abseits von Großveranstaltungen will Blümcke dafür sorgen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt sicher fühlen. Im Zentrum seines 11-Punkte-Plans stehen eine „Sicherheitspartnerschaft Innenstadt/Stadtbahnhof“ unter Leitung des Oberbürgermeisters und des Polizeipräsidenten. Flankiert werden soll die Partnerschaft durch Präventivmaßnahmen wie aufsuchende Jugendarbeit und Streetwork, Zielgruppen-Befragungen, Selbstbehauptungsschulungen und Nachttaxis für Frauen und Jugendliche.
Furcht vor Pöbeleien
Gerade der Häfler Stadtbahnhof und das Umfeld sind für viele Menschen kein Bereich, wo sie sich sonderlich wohlfühlen – insbesondere in den Abend- und Nachtstunden. Meldungen wie die vom Ravensburger Bahnhof, wo sich rivalisierende Gruppen Schlägereien geliefert haben, erhöhen nicht das Sicherheitsempfinden. Bahnhöfe, auch der in Friedrichshafen, haben ein Problem. Seit der Bürgerbefragung beim „Sicherheitsaudit Friedrichshafen 2021“ durch das Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg gibt es das schwarz auf weiß: Viele fürchten hier Opfer von Pöbeleien, Belästigungen oder gar kriminellen Taten zu werden.
2023 hat der Gemeinderat beschlossen, einen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) einzurichten. Dieser soll zusätzlich zum Polizeivollzugs- sowie Gemeindevollzugsdienst durch Patrouillen in der Stadt für mehr Sicherheit sorgen. Warum ist vom KOD bislang nichts zu sehen? „Der Kommunale Ordnungsdienst braucht einen beschlossenen Haushalt“, sagt Blümcke mit Blick auf den Stellenplan. Das werde Ende März der Fall sein. „Wir möchten dieses Jahr mit dieser Einrichtung starten.“ Sechs Personalstellen sind vorgesehen. Für das laufende Jahr sind Sach- und Personalkosten in Höhe von 605.000 Euro vorgesehen, für 2026 insgesamt 545.000 Euro. Blümcke geht fest davon aus, dass der Gemeinderat das Geld bewilligen wird.
Start nicht vor Sommer
Eine andere Frage ist, ob sofort genügend ausgebildetes Personal verfügbar ist. Möglicherweise müsse man Bewerber erst qualifizieren, was nicht in ein paar Wochen möglich sei. Zumindest mit vier Beschäftigten müsse man starten, um einen Schichtdienst hinzubekommen. Derzeit laufen organisatorische Vorbereitungen. Blümcke hofft, dass der Kommunale Ordnungsdienst im Sommer starten kann – „wenn‘s optimal läuft“. Stadtbahnhof, Uferpark, Innenstadt, Hinterer Hafen: Das sind Einsatzschwerpunkte, die schon beim Sicherheitsaudit 2021 von Bürgern genannt wurden.

Blümcke sieht in neuen Ansätzen wie der Pop-up-Gastronomie eine Möglichkeit einer Umfeldverbesserung. „Wir müssen neue Angebote machen.“ Auch das Thema Sauberkeit zahle darauf ein, dass Bürger sich sicher und wohlfühlen. „Ich finde, da sind wir in Friedrichshafen an vielen Stellen schon sehr gut unterwegs. Von mir wird kein Vorschlag kommen, hier Stellen abzubauen – ganz im Gegenteil.“
Die Deutsche Bahn selbst könnte etwas zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls beitragen. An etwa 750 Bahnhöfen im Land hat der Konzern 11.000 Kameras im Einsatz, wie es in einer Mitteilung heißt. Friedrichshafen ist nicht darunter. Auch die gerade modernisierte Bahnunterführung für Fußgänger wird nicht überwacht, was Blümcke ärgert: „Wenigstens dort, wo Menschen ein Beklommenheitsgefühl haben, möchte ich eine Videoüberwachung haben. Ich werde da nachhaken.“

Warum das so ist, beantwortet ein Bahnsprecher auf Anfrage so: „Die Bundespolizei bewertet die Notwendigkeit des Einsatzes von Videotechnik anhand deren statistischen Daten.“ Momentan gebe es seitens der Bundespolizei „keinen Hinweis auf einen Kriminalitätsschwerpunkt am Bahnhof Friedrichshafen Stadt und damit keine Veranlassung für die DB, eine Ausrüstung mit Videotechnik in Erwägung zu ziehen“.