Die Formulierung ist ungewöhnlich. 348 „Aussteller und vertretene Firmen“ meldete die Messe Friedrichshafen für die 61. Interboot. Das klingt nach deutlich mehr als rund 280 Aussteller, die im Vorjahr dabei waren. Doch nach dem Abgang des langjährigen Interboot-Projektleiters Dirk Kreidenweiß stand ohnehin die Frage im Raum: Wie gelingt der Neustart nach dieser Zäsur?

Mitte Juli meldete die Messe noch „rund 250 Aussteller“. Ein ernüchterndes Ergebnis für das Flaggschiff der Häfler Messe, die seit 60 Jahren stattfindet und vor der Pandemie doppelt so viele Aussteller angab. Mitte August stand in den Pressemeldungen erstmals etwas von „rund 300 Ausstellern und vertretenen Firmen“, vier Wochen später nochmal 50 mehr. Wo ist der Unterschied zwischen Aussteller und vertretenen Firmen? Und wie viele waren wirklich da?

Im Ausstellerverzeichnis sind viele Anbieter doppelt oder gar dreifach aufgeführt, so wie der Händler Bootspunkt, der an zwei Ständen ...
Im Ausstellerverzeichnis sind viele Anbieter doppelt oder gar dreifach aufgeführt, so wie der Händler Bootspunkt, der an zwei Ständen und im Messehafen vertreten war. | Bild: Cuko, Katy/Screenshot

Die Antwort ist schwierig. Dabei hat die Interboot auf ihrer Internetseite ein Ausstellerverzeichnis. Hier ist jedes Unternehmen aufgeführt, das bei der Messe dabei ist – könnte man meinen. Doch auf 348 Aussteller und vertretene Firmen kommt man beim Nachzählen nicht.

Aussteller stehen doppelt oder dreifach im Verzeichnis

Viele Unternehmen stehen doppelt oder sogar dreifach drin. Hauseigene Action-Angebote wie das Testbecken oder die Surf Days werden als Aussteller gezählt. Genauso wie Stände für die Messen Pferd Bodensee oder die Tuning World, die zwar im Ausstellerverzeichnis, aber nicht in der Halle stehen. So bleiben abzüglich aller Doppel- und Scheinbuchungen nach SÜDKURIER-Rechnung unterm Strich bestenfalls 298 Aussteller übrig. Das wären 18 mehr als im vergangenen Jahr.

Nicht nur die Messe Klassikwelt Bodensee findet sich in der Liste der Aussteller bei der Interboot, sondern auch die Häfler Messen Pferd ...
Nicht nur die Messe Klassikwelt Bodensee findet sich in der Liste der Aussteller bei der Interboot, sondern auch die Häfler Messen Pferd Bodensee, die Tuning World oder die Aquafisch. | Bild: Cuko, Katy/Screenshot

„Die Zahlen sind korrekt, die wir veröffentlicht haben“, nimmt eine Sprecherin der Messe Stellung. „Wir zählen einige Ausstellernamen ‚vermeintlich doppelt‘, wenn ein Mehrangebot dadurch entsteht.“ Wenn ein Aussteller einen Stand in zwei Hallen hat oder einen Stand in der Halle und im Hafen betreut, werde dieser von den Besuchern mehrfach wahrgenommen. Auch Aktionsflächen und „Eigenstände“ seien Teil des Messeangebots und für die Besucher relevant. So habe man auch in den Vorjahren gezählt.

Auch das SUP-Testbecken, das die Interboot anbietet, gilt nach deren Zählweise als Aussteller.
Auch das SUP-Testbecken, das die Interboot anbietet, gilt nach deren Zählweise als Aussteller. | Bild: Felix Kästle

Allerdings hat die Messe für die Interboot in diesem Jahr auch die Zählweise verändert. Wenn ein Händler am Stand Boote von vier Marken präsentiert, wurden eben erstmals fünf Aussteller/vertretene Firmen gezählt. Damit passe man sich den beiden anderen Wassersportmessen in Deutschland an, um „konkurrenzfähig und vergleichbar“ zu bleiben, erklärt die Messe.

18 Aussteller mehr als bei der „Corona-Ausgabe“ 2021

Unterm Strich sei die Interboot 2022 im Vergleich zum Jahr gewachsen. „Das ist im dritten Pandemiejahr mit weiteren vielfältigen Herausforderungen (Energiekrise, Lieferkettenprobleme, Krieg und Rohstoffengpässe etc.) als Erfolg zu werten“, so die Messesprecherin. Schummelei? Bei der gewählten Art und Weise der Kommunikation stecke „nur die Absicht dahinter, die Interboot in der Öffentlichkeit adäquat so darzustellen, dass sich Besuchende und Ausstellende ein Bild von der Veranstaltung machen können“.

Noch 2016 konnten im Messehafen rund 130 Boote zur Probefahrt starten.
Noch 2016 konnten im Messehafen rund 130 Boote zur Probefahrt starten. | Bild: Messe Friedrichshafen

Wie schwierig das ist, zeigt das Beispiel Interboot-Hafen. Vom einstigen Highlight mit vielen Testbooten und Yachten, schmucken Oldtimern und Action an Land und im Wasser war diesmal nicht viel zu sehen. Eigentlich war geplant, die Belebung der Promenade unbedingt wieder auszubauen, so die Messesprecherin auf Anfrage. Bei der Zahl der Aussteller sei dies auch insoweit gelungen, dass statt zehn wie im Vorjahr 30 Aussteller dabei waren. Laut Ausstellungsverzeichnis waren es nur zwölf. Eine Zahl, die eher zum schmalen Angebot an nur einem Messesteg passte. Vielleicht gab es auch deshalb keinen Shuttlebus mehr vom Hafen zum Messegelände.

Bestes Wetter, wenig los im Messe-Hafen an Land.
Bestes Wetter, wenig los im Messe-Hafen an Land. | Bild: Cuko, Katy

Mehr ging nicht, entschuldigt sich die Messe. Der geringe Wasserstand des Bodensees habe das Angebot genauso limitiert wie beispielsweise die Verfügbarkeit von Booten. Deshalb war man „daran gehindert, weitere Aktionen umzusetzen“. Fest stehe aber, dass der Interboot-Hafen in Zukunft wieder wachsen soll. Überhaupt stelle man die zweitgrößte Wassersportmesse Deutschlands nicht in Frage. „Mit dem neuen Projektleiter Felix Klarmann hat sie einen Kapitän mit Ideen an Bord, der die kommenden Veranstaltungen und das Angebot weiter ausbauen will.“

Vinzenz Batt ist Geschäftsführer des Schweizerischen Bootsbauer-Verbandes, hier am Stand der Interboot 2022.
Vinzenz Batt ist Geschäftsführer des Schweizerischen Bootsbauer-Verbandes, hier am Stand der Interboot 2022. | Bild: Cuko, Katy

Das ist auch dringend nötig, findet Vinzenz Batt, Geschäftsführer des Schweizerischen Bootsbauer-Verbandes mit rund 200 Mitgliedsbetrieben. Für die ist die Interboot quasi die Hausmesse. 30 Aussteller aus dem Nachbarland waren diesmal dabei. „Einige waren nicht da, weil sie es nicht brauchen. Andere haben grad nichts zu zeigen“, erklärt er die magere Beteiligung. Die Geschäfte laufen so gut, dass die Nachfrage das Angebot in vielen Werften übersteigt. Viele Händler seien ausverkauft, könnten einfach nichts ausstellen. Aber die Messe sei nicht nur Verkaufsplattform, sondern auch ein wichtiger Ort fürs Netzwerken.

Vinzenz Batt: „Interboot muss investieren“

„Wir brauchen keine 100.000 Besucher“, sagt Vinzenz Batt mit Blick auf knapp 50.000 in diesem Jahr. Aber die Interboot lebe von ihrer Vielfalt, und da sehe er das Angebot „an der Schwelle, wo es langsam kritisch wird“. Wenn die Messe Friedrichshafen an die Interboot glaube, dann müsse sie investieren – „in Ideen und Innovationen“. Er würde sich freuen, wenn die 62. Interboot „wieder ein bisschen belebt“ werde.