Draußen ist es schon dunkel, doch im Keller des Winzervereins Hagnau brennt noch Licht. Leise Schritte sind zu hören, dann ein Plätschern und Schlürfen. Zwischen den riesigen silbernen Tanks läuft ein Mann, holt immer wieder einen Tankschlüssel aus der Hosentasche und dreht an einem Probierhahn. Unter den Auslauf hält er ein Glas und eine trübe Flüssigkeit kommt heraus. Er schaut das Glas ganz genau an, riecht an der Flüssigkeit und schlürft sie. Mit einem Blick nach oben lässt er die Flüssigkeit auf seinen Gaumen wirken. Der Mann heißt Jochen Sahler und ist Kellermeister beim Winzerverein.

Kellermeister Jochen Sahler steht im Weinkeller des Hagnauer Winzervereins.
Kellermeister Jochen Sahler steht im Weinkeller des Hagnauer Winzervereins. | Bild: Jäckle, Reiner

Jetzt ist seine Zeit. Jetzt ist die Zeit, in der er buchstäblich Herr der Weinfässer ist. Er entscheidet, was zu machen oder nicht zu machen ist. „Ich gehe immer wieder abends, wenn ich alleine bin, in den Keller und rieche die Fässer ab, ob ein Böckser dabei ist“, erklärt er. Damit meint er, dass er testet, ob mit dem Wein noch alles in Ordnung ist oder ob er einen unangenehmen Geruch produziert. „Außerdem probiere ich immer wieder, kann meine Gedanken schweifen lassen und überlege, was ich aus dem edlen Tropfen machen kann“, so der Kellermeister weiter. „Gerade, wenn ich alleine bin, kann ich sehr gut einen Plan zurechtlegen, bei welchem Tank wir eingreifen müssen.“ Es geht zum Beispiel darum, den Wein von der Hefe zu trennen.

Jochen Sahler lässt hier einen Wein aus dem Fass zum Probieren.
Jochen Sahler lässt hier einen Wein aus dem Fass zum Probieren. | Bild: Jäckle, Reiner

War die Weinlese bis Mitte Oktober noch eine absolute Teamarbeit von allen Winzern, Wimmlern und Mitarbeitern des Winzervereins, steht nun Jochen Sahler im Weinkeller im Mittelpunkt. Er entscheidet, wann die Gärung gestoppt wird und die weit mehr als 100 Tanks umgefüllt werden müssen. Er sagt, wann der Wein stabilisiert werden sollte und wie lange und vor allem, bei welcher Temperatur der edle Tropfen weiter gären soll. Und er entscheidet, wann es an die Filterung geht.

Trockenbeerenauslese gärt noch

„Aktuell haben wir alle unsere Weiß- und Rosé-Weine von der Grobhefe genommen“, erklärt er. „Lediglich unsere Trockenbeerenauslese blubbert noch vor sich hin.“ Und dieser Wein wird etwas ganz Besonderes, denn er wurde Mitte Oktober mit 150 Grad Oechsle gelesen. „Das war mit Sicherheit auch ein wenig ein Pokerspiel, aber es ist aufgegangen“, sagt Jochen Sahler schmunzelnd. „Wir haben insgesamt 450 Liter vom Kerner, der einen edelsüßen Dessertwein geben wird.“

Hier blubbert es noch: Die Trockenbeerenauslese des Kerner ist als einziger Wein noch beim Gären. Das wird ein exklusiver edelsüßer ...
Hier blubbert es noch: Die Trockenbeerenauslese des Kerner ist als einziger Wein noch beim Gären. Das wird ein exklusiver edelsüßer Dessertwein. | Bild: Jäckle, Reiner

Die meisten anderen Weine sind bereits in den Tanks, in denen sie bis ins kommende Frühjahr liegen werden. „Die Grundstruktur der Weine ist bereits fertig“, sagt der Kellermeister. „Jetzt kommt der Feinschliff.“ Früher habe man bis Weihnachten die Weine bereits filtriert. „Wir sind davon schon lange abgekommen“, berichtet Jochen Sahler. „Bei uns reifen fast alle über den Winter mit Feinhefe weiter.“ Dadurch werde der Wein runder, interessanter, voluminöser und er halte vor allem länger. Zudem brauche man deutlich weniger Schwefelungen. Bei der Reifung nutzt er vor allem die kühlen Temperaturen, um den Weinsteinausfall zu fördern. Dadurch geht die Säure zurück. „Die Weine werden dadurch noch runder“, so der Kellermeister.

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„Es wird ein richtig guter Jahrgang“

Und in einem Punkt ist sich Jochen Sahler sicher: „Es wird ein richtig guter Jahrgang werden!“ Es gab wohl eine deutlich geringere Menge, dafür aber eine außerordentliche Qualität – und das trotz des verregneten Frühjahres. „Es ist vor allem ein Burgunder-Jahr“, sagt der Kellermeister. „Ich bin schon jetzt auf den Spätburgunder Rotwein gespannt.“ Bis es ihn aber gibt, hat der Winzerverein noch 2023er-Jahrgang im Keller, der aktuell auf seine Abfüllung wartet. Dann gibt es auch noch Umbauten, die im Winter umgesetzt werden. Ab kommendem Jahr soll die Traubenannahme schließlich endlich am neuen Platz stattfinden.