Vermisste Schwimmer, Unfälle oder gekenterte Boote sind Notfälle, die vor allem im Sommer immer wieder auf dem Bodensee vorkommen. Sie können nicht nur für die betroffenen Menschen zur Gefahr werden, sondern auch für das Wasser. Daher gibt es Ölwehrzüge der Feuerwehr, die nicht nur beim Auslaufen von Öl gefordert sind. Das Land Baden-Württemberg hat vier dieser Einheiten am Bodensee stationiert: in Radolfzell, Konstanz, Überlingen und Friedrichshafen. Damit diese helfen können, braucht es eine Ausrüstung, die manche Träume wahr werden lässt – vom Wasserwerfer über einen Kran bis zur Infrarotkamera.

Mit 22 Tonnen über den Bodensee

Die Radolfzeller Feuerwehr hat drei Einsatzboote, die am Bodensee genutzt werden: Ein Schlauchboot, das mit einem Fahrzeug über Land zum Einsatzort transportiert wird, ein Mehrzweckboot sowie ein Feuerlöschboot, das die Feuerwehr erst 2020 erhalten hat und das bis zu 40 Stundenkilometer schnell fahren kann.

Sie können genau berichten, wie die Radolfzeller Ölwehr arbeitet (von links): Gesine Schuhknecht, Sven Dummel, Alexander Riechert und ...
Sie können genau berichten, wie die Radolfzeller Ölwehr arbeitet (von links): Gesine Schuhknecht, Sven Dummel, Alexander Riechert und Tobias Oechsle | Bild: Marinovic, Laura

Dieses ist mit einer Größe von etwa 17,4 auf fünf Meter und einem Gewicht von rund 22 Tonnen nicht nur das größte Wasserfahrzeug der Feuerwehr Radolfzell, sondern auch das am besten ausgestattete. Unter Deck findet sich in einem Lagerraum fast alles, was bei einem Feuerwehreinsatz benötigt wird, zum Beispiel Rettungsdecken, Spreizgeräte zum Öffnen von Fahrzeugen, Äxte, eine Leiter, Bojen. Sogar Atemschutzgeräte sind vorhanden und bereits aufrecht bereitgestellt, damit es leichter ist, sie bei starkem Seegang anzulegen.

Blick in den Lagerraum Video: Marinovic, Laura

Alarmiert werden sie besonders im Sommer

Genutzt wird die Ausrüstung von derzeit etwa 35 Feuerwehrleuten, die in Radolfzell der Sondereinheit um Zugführer Alexander Riechert angehören. Sie stammen den Abteilungen Kernstadt und Markelfingen und werden im Ernstfall zu den Booten alarmiert. Laut Feuerwehrkommandant Tobias Oechsle gibt es für den Ölwehrzug vor allem in der Hauptsaison von Mai bis Ende September viel zu tun – rund 30 Alarmierungen gehen in der Zeit pro Jahr ein, vor allem bei Unwetter.

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Dabei rücken meistens alle drei Boote zu Einsätzen aus, denn sie haben verschiedene Vorteile. Das Schlauchboot zum Beispiel sei schnell, das Mehrzweckboot habe viel Kraft. Allerdings gebe es auch Ausnahmen. So sei das Schlauchboot bei großen Wellen und Sturm auf dem Bodensee nur schwer nutzbar. Und wenn Boote, die in Flachwasserzonen auf Grund gelaufen sind, in tieferes Gewässer gezogen werden müssen, genüge es, das Feuerlöschboot zu nutzen.

„Ein Löschfahrzeug auf dem Wasser“

Dieses verfügt neben den zahlreichen Einsatzgeräten unter Deck unter anderem auch über eine Rettungstrage, ein extra Schlauchboot, mit dem die Einsatzkräfte näher an den Einsatzort fahren können, einen Kran, der dieses ins Wasser heben kann, und Seilwinden, mit denen etwa gekenterte Boote geborgen werden können.

Kran in Aktion Video: Marinovic, Laura

Damit Brände gelöscht werden können, gibt es an Bord außerdem zwei Wasserwerfer, die jeweils etwa 2000 Liter Seewasser pro Minute und notfalls auch Löschschaum abgeben können. Da das aber zu viel für kleine Boote ist, ist laut Tobias Oechsle auch ein kleinerer Schlauch vorhanden, ebenso Handfeuerlöscher. „Das ist quasi ein Löschfahrzeug auf dem Wasser“, fasst es Gesine Schuhknecht vom Ölwehrzug zusammen.

Wasserwerfer in Aktion Video: Marinovic, Laura

Bei Nebel ist besondere Vorsicht angesagt

Damit die Einsatzkräfte zwischen den Wellen und auch bei Nachteinsätzen Menschen und Boote auf dem Bodensee erkennen können, ist das Feuerlöschboot außerdem mit einer Infrarotkamera und einem Radargerät ausgerüstet. „Das ist Gold wert“, betont Alexander Riechert. Ohne Radar dürfte das Feuerlöschboot auch nur Schrittgeschwindigkeit fahren, so Riechert, außerdem müsste bei Nebel auch immer wieder gehupt oder mit einer Glocke geklingelt werden.

Infrarotkamera Video: Marinovic, Laura

Allerdings sind nicht alle verfügbaren Ausrüstungsgegenstände durchgehend auf dem Boot zu finden. Wie Tobias Oechsle berichtet, gibt es etwa noch ein Sonargerät, das zur Suche am Seegrund auch an anderen Booten angebracht werden kann. Und auch Luftkissen, mit denen gesunkene Boote aus dem Bodensee geborgen werden können, werden dann an Bord gebracht, wenn sie benötigt werden. Aber: „Alles Zeitkritische hat man an Bord“, betont Oechsle – im Ernstfall können die Feuerwehrleute also sofort losfahren.

Einer steuert, der andere gibt Anweisungen

Normalerweise rücke man auf dem Feuerlöschboot zu sechst aus. Zwei Feuerwehrleute sind immer gemeinsam im Cockpit: Einer steuere das Boot, der andere gebe Anweisungen und übernehme etwa die Kommunikation mit anderen Einsatzkräften von Organisationen wie der DLRG und der Wasserschutzpolizei.

Auf dem Feuerlöschboot gibt es sogar eine kleine Küche – und eine Toilette.
Auf dem Feuerlöschboot gibt es sogar eine kleine Küche – und eine Toilette. | Bild: Marinovic, Laura

Um überhaupt Teil des Ölwehrzugs zu werden, müssen die Feuerwehrleute laut Alexander Riechert eine besondere Ausbildung absolvieren. Sie müssten ein Schwimmabzeichen haben sowie mit den Gerätschaften der Ölwehr umgehen können – also zum Beispiel Ölsperren, besondere Aufnahmebehälter für schädliche Stoffe und Pumpen. Dafür gebe es spezielle Übungseinheiten, an denen sie teilnehmen müssen.

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Zusätzlich hätten viele Mitglieder der Spezialeinheit das Bodenseeschifferpatent erworben, das sie berechtigt, mit dem Feuerwehrboot zu fahren. Sie müssen mindestens 20 Fahrtstunden pro Jahr nachweisen, so Riechert.

Blick in das Innere des Feuerlöschbootes.
Blick in das Innere des Feuerlöschbootes. | Bild: Marinovic, Laura

Damit die Einsatzkräfte an Bord für ihre Einsätze gut gerüstet und auch geschützt sind, gibt es auf dem Feuerlöschboot spezielle Einsatzkleidung. Dazu zählen Neoprenanzüge für den Sommer und Kälteschutzanzüge für den Winter, wie Gesine Schuhknecht erklärt. „Damit kann man es tatsächlich längere Zeit im Wasser aushalten.“ Weil die Ölwehr auch zur Eisrettung ausrücke, gebe es dafür spezielle Anzüge mit Nägeln an den Schuhen, damit die Einsatzkräfte nicht ausrutschen.

Sven Dummel und Gesine Schuhknecht zeigen einen Kälteschutzanzug und einen Neoprenanzug.
Sven Dummel und Gesine Schuhknecht zeigen einen Kälteschutzanzug und einen Neoprenanzug. | Bild: Marinovic, Laura

Wer dabei sein will, muss erstmal warten

Zuständig ist die Radolfzeller Ölwehr auf dem Bodensee für den Bereich vom Untersee bis nach Stein am Rhein. Aber auch zu Notfällen im Hinterland, etwa auf dem Mindelsee, dem Buchensee oder dem Böhringer See werde sie alarmiert, erzählt Tobias Oechsle. Dafür verfüge man über ein weiteres Schlauchboot.

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Mitglied der Sondereinheit zu sein, bedeutet zusätzliche Anforderungen und Einsätze. Denn wer im Ölwehrzug ist, wird auch zu anderen Einsätzen alarmiert. Dennoch ist die Arbeit laut dem Kommandanten beliebt und es gebe sogar Wartelisten. Ein positiver Aspekt könne natürlich der schöne Arbeitsort sein. „Es ist ein Traum, wenn man die Alpen schaut“, schwärmt Gesine Schuhknecht über den Einsatz auf dem Bodensee. Und abenteuerlich sei der natürlich auch.