Wenn Unwetter Bäche zu reißenden Strömen anschwellen lassen, wenn Starkregen Häuser überflutet oder Menschen an Gewässern vermisst werden, dann und in noch vielen weiteren heiklen Situationen sind die Einsatzkräfte der Strömungsrettung gefragt. Im Kreis Konstanz gibt es die Sondereinheit der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) in Bodman-Ludwigshafen und in Engen.
Ingo Sterk ist Vorsitzender der DLRG in Engen und hat die Gruppe für Strömungsrettung ganz bewusst vor 15 Jahren im nördlichen Hegau aufgebaut. Im Vereinsheim der DLRG erklärt er die Gründe und macht deutlich, dass die Strömungsretter bei manchem Rettungseinsatz noch ein wenig mehr ins Bewusstsein rücken könnten.
Die Gruppe soll noch ein bisschen größer werden
„Mein Ziel wäre es, dass wir bis nächstes Jahr zwölf Leute mit digitaler Alarmierung haben. Es ist ideal, wenn wir mit sechs Leuten ausrücken können“, beschreibt Sterk das Vorhaben für seine Truppe. Für dieses Ziel braucht es zwar nur noch eine Handvoll weiterer Einsatzkräfte, doch deren Ausbildung ist sehr zeitaufwendig und nicht zuletzt auch teuer für den Verein.

„Am Anfang hat man ein bisschen herumprobiert und einen Wochenendlehrgang gemacht“, erinnert sich Sterk an den Start im Jahr 2009. Damals kam das Konzept der Strömungsrettung aus den USA nach Europa. Heute brauchen ausgebildete Rettungsschwimmer eine rund zweijährige Weiterbildung mit vielen Wochenendlehrgängen, um Menschen aus Gewässern mit Strömung oder überfluteten Bereichen zu retten.
Im Wasser lauern besondere Gefahren
Neben der Basisausbildung als Rettungsschwimmer bilden sich die Strömungsretter in Seiltechnik, Verhalten im Wildwasser, Einsatz mit einem Floß, einem sogenannten Raft auf dem Wasser sowie in Absturzsicherung weiter, erläutert Stärk. Bei regelmäßigen Übungen trainiert die Gruppe beispielsweise, wie man eine Seilbrücke über einem Fluss installiert, um Menschen am anderen Ufer zu retten, oder auch ganz schlicht, wie man sich in der Strömung als Retter richtig verhält: „Nicht aufstehen ist die erste Regel“, sagt Sterk beispielsweise. Denn dabei könnte man sich mit den Füßen einklemmen und würde von der Strömung niedergedrückt.
Warum ausgerechnet in Engen
Auf die Frage, warum es in Engen, wo es nunmal keinen größeren Fluss oder See gibt, neben Bodman-Ludwigshafen einen von zwei Schwerpunkten für Strömungsrettung gibt, hat der DLRG-Vorsitzende mehrere Antworten. Bei der DLRG in Konstanz sei es zu viel gewesen, weil es dort schon eine große Sonderabteilung mit Tauchern gebe. „Deshalb habe ich entschieden, dass wir das Thema nach Engen ziehen“, so Sterk. „Wir haben ja auch sonst nichts. Das Freibad reicht nicht, um als DLRG attraktiv zu sein“, weiß der Rettungsschwimmer.
Abgesehen davon sei der Schwerpunkt im Hinterland keineswegs fehl am Platz, denn hier gebe es Bäche und Flüsse, die gerade bei Starkregen zu Problemen werden können. Ein gutes Beispiel dafür sei die Überflutung im Bereich Talmühle nach Starkregen Anfang Juni gewesen, so Sterk.

„Eine extreme Herausforderung“
Bürgermeister Frank Harsch hat in seiner Zeit als Rathauschef des 2016 überfluteten Braunsbach ganz besondere Erfahrungen gemacht und ist froh über die kompetenten Einsatzkräfte im eigenen Ort. „Als DLRG-Rettungsschwimmer ist mir bewusst, dass Rettungsmaßnahmen bei Strömungsaufkommen immer eine extreme Herausforderung darstellen“, so Frank Harsch.
Die Einsätze der Strömungsretter sind ganz unterschiedlich. So seien sie kürzlich zu einem Ertrinkungsnotfall am Rhein gerufen worden, waren aber auch im Mai beim Gasalarm in Singen vor Ort. Das liege daran, dass die meisten Rettungsschwimmer auch eine Sanitätsausbildung hätten und im Notfall ebenso helfen könnten, erläutert Stärk.
Sonderausrüstung für besondere Einsätze
Die Strömungsretter tragen einen dicken Nassneoprenanzug, der die Retter auch in kaltem Wasser warm hält. Dazu kommen passende Neoprenschuhe, -hauben und -handschuhe sowie einen Wildwasserhelm. Ausgerüstet sind sie außerdem mit einem Klettergurt mit allerlei Karabinern, Flaschenzügen, Seilen und einer Wildwasserweste. An dieser werden die Retter mit einem Seil gesichert.
Im großen Unterschied zu anderen Einsatzkräften könnten sich die Strömungsretter im Notfall dank eines Panikverschlusses mit einem Handgriff von der Leine lösen, zeigt Sterk vor Ort.
Der Chef der Strömungsretter betont die gute Zusammenarbeit mit den anderen Blaulichtorganisationen. Trotzdem würde er sich wünschen, dass die Strömungsretter noch ein bisschen mehr ins Bewusstsein rücken. Sie könnten Einsätze übernehmen, die für andere Helfer sehr risikoreich seien, betont Sterk zum Schluss.