Das Handy hat heute mindestens den Stellenwert eines Beines. Es ist einfach da. Dass es auch mal nicht funktionieren kann, dem wird man sich erst bewusst, wenn es am fleischlichen Fundament ziept oder drückt.

Das kann ein verstauchter Knöchel sein oder ein eingewachsener Nagel oder ein gebrochener Zeh. Ähnliche Schmerzen verursacht, das sagen viele, auch ein auf dem Couchtisch zurück gelassenes Smartphone – besonders vor einer sechsstündigen Zugfahrt, Verspätungen und verpasste Anschlüsse nicht eingerechnet.

Nichts geht ohne

Es lässt sich freilich behaupten, dass inzwischen kaum etwas ohne das Handy läuft. Der Taschencomputer hat sich vom bloßen Festnetztelefon emanzipiert. Er kann heute viel mehr, als zwei Menschen sprachlich zu verbinden, die sich weder sehen noch hören können.

Mittlerweile lässt sich die Steuererklärung ins Telefon tippen. Spülmaschinen werden hier bestellt, Kredite beantragt, Wachzeiten getrackt, Bücher geschrieben, Aktien gekauft. Das Handy ersetzt die Fernbedienung, dudelt den Weckruf, findet den Weg nach Hinterhaslach, kommandiert den Saugroboter und streichelt bald auch die Nachbarkatze.

Dinge, die problemlos nebenher und oft gleichzeitig möglich sind – in Zügen sowieso. Ein Handy auf dem Couchtisch aber, ja die achtlos liegen gelassene Erweiterung des eigenen Gehirns lässt das Leben entsprechend kompliziert werden.

Soziale Isolierung

Das liegt mitunter daran, dass man plötzlich als einzige Person ohne Telefonblick im Waggon sitzt. Alle starren in den Bildschirm. Und man selbst? Auf die Füße, um nicht negativ aufzufallen. Dann die soziale Isolierung! Kein Artikel zu lesen, kein Insta-Feed zu checken, keine Voicemail an die Freundin zu schicken. Man fühlt sich ganz perdu.

Über die Langeweile hinweg hilft nur die Angst. Wie soll das mit der Bahn weitergehen? Wird der Zug pünktlich sein? Man weiß es nicht, die Bahn-App wüsste mehr. Das nächste Problem: das Ticket! Herrje, das digitale Deutschlandticket! Horrorszenarien stapeln sich im Kopf. Und sollte man es trotz aller Hindernisse ans Ziel schaffen – was dann? Den Abholer über ein fremdes Handy ansimsen, ist nicht praktikabel. Die einzige Telefonnummer, die man auswendig kennt, ist der Notruf.

Zeit für den Notfallplan

Immerhin hat man genug Zeit, einen Notfallplan zu erstellen, wenigstens fürs nächste Mal: darunter ein Zettel mit wichtigen Kontakten! Zumal ein Handy immer mal den Geist aufgeben kann. Indes: aus dem Fenster schauen. Man bemerkt ja oft erst wieder, wie hübsch diese Welt an bestimmten Stellen geraten ist, wenn man diese digitale Wirklichkeit mal temporär ausblendet.