Es rumort im Singener Einzelhandel und immer wieder ist von Schließungen zu hören. Zuletzt wurde bekannt, dass das Modehaus Heikorn zum 31. Januar 2026 seinen Laden in der Innenstadt für immer schließen wird. Das Sporthaus Schweizer ist schon seit 2023 Geschichte – mittlerweile ist dort ein Tedi eingezogen. Nun wird bekannt: Auch Sport Müller wackelt.
Geschäftsführer Alexander Kupprion erklärt im Gespräch mit dem SÜDKURIER: „Wir haben Maßnahmen ergriffen, um unser Geschäft zu sanieren.“ Allein zu diesem Zweck habe Sport Müller Ende Mai einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Konstanz gestellt, zum 1. August sei das Verfahren eröffnet worden.
Das sind die Gründe für die Insolvenz
Die Buchalik Brömmekamp Rechtsanwalts GmbH und die Plenovia Unternehmensberatung aus Düsseldorf begleiten Sport Müller in der Krise. Rechtsanwalt und Sanierungsexperte Utz Brömmekamp bestätigt gegenüber dem SÜDKURIER, dass der Sportladen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestartet hat. Das sei laut Brömmekamp eine vielfach bewährte Option für krisengeschüttelte Unternehmen, die ihnen ermöglicht, das Verfahren in eigener Verantwortung unter Aufsicht eines Sachwalters abzuwickeln.
„Alle Einzelhändler in Deutschland ächzten unter der schlechten Konjunktur“, so Brömmekamp. Nun habe es auch Sport Müller erwischt. „Aus diesem Grund hat sich Alexander Kupprion dazu entschieden, die Firma zu sanieren und den Weg über eine strukturierte Insolvenz einzuschlagen“, so Brömmekamp weiter. Im Frühjahr sei der erste Kontakt zu Sport Müller entstanden.
Ziel sei nun, das Geschäft zu stabilisieren und neu auszurichten. Immer wieder fällt das Wort: Konsolidierung. Unter Konsolidierung versteht man unter anderem: günstigeren Einkauf oder die Verkleinerung von Verkaufsfläche – alles, was Kosten reduziere.
Ausstände belaufen sich auf einen siebenstelligen Betrag
„Wir suchen in einem Insolvenzplan jetzt einen Weg aus der Krise“, so Brömmekamp. Welche Maßnahmen genau ergriffen werden sollen, sei noch nicht klar. Ob die Gläubiger den Sanierungskurs des Unternehmens mitgehen, entscheide sich laut dem Rechtsbeistand auf einer Gläubigerversammlung voraussichtlich im Spätherbst dieses Jahres.
Sowohl Brömmekamp als auch Kupprion beziffern die Ausstände auf einen siebenstelligen Betrag. Nähere Zahlen wollen sie nicht nennen. Sie verweisen aber auch darauf, dass das Sportgeschäft einen Umsatz von 10 Millionen Euro pro Jahr generiere. Um das Verfahren abzuschließen, werde man laut Brömmekamp wohl noch das laufende Jahr brauchen. „Die für uns wichtigen Partner sind aber bei der Stange geblieben, ebenso die Mitarbeiter“, sagt er.
Aggressiver Preiskampf, geringere Nachfrage
Alexander Kupprion wirkt in dem Gespräch entspannt und offen. Aus der Krise, in der sich Sport Müller aktuell befinde, macht er kein Geheimnis. Seit 14 Jahren arbeitet der Singener für Sport Müller, seit Dezember 2021 hat er die alleinige Geschäftsführung inne. Zusammen mit Gründer Jürgen Müller ist Alexander Kupprion Gesellschafter des Unternehmens.

Für die Krise sei zum einen der Online-Handel verantwortlich. Der Preiskampf mit der Konkurrenz sei aggressiv. Zum anderen habe sich das Kaufverhalten der Menschen verändert. Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, die Inflation – all das habe dazu beigetragen, dass Menschen weniger Sportartikel und Bekleidung einkaufen würden.
„Wenn die Menschen für die Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Urlaub und Energie enorm viel mehr bezahlen müssen, ist verständlich, dass dann am Luxus wie Sportbedarf gespart wird“, sagt Kupprion. Aber: „Ein Unternehmen mit unserer Größe braucht auch einen gewissen Umsatz.“
Singen war die richtige Wahl
Auf die Frage, ob sich Kupprion mit der Schließung seiner Filiale in Schwenningen für den falschen Standort entschieden habe, hat Kupprion eine klare Antwort: „Wir haben uns nicht für den falschen Standort entschieden. Der Standort Schwenningen hat massiv gelitten. Die gesamte Innenstadt in Schwenningen ist ja quasi tot.“ Deshalb habe man zum 31. Dezember 2022 den dortigen Standort geschlossen. Ausbleibende Umsätze haben schon damals zu einer Neuaufstellung des Unternehmens geführt.
Singen sei die deutlich bessere Einkaufsstadt – mit Konstanz die Einkaufsstadt in der Region. Verwaltung, Wareneinkauf und Verkauf sei nun an einem Ort.
Sieht Alexander Kupprion das Einkaufszentrum Cano für die aktuelle Situation mitverantwortlich? Auch hier gibt es ein klares Nein von ihm. „Alles, was in die Stadt kommt, tut Singen gut.“ Das Cano sei ein Magnet – „aber wir Einzelhändler müssen einen Gegenpart zur Masse finden“. Qualität, fachkundige Beratung und hohe Kompetenzen in einzelnen Bereichen könnten dies erreichen. „Das Cano ist nicht unser Problem“, betont Kupprion.
Wie geht es nun weiter?
Für das Geschäft habe das Insolvenzverfahren laut Sport-Müller-Geschäftsführer Alexander Kupprion keine Auswirkungen. „Der Laden läuft ganz normal weiter, es findet auch kein Räumungsverkauf statt“, sagt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Die vollständige Sanierung sei für eine Zukunft notwendig: „Es gilt, die Firma am Leben zu halten.“ Es wäre „dramatisch“, würde das Sportgeschäft die aktuelle Krise nicht überstehen.
Konsequenzen für die Mitarbeiter gebe es laut Kupprion aktuell ebenfalls keine. „Alle Mitarbeiter sind an Bord geblieben.“ Derzeit habe Sport Müller rund 15.000 Kunden pro Monat. „Die erwarten von uns eine professionelle Beratung und dafür sind unsere Mitarbeiter unverzichtbar.“
Alexander Kupprion und Utz Brömmekamp geben sich trotz der Krise zuversichtlich. „Wir werden jetzt Gas geben – auch müssen“, sagt Kupprion. Für Sport Müller sei das aktuelle Verfahren eine Möglichkeit, den eigenen Betrieb wieder zu verbessern. Kupprion zeigt sich zuversichtlich, das Geschäft auch in Zukunft weiter betreiben zu können. „Wir sind alle sehr motiviert, dass es weitergeht. Sport Müller ist nicht tot, wir haben auch nicht vor zu schließen und stehen vor keinem Scherbenhaufen.“