Alexander Kupprion redet nicht lange um den heißen Brei herum. „Am 31. Dezember werden wir unser Geschäft in Schwenningen schließen.“ Damit endet an Silvester die Ära Sport Müller in Schwenningen. Seit dem letzten Pressegespräch im Spätsommer, als die Schließung für das Jahr 2023 angekündigt wurde, habe sich die Lage noch einmal „komplett geändert“.

Konsum in der Krise

Die Kaufzurückhaltung der Menschen in Folge von Energiekrise und Krieg in der Ukraine schlage „voll durch“, sagt der 44-jährige Unternehmer. Seit elf Jahren arbeitet der Singener für Sport Müller, seit Dezember 2021 hat er die alleinige Geschäftsführung inne. Zusammen mit Gründer Jürgen Müller ist Alexander Kupprion Gesellschafter des Unternehmens.

Geschäftsführer Alexander Kupprion – hier auf einem Bild vom September 2022 – sieht einen „sehr sehr anspruchsvollen ...
Geschäftsführer Alexander Kupprion – hier auf einem Bild vom September 2022 – sieht einen „sehr sehr anspruchsvollen Winter“ auf Deutschland zukommen. | Bild: Roland Dürrhammer

Künftig konzentriert sich Sport Müller auf den Standort Singen. Auch hier findet Kupprion klare Worte für die aktuelle Situation: „Es gilt, die Firma am Leben zu halten.“ Es wäre „dramatisch“, würde das überregional bekannte Sportgeschäft die aktuelle Krise nicht überstehen.

Zu der Entscheidung, den Standort Schwenningen früher aufzugeben, habe nicht nur die Kaufzurückhaltung, sondern auch der Kostendruck geführt. „Auf der einen Seite braucht man Ware, um interessant zu sein“, verdeutlicht Kupprion. Diese müsse bezahlt sein, dafür wiederum benötige man Umsatz.

Volle Lager und aggressiver Preiskampf

„Wenn aber die Menschen für die Grundbedürfnisse wie Lebensmittel und Energie enorm viel mehr bezahlen müssen, ist verständlich, dass dann am Luxus wie Sportbedarf gespart wird.“ Hinzu komme eine anspruchsvolle Marksituation. Dem Vernehmen nach seien die Lager bei großen Online-Anbietern übervoll, der Preiskampf dementsprechend aggressiv.

Der Räumungsverkauf bei Sport Müller läuft schon seit Wochen. „Das ist Liquiditätsgenerierung“, sagt der Geschäftsführer. ...
Der Räumungsverkauf bei Sport Müller läuft schon seit Wochen. „Das ist Liquiditätsgenerierung“, sagt der Geschäftsführer. Gewinne fahre man nicht ein. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Günstige Angebote ziehen auch vor Ort: Der schon seit Wochen laufende Räumungsverkauf in Schwenningen sei der beste, den er je erlebt habe, sagt Kupprion. Von Gewinnen könne aber keine Rede sein. „Das ist Liquiditätsgenerierung.“

Onlinehandel fast wie vor Corona

Auch Sport Müller ist schon seit Jahren im Onlinehandel aktiv. Allerdings komme man hier langsam wieder „zurück in die Realität“, beschreibt der Geschäftsführer. Vor Corona habe der Anteil des Onlinehandels am Gesamtumsatz bei einem Drittel gelegen. Während der Pandemie habe man am Bereich von 50 bis 60 Prozent gekratzt, um sich nun wieder dem Ausgangswert anzunähern.

„Es gibt momentan allen Grund, nervös zu sein, aber das bringt nichts. Stattdessen muss man strategisch denken.“
Geschäftsführer Alexander Kupprion

Zwar bleibe das Onlinegeschäft nach wie vor wichtig. Doch den Schwerpunkt von Sport Müller sieht Kupprion künftig in der Beratung – die online nun einmal nicht stattfinden kann. Für den verbleibenden Standort in Singen denkt der Geschäftsführer weiter, das Konzept nennt der „Strategie 2025“. Als ausgewiesener Spezialist für Lauf- und Wintersport, Outdoor und Radsporttextilien soll sich Singen künftig etablieren.

Eine Stadt wie ein Freizeitpark

„Es gibt momentan allen Grund, nervös zu sein, aber das bringt nichts. Stattdessen muss man strategisch denken“, sagt Kupprion. „Mein Ansatz ist immer: Man muss eine Stadt wie einen Freizeitpark sehen“, beschreibt der Geschäftsführer. Nur Gastronomie reiche nicht, ebenso wenig wie nur der Einzelhandel alleine oder eine hübsche Altstadt ausreichen. „Das alles muss im Einklang sein.“ Einkaufen sei Freizeitbeschäftigung, in einer Zeit, in der jeder schon alles habe, was er brauche.

Singen und Schwenningen im Vergleich

Und was unterscheidet den Standort Singen von Schwenningen? Was fehlt am Neckar, was es am Hohentwiel gibt?

„Singen hat viel mehr hingehört, was gebraucht wird. In der Stadtentwicklung muss man auch mal zehn, zwanzig Jahre vorausdenken. Schwenningen hat das kolossal verpennt.“ Die Politik warte zu oft, bis der Karren im Dreck stecke. Singen habe eine ähnliche Ausgangslage wie Schwenningen: eine Industriestadt ohne pittoreske Altstadt, dafür einen starken Einzelhandel.

Cano-Eröffnung als Meilenstein

„Den hatte Schwenningen früher auch“, sagt Kupprion. Ein Meilenstein in Singen sei die Ansiedlung des Einkaufszentrums Cano gewesen. Der Bau sei die Initialzündung für weitere Projekte gewesen wie die Sanierung des Bahnhofsvorplatzes oder die Neuansiedlung von Gastronomie. „Du brauchst einfach eine intakte Innenstadt.“