Was ist denn am Himmel über Allensbach los? Am frühen Donnerstagabend, 7. August, legen viele Menschen ihren Kopf in den Nacken und beobachten zwei Propellerflugzeuge, die dicht nebeneinander ihre Runden über der Gemeinde und dem Gnadensee drehen – inklusive entsprechender Geräuschkulisse.

Ist das nicht gefährlich? Und ist es überhaupt erlaubt, in vergleichsweise geringer Höhe in Formation einfach aus Spaß hin und her zu fliegen? Dem SÜDKURIER liegen zwei Videos vor, die das Flugverhalten der beiden Maschinen dokumentieren.

Videos der beiden Maschinen über Allensbach Video: Lutz, Stefan

Fladi Barrosa, bei dem Schweizer Flugsicherungsdienst Skyguide für die Pressearbeit zuständig, hat auf Bitten dieser Zeitung die beiden Sequenzen analysiert und weitere Informationen über die beiden Cessnas eingeholt. Seine Einschätzung: „Das Flugverhalten sieht zwar etwas spektakulär aus, ist aber grundsätzlich in Ordnung.“

Zu diesem Ergebnis kommt auch der Litzelstetter Arzt und Ortschaftsrat Roland Ballier, ein passionierter Flieger. Doch seine Ergänzung ist entscheidend: „Das macht man als Flieger nicht.“ Denn jeder, der am Steuerknüppel eines Flugzeugs sitze, wisse ja, wie sensibel die Öffentlichkeit beim Thema Fluglärm sei.

Hier sieht man die Luftbewegungen über dem Gnadensee, wie sie die Flugradar-App aufgezeichnet hat.
Hier sieht man die Luftbewegungen über dem Gnadensee, wie sie die Flugradar-App aufgezeichnet hat. | Bild: Screenshot Flightradar24

Kein Kunstflug, aber im „unkontrollierten Luftraum“

Auch Michael Schuster, Vorsitzender der Segelfluggruppe Konstanz (der Verein hat auch Motorflugzeuge), teilt diese Sichtweise. „Von unseren Piloten war das keiner“, sagt er. Was sich am Himmel über Allensbach abgespielt habe, sei auch aus seiner Sicht rechtlich in Ordnung, doch kein verantwortungsbewusster Pilot würde so fliegen.

Laut der Handy-App Flightradar24 sind die beiden Kleinflugzeuge in Höhen zwischen 1500 und 2500 Fuß über Allensbach und dem Bodensee gekreist. Daran ist formal nichts auszusetzen, denn über bewohntem Gebiet gilt eine Mindestflughöhe von 1000 Fuß (300 Meter), über Wasser von 500 Fuß (150 Meter).

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Laut Fladi Barrosa flogen die beiden Flugzeuge „nach Sichtflugregeln im unkontrollierten Luftraum“, damit werden sie nicht von einer Flugsicherung geführt. In solchen Fällen gelte das Prinzip „see and avoid“. Einfach formuliert bedeutet das: „Schau zum Fenster raus und verhindere Kollisionen.“

Anders sähe es aus, hätten die Piloten der beiden Cessnas Kunstflug-Manöver wie eine Rolle oder eine Kubanische Acht (zwei dreiviertel Loopings nacheinander mit jeweils halber Rolle) an den Himmel gezaubert. Solche Figuren sind nur in dafür extra ausgewiesenen Lufträumen erlaubt, und der Pilot selbst muss eine Kunstflugberechtigung haben.

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Vereinschef aus Friedrichshafen: „So etwas macht man nicht“

Thomas Weber, Vorsitzender des Flugsportclubs Friedrichshafen, bestätigt im Telefonat mit dem SÜDKURIER entsprechende Recherchen, wonach mindestens einer der über Allensbach kreisenden Piloten ein Mitglied seines Vereins war: „Der Hochdecker ist ein Vereinsflugzeug, der Tiefdecker nicht.“ Sein Kommentar zu den Flugbewegungen über Allensbach: „So etwas macht man nicht.“

Es könne gut sein, dass die beiden Propellermaschinen so nahe nebeneinander hergeflogen seien, um Fotos zu machen. Doch dieses Motiv ist für den Vereinschef nur eine Erklärung und keine Entschuldigung: „Das muss man doch nicht am Untersee in geringer Höhe machen.“ Das funktioniere doch genauso gut irgendwo in Oberschwaben in größerer Höhe, meint er.

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