Worum geht es in einer Gemeinderatssitzung, vor deren Beginn 30 Menschen auf Einlass warten? Flüchtlingsunterkünfte? Das Interesse ist nicht bei vielen Themen derart groß. Hier geht es heute um Schulessen.

Im Bürgersaal im Immenstaader Rathaus steht die Erhöhung der Essensgebühren in Schulen und Kindergärten auf der Tagesordnung. Denn für die Kinder in Kindergärten, Kindertagesstätten und der Stephan-Brodman-Schule steigen die Essensgebühren deutlich an, der Selbstkostenbeitrag beträgt neu 5,75 Euro pro Essen. Die Steigerung liegt bei rund 13 Prozent.

Das ist zu viel, findet Sacha Bochenek vom Elternbeirat. „Sieben Prozent könnte man noch akzeptieren, vielleicht auch zehn Prozent – aber diese Teuerung ist aus meiner Sicht zu hoch“, wirft er in der Bürgerfragestunde ein. Hauptamtsleiter Michael Haase hält dagegen: Letztendlich sei man auf das Catering der Liebenau Service GmbH angewiesen. Aufgrund von Inflation, der Erhöhung des Mindestlohnes und steigenden Transportkosten musste das gemeinnützige Unternehmen die Preise nach oben anpassen. „Der Gemeinde wurde von der Liebenau Service GmbH sehr transparent dargelegt, weshalb und wo es zu Preissteigerungen kommt. Und auch ein Unternehmen wie die Liebenau Service gGmbH muss kostendeckend arbeiten.“

Kindern schmeckt das Essen

Ein Blick in die Kantine der Stephan-Brodman-Schule zeigt: Das Schulessen schmeckt den Kindern. Sie greifen sich ein Tablett und stellen sich gespannt in einer Schlange vor der Essensausgabe an. Auf dem Speiseplan stehen heute eine Hähnchen-Frischkäse-Roulade, ein vegetarisches Kartoffelgratin, Erbsen und zum Nachtisch gibts Schokokuchen. 70 Essen werden heute insgesamt verteilt. An einer Wand sind zahlreiche selbstgemalte Bilder aufgehängt, die die jungen Feinschmecker den Köchinnen geschenkt haben. Die mit bunten Farbstiften verzierten Rezensionen sind voll des Lobes. „Die besten Köchinnen, danke für das Essen, superlecker“, liest sich dort zum Beispiel.

Die Kinder sind voll des Lobes für die Köchinnen.
Die Kinder sind voll des Lobes für die Köchinnen. | Bild: Kley, Denise

SPD fordert, den Beitrag zu verringern

Mit rund 37.000 Euro bezuschusst die Gemeinde das Schul- und Kindergartenessen und sorgt so für einen Kostendeckungsgrad von rund 64 Prozent. Die Gemeinde könne die Eltern doch noch mehr entlasten, sagt Gemeinderat Marco Theiling von der SPD. Er präsentiert eine Vorlage von SPD und Grünen, in der es im Wesentlichen darum geht, dass die Preissteigerung an die Eltern nur zu sechs Prozent weitergegeben wird und die Gemeinde für das Defizit von rund 8000 Euro aufkommt.

Das könnte Sie auch interessieren

Nun, vor ein paar Jahren wäre diese Ausgabe wohl locker durchgewunken worden. Noch 2023 hatte die Gemeinde rund 1,7 Millionen Euro Schulden, wie aus einer SÜDKURIER-Analyse der Daten des Statistischen Landesamtes im Oktober hervorgeht. Auf alle Einwohner verteilt sind das 257 Euro Schulden pro Kopf. Im Landesvergleich lag Immenstaad am Bodensee damit im vorderen Viertel. 78 Prozent der Gemeinden hatten höhere Schulden als Immenstaad am Bodensee.

Der verschuldete Musterknabe

Doch knapp fünf Monate später ist die Lage bei dem ehemaligen Musterknaben Immenstaad eine andere. Rund 24 Millionen Euro wird die Gemeinde für die neue Linzgauhalle, die Sanierung der Schule und eine Interimshalle berappen müssen. Man hofft zwar noch auf Fördergelder von Bund und Land, doch die Finanzspritzen lassen auf sich warten.

Wie ernst es um den Haushalt bestellt ist, zeigt die darauf folgende Diskussion bezüglich des Antrags der Fraktion SPD/Grüne. Gemeinderat und Fraktionsvorsitzender Hubert Langenstein (Freie Wähler) ergreift das Wort und plädiert für einen strikten Sparkurs. „Ich weiß, die Kommunalwahlen stehen an und ich weiß, dass ich mich angesichts dessen nicht beliebt mache, aber bei einem Kindergartenkind würde es bei diesem Antrag der SPD um 5 Euro Ersparnis pro Monat gehen, das rettet keine Familie. Ich plädiere dafür, bei bestehender Kalkulation zu bleiben, auch im Hinblick auf die Stabilisierung des Haushalts.“

„Keine Geldgeschenke verteilen“

Auch Bürgermeister Johannes Henne schwört den Rat und die Zuhörer auf die anstehenden Herausforderungen ein: „Wir stecken in harten Zeiten. Natürlich würden wir gerne Geldgeschenke verteilen. Aber wir als Gemeinde haben riesige Jahrhundertprojekte vor der Brust, darunter die Linzgauhalle, die Interimshalle und die Sanierung der Schule. Deshalb müssen wir den Gürtel jetzt enger schnallen.“ Das sah der Großteil der Ratsmitglieder ähnlich: Die Vorlage der SPD/Grüne-Fraktion, die Selbstkosten für die Eltern zu reduzieren, wurde abgelehnt, die Vorlage betreffend der neuen Gebühren wurde mit einer knappen Mehrheit angenommen.