Mehr Patienten und Pflegekräfte sowie ein deutlich besseres Betriebsergebnis als im Vorjahr: Eigentlich zeigt der Jahresabschluss der Oberschwabenkliniken (OSK) für 2024 eine positive Tendenz. Doch ein Fehlbetrag von 23,3 Millionen am Ende der Rechnung stellt für den Landkreis Ravensburg als Gesellschafter erneut eine enorme Belastung dar. 2023 betrug der Verlust noch 31,8 Millionen Euro. Über die Bilanz wurde am Donnerstag der Kreistag in Ravensburg informiert.

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MCB-Verluste auf ähnlichem Niveau

Damit bewegt sich das Defizit der OSK mit seinen Krankenhäusern in Ravensburg und Wangen auf einem vergleichbaren Niveau wie beim Medizin Campus Bodensee (MCB) mit den Kliniken in Friedrichshafen und Tettnang. Nach einem Verlust von knapp 21 Millionen Euro in 2023 geht die Stadt Friedrichshafen als MCB-Gesellschafter für 2024 von einem Minus von rund 23 Millionen Euro aus. Zum Jahresende steigt die Stadt als Klinikträger aus, beschloss der Gemeinderat Mitte Juli. Der Landkreis soll in die Bresche springen.

Notfallversorgung bringt Kliniken in Schieflage

Auch OSK-Geschäftsführer Franz Huber beklagt in einer Pressemitteilung des Klinikverbunds die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser. „Besonders die Notfallversorgung bringt viele Kliniken in eine Schieflage“, moniert der Ravensburger Klinikchef. Viele Patientinnen und Patienten hätten gar keine Krankenhausbehandlung nötig, doch es fehle an anderen Anlaufstellen, so Huber. Er fordert eine Reform der Notfallversorgung außerhalb der Kliniken.

Franz Huber ist Geschäftsführer der Oberschwabenkliniken (OSK) mit den Krankenhäusern in Ravensburg und Wangen.
Franz Huber ist Geschäftsführer der Oberschwabenkliniken (OSK) mit den Krankenhäusern in Ravensburg und Wangen. | Bild: Felix Kaestle

Doppelt so viele Notfallbehandlungen wie stationäre Patienten

So überstieg die Zahl der Notfallbehandlungen im vergangenen Jahr erstmals die Marke von 75.000. Das sind fast doppelt so viele, wie die OSK stationär an Patienten behandelt hat. Allein das Westallgäu-Klinikum in Wangen versorgte über 20.000 Notfallpatienten, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Huber führt dies auf die Schließung des Krankenhauses in Lindenberg zurück.

16 Millionen Euro für Leihpersonal

Auch bei den Oberschwabenkliniken ist der Personalmangel ein enormes Problem. Allein 16,4 Millionen Euro musste die OSK nach eigenen Angaben für Leihpersonal ausgeben, knapp die Hälfte davon für Leihpflegekräfte. Dabei wurden im vergangenen Jahr erstmals wieder mehr Pfleger eingestellt als gegangen sind. Obwohl die Einnahmen aus stationären Krankenhausleistungen um rund 28 auf knapp 202 Millionen Euro zulegten, belasten die parallel gestiegenen Personal- und Sachkosten die Bilanz.

Für den Landkreis Ravensburg als alleiniger Gesellschafter der Oberschwabenkliniken bleibt die Finanzierung seiner Kliniken mehr als herausfordernd. Zwar stockte der Landkreis die Kapitalrücklage im vergangenen Jahr um zehn Millionen Euro auf 96,7 Millionen Euro auf. Allerdings summieren sich die mittlerweile angehäuften Verluste des Klinikverbunds zum Jahresende 2024 auf insgesamt 99 Millionen Euro. So wird für 2024 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 11,5 Millionen Euro ausgewiesen. In diesem Jahr ist deshalb eine weitere Kapitalerhöhung um rund 23 Millionen Euro geplant.

OSK sind bilanziell überschuldet

Mit anderen Worten: Die OSK sind bilanziell überschuldet. Dass der Nachbar-Klinikverbund des MCB trotzdem keine Probleme mit seiner Zahlungsfähigkeit hat, ist einem enormen Kreditrahmen von 85 Millionen Euro geschuldet, den der Landkreis als Klinikträger zur Verfügung stellt. 65 Millionen Euro davon wurden laut Geschäftsbericht bereits in Anspruch genommen wurden.

Das Klinikum Friedrichshafen: Zum kommenden Jahr will die Stadt Friedrichshafen die Trägerschaft für den Medizin Campus Bodensee an den ...
Das Klinikum Friedrichshafen: Zum kommenden Jahr will die Stadt Friedrichshafen die Trägerschaft für den Medizin Campus Bodensee an den Landkreis abgeben. | Bild: Simon Conrads

Klinikreform als Chance?

Finanziell steht also sowohl den Oberschwabenkliniken als auch dem Medizin Campus Bodensee das Wasser bis zum Hals. Als Chance sehen beide kommunalen Klinikverbünde die bundesweite Klinikreform. Die sieht vor, dass Krankenhäusern medizinische Leistungsgruppen zugewiesen und auskömmlich finanziert werden. Das könne sich dann positiv auswirken, „wenn es zu einer regionalen Strukturierung von Krankenhausleistungen über den Landkreis Ravensburg hinaus kommt“, heißt es in der Beschlussvorlage, die der Kreistag Ravensburg am Donnerstag auf dem Tisch hatte.

Abstimmung mit Partner-Kliniken

Auch OSK-Geschäftsführer Franz Huber begrüßt laut Presseerklärung den geplanten Systemwechsel hin zu medizinischen Leistungsgruppen. Nicht die Bettenzahl einer Klinik, sondern die Qualität der Leistung müsse zählen. Dazu sei eine stärkere regionale Abstimmung mit Partnern am Bodensee, im Allgäu und in Oberschwaben erforderlich. „Die OSK ist bereit, diesen Weg mitzugestalten“, so Huber.

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Im April hatten die Stadt Friedrichshafen und der Landkreis Ravensburg mitgeteilt, dass sie als Klinikträger gemeinsam eine Studie in Auftrag gegeben haben. Das Beratungsunternehmen „consus.health“ soll prüfen, wie sich die Zuweisung von Leistungsgruppen auf die einzelnen Kliniken in der Region auswirken. Ziel ist offenbar, die medizinischen Leistungen künftig aufeinander abzustimmen.