Herr Geiger, an der Jakob-Gretser-Grundschule soll der Hort geschlossen und ein neues Betreuungskonzept erarbeitet werden. Was steckt dahinter?

Wir entwickeln kein neues Ganztagesangebot, sondern passen das bisherige Modell von 2006 den Vorgaben und Erfahrungen in den Entwicklungsbereichen an. Auch kann man nicht davon sprechen, dass der Hort geschlossen wird, da es ihn als institutionelle Form nicht gibt, sondern als Form der umfassenden Betreuung, die über die ergänzende Betreuung im Rahmen der verlässlichen Grundschule hinausgeht und zum Beispiel auch ein Angebot von Ferienbetreuung mitvorsieht.

Worauf muss bei der Konzeption geachtet werden?

Es ist wichtig, dass die Prioritätenfolge nicht aus dem Auge verloren wird. Es geht um die Schule, den pädagogischen Schwerpunkt und den Erziehungs- und Bildungsauftrag. Die Grundschule ist die Basislegerin aller schulischer Entwicklung und die aus meiner Sicht wichtigste Schulart. Das spiegelt sich derzeit weder in der Politik noch in der Gesellschaft wieder. Natürlich ist klar, dass die Berufstätigkeit der Eltern ein nicht unwesentlicher Faktor zur Gestaltung ist, aber er darf die pädagogischen Ansprüche nicht verdecken oder gar verdrängen. Dazu gehört auch das hochwertige Bildungsangebot für alle Kinder und nicht nur für diejenigen, deren Eltern sich die Bezahlform der Betreuung leisten können.

Wo liegen die Herausforderungen für die neue Entwicklung?

Die Schule hat die Aufgabe mit dem Schulträger die Organisationsform der Ganztagesschule zu beschließen beziehungsweise verantwortlich mitzutragen. Die zusätzlichen Betreuungsangebote liegen in der Verantwortung des Schulträgers, also der Stadt. Die größte Aufgabe ist die verschiedenen Ansprüche in ein Modell zu gießen. Beispielsweise gibt das Land die Verbindlichkeit bei Teilnahme an der offenen Ganztagesschule für ein Jahr vor, aber die Eltern möchten eine größtmögliche Flexibilität der Teilnahme bis hinunter zu einzelnen Tageszeiten über die frei verfügt werden kann.

Also liegt die Problematik in der Flexibilität?

Ja und nein. Als Schule müssen wir die Anzahl der Kinder für den Ganztagesbereich für ein Schuljahr verbindlich beim Regierungspräsidium melden, entsprechend bekommen wir Lehrerstunden zugeteilt. Für 20 Kinder beispielsweise sechs Lehrerstunden pro Woche, bei 75 Kindern wären es 24 Stunden. Derzeit haben wir drei Ganztagesgruppen und 18 Lehrerwochenstunden. Betreuung über den Regelunterricht hinaus braucht eine qualitativ hochwertige Form und eine nachhaltige Verlässlichkeit. Wenn wir nun ein Kombinationskonzept entwickeln, in dem sich Ganztagesschüler und Hort-Kinder kooperativ mischen können, sollte dies so eingerichtet werden, dass wir nicht mehr alle paar Jahre immer wieder von Grund auf neu organisieren müssen.

Welche Auswirkungen hätten die Veränderungen auf den Schulbetrieb?

Auf lange Sicht natürlich die Steigerung der Qualität der Angebote der Grundschule als Gesamtheit. Wir hoffen auf eine tragfähige Grundlage zur Grundschule, die es leisten kann, ihren Erziehungs- und Bildungsauftrag nachhaltig zu erfüllen.

Was wünschen Sie sich für das Konzept?

Alle Konzepte sind nur dann erfolgreich, wenn alle Verantwortlichen und Beteiligten sie gemeinsam tragen und das auch dann, wenn diese nicht in jedem Falle hundertprozentig individuell angepasst werden können. Das Leben ist ein stetiger Kompromiss und die Veränderung ist das Normale.

Fragen: Stefanie Nosswitz

Zur Person

Andreas Geiger, 56 Jahre, ist seit September 2013 Rektor der Jakob-Gretser-Grundschule. Geiger ist in der Schwarzwaldgemeinde Waldachtal geboren und aufgewachsen. Nach dem Abitur studierte er in Reutlingen "Lehrer für Grund- und Hauptschule" mit den Schwerpunktfächern Musik und Mathematik. Bevor er nach Markdorf kam, war er Rektor in Baiersbronn. In seiner Freizeit macht er Sport und spielt Trompete. (shn)

Andreas Geiger, Rektor: "Es ist wichtig, dass wir eine Form schaffen, die man nicht jedes Jahr ändern muss."
Andreas Geiger, Rektor: "Es ist wichtig, dass wir eine Form schaffen, die man nicht jedes Jahr ändern muss." | Bild: Jörg Büsche

Aus drei Betreuungsformen soll ein umfassendes Angebot werden

  • Ausgangslage: Die Umweltgruppe hatte im Juni 2017 im Gemeinderat einen Antrag zu Schließung des Horts an der Jakob-Gretser-Schule gestellt. Die Betreuungsformen – Hort und Ganztagesschule – sollten laut UWG zu einem flexiblen und qualitativ hochwertigen Angebot entwickelt werden. Die Doppelstruktur des bisherigen Angebotes soll aufgelöst werden.
  • Situation an der Schule: An der Grundschule gibt es drei Betreuungsformen. Zum einem die verlässliche Grundschule, die die Zeit ab 7 Uhr bis Unterrichtsbeginn und von Unterrichtsende bis 13 Uhr abdeckt. Die verbindliche Ganztagesschule findet an vier Nachmittagen, von Montag bis Donnerstag, von 12.15 Uhr bis 16 Uhr inklusive Mittagspause, Essenbetreuung, Hausaufgabenbetreuung und Angebot der Arbeitsgemeinschaften statt. Dieses kostenfreie Angebot ist verbindlich, die Eltern müssen ihr Kind für das komplette Schuljahr anmelden. Des Weiteren gibt es die zusätzliche Betreuung (Hort) an fünf Nachmittagen von 12.15 Uhr bis 17.15 Uhr. Die Kinder werden durch Erzieherinnen der Stadt mit Zweitkräften betreut. Es werden regelmäßig zwei Angebote und zwei Freispiele gestaltet. Die Hort-Kinder können auch von 15 Uhr bis 16 Uhr am Ganztagesangebot teilnehmen. Das Angebot ist flexibel und kostenpflichtig. Dazu gehört auch eine Ferienbetreuung an bis zu 35 Ferientagen im Jahr.
  • Konzeptarbeit: Im Juli 2017 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass an der Grundschule ein neues Betreuungskonzept unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen erarbeitet werden soll. Dafür wurde eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern der Elternvertretungen, Schule, Kinderhaus Alte Schule und Verwaltung eingerichtet, die sich mehrfach getroffen hat.
  • Gemeinderatssitzung: In der gestrigen Gemeinderatssitzung hat die Verwaltung einen weiteren Zwischenbericht vorgestellt, der die Ergebnisse der Treffen der Arbeitsgruppe sowie einer Befragung an der Grundschule beinhaltet. Der Gemeinderat nahm den Bericht zu Kenntnis. Ein abschließendes Konzept soll in hoher Übereinstimmung in einer der nächsten Sitzungen verabschiedet werden. In einzelnen Fällen bedarf es laut Sitzungsvorlage noch konkreter Prüfungen und Festlegungen. Über die genauen Inhalte und die Diskussion berichten wir in der morgigen Ausgabe. (shn)