Christiane Keutner

Seit Tagen sprechen Politiker wegen des Coronavirus immer häufiger über eine mögliche Ausgangssperre. Was meinen die Bürger dazu? Fürchten sie eine Quarantäne zuhause? Der SÜDKURIER hörte sich in Bermatingen und Markdorf um.

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Angst habe er nicht, meint Raphael Wieser, 25, aus Ahausen. Eine Ausgangssperre hält er für unnötig, „wenn jeder sich auf das Nötigste beschränkt. Dann würde man die Situation auch ohne strikte Ausgangssperre hinbekommen“. Der Landmaschinenmechanikermeister sieht sich gezwungen, weiterzuarbeiten: „Alles, was mit der Sicherstellung von Nahrungsmitteln zusammenhängt, muss weiterlaufen, damit die Regale gefüllt bleiben.“ Ansonsten halte er die Regeln ein und teile das den Kunden mit.

Raphael Wieser, Landmaschinenmechanikermeister
Raphael Wieser, Landmaschinenmechanikermeister | Bild: Christiane Keutner

Hart, wenn es länger dauern sollte

Nino Krizamovic, 22, aus Ahausen, hat ebenfalls keine Angst vor einer möglichen Ausgangssperre: „Ich könnte es den ganzen Tag aushalten, zuhause zu sein“, glaubt er. Den schönen Sonnenschein gestern nutzte Melina Braccia aus Bermatingen, um mit Mutter, Hund und dem kleinen Bruder im Kinderwagen zu spazieren. Keine Angst hat die 13-jährige Schülerin vor einer Ausgangssperre. „Nur wenn sie über ein paar Wochen ginge, dann wäre das nicht mehr so toll.“ Sinnvoll fände sie ein Ausgangsverbot, „weil sich trotz der Verhaltensregeln viele mit Freunden treffen“. Hart fände sie es, wenn es länger ginge.

Melina Braccia, Schülerin
Melina Braccia, Schülerin | Bild: Christiane Keutner

Nicht joggen, Gassi gehen nur ganz kurz

Wenn es nicht zu lange ginge, wäre ein Ausgehverbot für Claudio Haffke aus Bermatingen auch kein Problem. Der Kunsthändler arbeitet ohnehin viel übers Internet. Bei mehreren Wochen oder gar Monaten allerdings... Aktuell hatten er und seine Frau Heidrun sich morgens über die strengen Auflagen einer Ausgangssperre informiert, auch joggen dürfe man nicht und Hundebesitzer dürften nur schnell Gassi im Garten oder im Umfeld gehen. Trotz der Einschränkungen halten sie eine Sperre mit Blick auf Italien für notwendig. „Beim Markdorfer Wochenmarkt war alles voll und fast nur alte Leute unterwegs; für die macht man doch so etwas“, sagt Claudio Haffke und schüttelt den Kopf. Er kann die Ernsthaftigkeit der Lage gut einschätzen, hat er doch Verwandte in Italien, die teilweise in Krankenhäusern tätig sind.

Claudio Haffke, Kunsthändler
Claudio Haffke, Kunsthändler | Bild: Christiane Keutner

Leute halten sich nicht an gebotenen Abstand

Notwendig findet auch Stefanie Kutter aus Bermatingen eine Sperre, weil sich viele Leute nicht Abstand hielten: „In Meersburg ist die Promenade voll“, erzählt die Standesbeamtin, die zwar nach wie vor Paare trauen darf, allerdings nur im Beisein von maximal acht Personen – noch. Die meisten im ländlichen Raum hätten ja einen Garten, da wäre eine Sperre nicht so schlimm, aber in einer Großstadt?

Stefanie Kutter, Standesbeamtin
Stefanie Kutter, Standesbeamtin | Bild: Christiane Keutner

„Das wäre wie im Gefängnis“

„Das wäre wie im Gefängnis, das mag keiner“, glaubt Martin Cardum, 63, aus Bermatingen. Besonders vor dem Hintergrund der Kommunikation, dem Umgang mit Menschen, fände er das fatal. Er geht zu 100 Prozent davon aus, dass Ausgangssperren kommen werden, da sich viele nicht an die Beschränkungen hielten. Einen Vorgeschmack auf „Quarantäne“ erlebte Manuela Bechinger, nachdem sie nach einem Schlüsselbeinbruch seit Januar ans Haus gebunden war. Angst vor einer Sperre hat die Kaufmännische Angestellte nicht. „Wenn die Leute so unvernünftig sind, ist das die logische Folge, um den Virus so weit wie möglich eindämmen zu können.“

Manuela Bechinger
Manuela Bechinger | Bild: Christiane Keutner