Mit der Transaktion ist ZIM, das im Markdorfer Gewerbegebiet Riedwiesen und an seinem zweiten Standort in Schwerin ultraleichte Passagierflugzeugsitze entwickelt und fertigt, mehrheitlich nun nicht mehr im Besitz des Gründerehepaares Angelika und Peter Zimmermann. Die Zimmermanns hatten das Unternehmen bis zum Einstieg von Aurelius aus ihrem bereits bestehenden Ingenieurbüro heraus 2008 gegründet und es seither gemeinsam als Geschäftsführer geleitet. Das Ehepaar wird laut Aurelius in der Geschäftsleitung auch künftig vertreten und am Unternehmen selbst beteiligt bleiben.

Angelika und Peter Zimmermann, hier bei einem Neujahrsempfang der Stadt Markdorf, gründeten 2008 die ZIM Flugsitz GmbH.
Angelika und Peter Zimmermann, hier bei einem Neujahrsempfang der Stadt Markdorf, gründeten 2008 die ZIM Flugsitz GmbH. | Bild: Helga Stützenberger

ZIM laut Aurelius „mit guter Marktposition“

Ursprünglich war der Abschluss der Transaktion bereits im Laufe des Januar vorgesehen gewesen. „ZIM Flugsitz ist ein etablierter Anbieter von qualitativ hochwertigen Flugsitzen für kommerzielle Passagiermaschinen“, vermeldete Aurelius im Dezember über die in die Wege geleitete Transaktion (wir berichteten am 21. Dezember). Das Markdorfer Unternehmen sei etabliert in seinem Segment, „mit guter Marktposition in wachsendem Marktumfeld“. Zudem verfüge ZIM über einen „sehr guten langfristigen Auftragsbestand“.

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Aurelius-Vorstand: Deutliche Mehrheit für klare Verhältnisse

Wie die Mehrheitsverhältnisse bei ZIM nun aufgeteilt sind, möchte Aurelius nicht kommunizieren. „Wir halten eine deutliche Mehrheit an ZIM, auch um klare Verhältnisse zu haben. Das Ehepaar Zimmermann bleibt aber substanziell beteiligt am Unternehmen“, sagt Matthias Täubl, Vorstandsmitglied bei Aurelius, im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Die Zimmermanns würden in der Geschäftsführung weiterhin ihre bisherigen Aufgaben wahrnehmen. Mit dem Abschluss der Transaktion hat Aurelius auch eine eigene Führungskraft in die Geschäftsführung von ZIM entsendet: Raffael Rogg werde sich im Unternehmen um die Strategie sowie die Weiterentwicklung der nötigen Strukturen und Prozesse mit Blick auf die künftige Entwicklung kümmern, so Täubl: „Damit leisten wir unseren Wertbeitrag als Mehrheitseigentümer.“

Investor löst Bankverbindlichkeiten von ZIM ab

ZIM sei in den vergangenen Jahren rasch und stark gewachsen. Nun gelte es, die Strukturen im Hintergrund nachzuziehen, sagt Täubl: „Was die Prozesse anbelangt, gibt es noch Nachholbedarf. Das ist eine der wesentlichen Aufgaben in den nächsten zwölf Monaten.“ Mit der Mehrheitsübernahme habe Aurelius zugleich alle bestehenden Bankverbindlichkeiten von ZIM abgelöst, sodass das Unternehmen für künftiges weiteres Wachstum gerüstet sei.

Spatenstich für den neuen ZIM-Produktionsstandort in Schwerin im Mai 2016. An diesem zweiten Standort des Unternehmens gebe es noch ...
Spatenstich für den neuen ZIM-Produktionsstandort in Schwerin im Mai 2016. An diesem zweiten Standort des Unternehmens gebe es noch Kapazitäten für eine künftige Ausweitung der Produktion, heißt es seitens des Investors. | Bild: Invest in MV GmbH

Weiteres Wachstum von ZIM durch neue Märkte wie die USA

Aurelius werde ZIM operativ und in der künftigen Ausrichtung der Finanzierungsstruktur auf geplantes weiteres Wachstum zur Verfügung stehen. Für dieses Wachstum soll der strategische Verkauf der ZIM-Produkte weiter ausgebaut werden, auch durch die Erschließung neuer Märkte wie den USA oder Südamerika, so Täubl. Die Kapazitäten für eine Ausweitung der Produktion seien am neuen Standort von ZIM in Schwerin vorhanden. Ob das organische Wachstum auch durch etwaige Zukäufe ergänzt werde, werde man entscheiden, wenn sich eine solche Möglichkeit konkret ergebe. Aktuell sei dies nicht geplant, für die Zukunft aber denkbar, so Täubl. Konkrete Umsatzvorgaben für 2020 und die folgenden Jahre gebe es keine. „Es wäre verfrüht, konkrete Umsatzziele zu benennen. Aber das Unternehmen hat das Potenzial und der Markt ist lukrativ und ein Wachstumsmarkt“, sagt Täubl.

Der Jungfernflug des ersten Bombardier CS100 der Fluggesellschaft Swiss. ZIM Flugsitz aus Markdorf hat für diesen Flugzeugtyp neue Sitze ...
Der Jungfernflug des ersten Bombardier CS100 der Fluggesellschaft Swiss. ZIM Flugsitz aus Markdorf hat für diesen Flugzeugtyp neue Sitze entwickelt. | Bild: Swiss

Wunschlösung der Zimmermanns

„Seit Gründung 2008 sind wir als Familienunternehmen stark gewachsen und haben erfolgreich den Einstieg in das Linefit-Segment und in die Premium-Economy gemeistert. Nun wird es Zeit, auch unsere Finanzierungsstruktur und Organisation auf zukünftiges Wachstum auszurichten, und wir freuen uns, mit Aurelius einen erfahrenen Investor gefunden zu haben, der uns bei dieser Aufgabe unterstützt,“ wurde Angelika Zimmermann in der Pressemitteilung von Aurelius Ende Dezember zitiert. Seither hatten sich die Zimmermanns öffentlich nicht mehr geäußert.

Aurelius-Aktie 2019 unter Druck

Aurelius hatte zuletzt mit Problemen an den Finanzmärkten zu kämpfen. Die Aktie des Investors hatte sich seit ihrem Hoch Anfang 2017 im Sinkflug befunden und notierte zum Jahresende 2019 um mehr als 40 Prozent schwächer als noch vor drei Jahren. Der Kursrutsch hatte sich Anfang dieses Jahres noch weiter verschärft. Ende vergangener Woche notierte die Aurelius-Aktie bei knapp 25 Euro, im Mai 2019 wurde die Aktie noch mit 45 Euro gehandelt.

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Investor verbuchte zuletzt kräftigen Umsatzanstieg

Dabei hatte Aurelius in den vergangenen Jahren einen kräftigen Umsatzanstieg auf zuletzt 3,4 Milliarden Euro (Geschäftsjahr 2018) verzeichnet und zum Jahresende 2019 eine Marktkapitalisierung von über 1,1 Milliarden Euro realisiert. Aurelius erzielte im Geschäftsjahr 2018 nach eigenen Angaben einen Gewinn vor Steuern von 94,4 Millionen Euro; um Steuern und Abgaben bereinigt, fiel allerdings erstmals ein Verlust an. Im Geschäftsjahr 2017 konnte die Gesellschaft noch einen Gewinn vor Steuern von knapp 630 Millionen Euro verbuchen. Durch die volatile Gewinnentwicklung gilt die Aurelius-Aktie aktuell als günstig bewertet. Analysten am Finanzmarkt sehen daher mittelfristig durchaus positives Potenzial in der Aktie der Investmentgesellschaft.

ZIM-Geschäftsführer Peter Zimmermann (links) und Yunari Omori (Japan Airlines) besiegeln den Vertrag über die Lieferungen von ...
ZIM-Geschäftsführer Peter Zimmermann (links) und Yunari Omori (Japan Airlines) besiegeln den Vertrag über die Lieferungen von Flugzeugsitzen an die japanische Fluggesellschaft. | Bild: ZIM

ZIM-Übernahme von Wirtschaftsprüfern begleitet

Begleitet wurde Aurelius bei der Transaktion von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner Stolz (Stuttgart). Ebner Stolz habe für Aurelius eine so genannte Financial-Due-Diligence-Prüfung von ZIM vorgenommen, so Jörg Schoberth, Wirtschaftsprüfer bei Ebner Stolz in Düsseldorf, auf Anfrage des SÜDKURIER. Schoberth hatte die Zahlen des Markdorfer Unternehmens analysiert. Diese Prüfung sei im Grunde ein Gutachten über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Potenzial eines Unternehmens. „Das ist ein Standardvorgehen bei größeren Transaktionen“, sagt Schoberth. Ebner Stolz begleite auf diese Weise jährlich rund 300 Transaktionen im Auftrag der jeweiligen Käufer. Über die Bewertung von ZIM durch die Prüfung seines Hauses könne er keine Angaben machen, so Schoberth. Darüber sei zwischen den Beteiligten Stillschweigen vereinbart worden.