„Alles muss raus“, scheinen die fetten Letter auf den Plakaten zu rufen. Bereits seit Wochen hängt die Botschaft in den Schaufenstern des Herrenbekleidungsgeschäft Kappeler: „Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe“. Lisa Bitzenhofer und ihr Mann Dietmar Bitzenhofer schließen ihren Laden. Am Samstag, 1. April, endet die über 100-jährige Bekleidungshaus-Kappeler-Ära in Markdorf mit einem Flohmarkt sowie dem Abverkauf der Ladenausstattung. Und das Leitwort dazu lautet „Endspurt“.
Markdorf braucht ein Fahrradgeschäft
Mit Endspurts kennt sich Honar Naser bestens aus. Der 30-jährige Kurde hat der irakischen Radrennsport-Nationalmannschaft angehört. Doch das war vor seiner Flucht vor acht Jahren. Heute lebt der ehemalige Halbprofi in Markdorf. Von hier aus pendelt er täglich nach Stockach, wo er in einem großen Fahrradgeschäft arbeitet.
Sein Traum, einen eigenen Fahrradladen zu eröffnen, geht nun in Erfüllung. „Ihm vermieten wir gerne unser Ladenlokal“, erklärt Dietmar Bitzenhofer. Nach langer vergeblicher Suche nach einem Nachfolger aus der Bekleidungsbranche wollte Dietmar Bitzenhofer wenigstens jemanden finden, „den Markdorf wirklich gebrauchen kann“. Und ein Fahrradgeschäft gehöre ganz sicherlich in diese Kategorie.

Sondieren im Umland
Dieser Ansicht ist auch Bürgermeister Georg Riedmann. Noch vor wenigen Wochen hat er Zweiradhändler in der Region angeschrieben. Gesucht sei ein „Einzelhandelsbetrieb im Segment „Fahrradverkauf/Fahrradverleih und Fahrradreparatur“, so seine Botschaft. Verleih, Verkauf und Reparatur sind genau das, was Ex-Halbradprofi Honar Naser künftig in der Marktstraße 4 anbieten will. Wo einst die Kleiderstangen mit Jacken, Mänteln, Hosen waren, werden ab Mai Fahrräder hängen.
„Bio-Bikes“, erläutert Naser. Das sind die Velos ohne Elektroantrieb. Das Sortiment soll vor allem aus Kinderrädern, aus Mountainbikes, aus Fahrrädern für den Downhill-Sport bestehen. Hinzu kommen die E-Bikes. Insbesondere für die rechnet Honar Naser mit einer hohen Nachfrage – schon aufgrund der Markdorfer Topografie mit ihren teils recht heftigen Gefällelagen.
Im Vorfeld genau hingeschaut
Überhaupt zeigt sich der 30-Jährige recht zuversichtlich. „Natürlich ist so eine Geschäftsgründung immer riskant.“ Er habe das im Vorfeld aber alles recht gründlich sondiert. Auch wisse er um die großen Anbieter im Umland. Und doch sei bei einer Stadt in der Größe Markdorfs einfach ein gewisser Bedarf da – übrigens außer an Rädern auch an Radzubehör. Schon weil nicht wenige Berufspendler das Velo nutzen.
Hinzu kommen die Touristen. Für die, aber auch für die Einheimischen möchte Honar Naser möglichst bald geführte Touren ins Umland anbieten. Keineswegs zu unterschätzen sei der Bedarf an qualifizierten Zweiradmechanikern, die neue Schaltzüge legen, Kettenblätter wechseln und reparieren was sonst so defekt ist am Rad.

Es soll auch einen Verleihbetrieb geben
„Sein E-Bike kann man sowieso nicht mehr selbst reparieren“, erklärt Naser, „an diese Komponenten muss der Fachmann dran.“ Nicht zuletzt sei da noch der Verleihbetrieb. „Bei mir gibt‘s das passende Rad für die gesamte Familie“. Hier hofft der junge Fahrradhändler auch auf Kunden vom nahen Campingplatz.
Dietmar Bitzenhofer kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Service ist da A und O im Einzelhandel.“ Und soweit er es beurteilen kann, habe Honar Naser das begriffen. Bitzenhofer freut sich bereits auf die Geschäftseröffnung am 2. Mai – rechtzeitig zum Dixie-Fest.