Die Bärenskulptur des Künstlers Erich Kaiser ist nicht schwer zu finden. Gegenüber der Apotheke, heißt es in der Beschreibung auf der Webseite der Tourismusgemeinschaft Gehrenberg-Bodensee. Bermatingen ist beschaulich genug, um hier nicht in allzu große Schwierigkeiten zu kommen. Tatsächlich: Auf dem Boden neben dem Bären ist die Steinplatte mit der Selfie-Point-Gravur zu entdecken. Der Bär und ich: Das erste Selfie des Tages steht schon mal. Und als Nebeneffekt habe ich das Fachwerkensemble rund um das Bermatinger Rathaus bestaunen dürfen. Ein schöner Auftakt des Trips zu den vier Selfie-Points rund um den Gehrenberg.

Der erste Selfie-Point in Bermatingen ist nicht schwer zu finden.
Der erste Selfie-Point in Bermatingen ist nicht schwer zu finden. | Bild: Simon Conrads

Plätze sollen zur Inspiration dienen

Seit 2020 gibt es die ausgewiesenen Orte für Selbstporträts. Die Gemeinden und lokalen Tourismusverbände pflegen sie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH. Am und um das nördliche Bodenseeufer gibt es mehr als 60 solcher Selfie-Points. Auf den Webseiten der Tourismusverbände werden Besucher dazu angeregt, an den Orten entstandene Selbstporträts oder Fotos mit bestimmten Hashtags – Schlagwörtern – auf sozialen Medien zu veröffentlichen, #gehrenberg oder #echtbodensee etwa. Tun Besucher das?

Einige Selfie-Points werden von Granitplatten markiert, andere von aufgesprühten Symbolen.
Einige Selfie-Points werden von Granitplatten markiert, andere von aufgesprühten Symbolen. | Bild: Simon Conrads

„Insgesamt kann man sagen, dass die Fotopunkte gerne als Inspiration genutzt werden, allerdings weniger Interaktion auf den Social-Media-Plattformen zustande kommt“, schreibt Laura Dilger von der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH auf Anfrage des SÜDKURIER. Sylvia Westermann von der Tourismusgemeinschaft Gehrenberg-Bodensee spricht ähnlich über die Spots: Sie seien vor allem eine nette Liste von Orten mit guter Aussicht, sagt sie im Telefonat. Ob die Leute die Granitplatten oder aufgesprühten Symbole tatsächlich zu Selfies anregen, weiß sie nicht. „Grundsätzlich machen die Leute an allen möglichen Orten Selfies.“

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Auf dem Gehrenbergturm die Aussicht genießen

Für mich geht es von Bermatingen aus zum nächsten Selfie-Point, hoch hinaus auf den Gehrenbergturm. „Das ist Sport hier hochzulaufen“, sagt Manfred Bergmann, als ich oben ankomme. Er steht an diesem Freitagmittag als einziger anderer Besucher auf der Aussichtsplattform. „149 Stufen“, fügt er hinzu, er hat sie gezählt. Wir kommen kurz ins Gespräch. Bergmann macht mit seiner Frau Urlaub am Bodensee, sie kommen aus Kamen in Nordrhein-Westfalen. Die Haushälterin ihres Meersburger Feriendomizils hat ihnen den Gehrenbergturm empfohlen. Seine Frau wollte aber nicht auf den Turm steigen, sie schießt von unten ein Foto ihres Mannes. Der Ausblick beeindruckt ihn, sagt er. Die Alpen liegen an diesem Tag recht frei.

Ausblick vom Gehrenbergturm.
Ausblick vom Gehrenbergturm. | Bild: Simon Conrads

Ich erzähle Manfred Bergmann von meinem Auftrag und entdecke das fast verblasste, aufgesprühte Selfie-Point-Symbol auf der Plattform. Der 79-Jährige weiß sofort, was ein Selfie ist, stellt sich auf die Markierung und schießt ein Selbstporträt. Was er davon hat? Hoffentlich eine schöne Erinnerung an die 149 Stufen, die er in der prallen Sonne erklommen hat, an den tollen Blick und unsere Begegnung.

An der Fischtreppe in Oberteuringen

An der Fischtreppe in Oberteuringen muss ich wieder selbst für ein Selfie herhalten.
An der Fischtreppe in Oberteuringen muss ich wieder selbst für ein Selfie herhalten. | Bild: Simon Conrads

Vom Turm aus geht es für mich weiter nach Oberteuringen, eine Fischtreppe in der Rotach soll das nächste Fotomotiv sein. Wo genau sie liegt, ist nicht direkt ersichtlich, bis ich eine Kartenmarkierung auf der Echt-Bodensee-Website finde. Knapp oberhalb des Neuen Friedhofs führt eine Brücke über den Fluss und jenseits der Brücke fließt das Wasser mehrere Steinstufen hinab. Das Motiv ist damit gefunden, das Selfie-Point-Symbol kann ich allerdings nicht entdecken. Ein Foto mache ich trotzdem und genieße die Ruhe des plätschernden Wassers – denn hier bin ich ganz allein, keine anderen Touristen oder Einheimischen tauchen auf.

An einer Holzliege in Oberhomberg

In Oberhomberg ist ein Selfie-Point direkt an einer Holzliege mit tollem Blick markiert.
In Oberhomberg ist ein Selfie-Point direkt an einer Holzliege mit tollem Blick markiert. | Bild: Simon Conrads

Im Anschluss geht es noch einmal in die Höhe: Durch Oberhomberg in Deggenhausertal führt der Premiumwanderweg „Bergtour Höchsten“. Unter einem massiven Baum steht am Wanderweg in Oberhomberg eine Holzliege mit guter Aussicht über den See. Davor ist gut erkennbar wieder eine Granitplatte in den Boden gelassen. Hier entsteht also nach einer kurzen Liegepause das letzte Selfie des Tages – wobei der Ausblick auf dem Foto nicht gut eingefangen werden kann.

Das letzte Selfie der Reise in Oberhomberg.
Das letzte Selfie der Reise in Oberhomberg. | Bild: Simon Conrads

Fazit: Was gibt es bei einem Trip zu den Selfie-Points zu lernen? Für Einheimische eine Selbstverständlichkeit, für mich als Zugezogenen eine schöne Erkenntnis: Auch jenseits des Bodenseeufers hat die Region idyllische Plätze, fantastische Aussichten und nette Fachwerkstädtchen zu bieten. Mit Selfies lassen sich die Momente einfangen – und mich künftig an die nette Begegnung mit Manfred Bergmann auf dem Gehrenbergturm denken.