Kann eine Gemeinde mittels eines Bebauungsplans verhindern, dass Anwohner außergewöhnlich große Fahrzeuge, wie etwa Wohnmobile, in ihren Garagen und auf ihren Grundstücken abstellen? Die Stadt Meersburg versucht es jedenfalls mit der zweiten Änderung des Bebauungsplans Lichtenwiese-Schützenrain, welcher der Gemeinderat geschlossen zustimmte. Auch wenn es nicht sicher sei, dass das Landratsamt den entsprechenden Passus billigen werde, wie Bauamtschef Martin Bleicher und Planer Hans-Dieter Schuler einräumten. „Eigentlich gibt es dafür keine Grundlage“, sagte Schuler.

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„Es geht um die städtebauliche Kulisse: Stellen wir uns vor, alle stellen ihre Wohnmobile vor dem Haus ab. Die Gemeinde möchte das nicht“, begründete Bleicher die anvisierte Regelung gegenüber dem SÜDKURIER. Es gebe bereits Gemeinden, die das dauerhafte Abstellen solcher Fahrzeuge untersagten.

Nur für Fahrzeuge niedriger als 2,10 Meter und weniger als 2,5 Tonnen

Deshalb lässt der Bebauungsplan nur Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge oder deren Anhänger zu, die niedriger als 2,10 Meter sind und weniger als 2,5 Tonnen wiegen. Bleicher hofft, dass dies Bauherren vielleicht von vornherein signalisiere, dass eine Garage entsprechender Größe wenig Aussicht auf Genehmigung habe. Der Bebauungsplan muss noch den Fachbehörden vorgelegt werden und wird danach einen Monat lang ausliegen.

Der 2015 erstmals verabschiedete Bebauungsplan Lichtenwiese-Schützenrain erfährt jetzt die zweite Änderung.
Der 2015 erstmals verabschiedete Bebauungsplan Lichtenwiese-Schützenrain erfährt jetzt die zweite Änderung. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Regelmäßig Ärger durch zugeparkte Straßen

Zugeparkte Straßen erregen im Gebiet Lichtenwiese regelmäßig Ärger. Das Problem rühre teils auch daher, dass manche Eigentümer ihre Garagen zweckentfremdeten und Fahrzeuge dann an der Straße abstellten, heißt es immer wieder. Letzteres verstößt zwar gegen die Landesbauordnung. Doch eine Kontrolle, für die das Landratsamt zuständig wäre, sei schwierig. Das hatte Bürgermeister Robert Scherer bereits im April 2019 im Gemeinderat gesagt. Was das Parken auf der Straße betrifft, stellte Schuler in der aktuellen Diskussion klar: „Die Nutzung öffentlicher Straßen kann nicht über das Planungsrecht geregelt werden.“

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Planer Schuler: „Falsch, von vornherein alles zuzulassen“

Martin Brugger (CDU) fand aber auch: „Man kann doch niemandem verbieten, sein Wohnmobil auf dem eigenen Grundstück zu parken.“ Hans-Dieter Schuler meinte, es sei ja, wenn denn die vorgesehene Regelung im Bebauungsplan überhaupt durchgehe, immer noch möglich, im Einzelfall über Ausnahmen und Befreiungen zu arbeiten. Der Planer glaubt: „Wir erreichen damit, dass Eigentümer darüber nachdenken, wie sie ihre Fahrzeuge besser abstellen.“ Schuler fügte hinzu: „Der Plan wird ja noch öffentlich ausgelegt. Aber es wäre der falsche Weg, von vornherein alles zuzulassen.“

Stadtbaumeister wünscht sich einen Trailer-Park vor der Stadt

Martin Bleicher wünscht sich, Wohnmobilbesitzer, deren Zahl stetig anwachse, mit der vorgesehenen Regelung dazu zu animieren, sich einen Trailer-Park vor der Stadt zu suchen, wie er dem SÜDKURIER sagte. Und wo könnte so ein Trailer-Park in Meersburg entstehen, wo Grundstücke knapp und begehrt sind? Bleicher meinte schmunzelnd: „Wenn alle Bebauungspläne so sind und die Presse über das Thema berichtet – was meinen Sie, wie schnell es einen Trailer-Park in Meersburg gibt.“

Neue Regelungen im Bebauungsplan Lichtenwiese-Schützenrain

Der Gemeinderat hatte im Mai 2014 die Aufstellung eines Bebauungsplans Lichtenwiese-Schützenrain beschlossen, der im September 2015 verabschiedet wurde.

Eine erste Änderung trat im September 2018 in Kraft. Im Januar 2019 beschloss der Gemeinderat, das Werk in einer zweiten Änderung nachzuschärfen. Die Verwaltung begründete, es bestehe in dem Gebiet hinsichtlich der städtebaulichen Entwicklung ein Veränderungsdruck. Mehrere Bauvoranfragen sähen Nachverdichtungen und gestalterische Veränderungen vor, die im Zusammenhang mit der Umgebungsbebauung und der Gesamtentwicklung des Bereichs überprüft werden müssten.

Wesentliche Inhalte der vorgesehenen Fortschreibung sind die Definition der Wand- und Gebäudehöhen in Bezug zur „Höhenlage Straße“, Anforderungen an die äußere Gestaltung von Bauten sowie an Werbeanlagen, die Gestaltung unbebauter Grundstücksflächen, Stellplatzverpflichtungen und Geländeveränderungen wie Aufschüttungen.

Im Plangebiet gibt es laut Bauamtschef Martin Bleicher noch zwei freie Bauplätze in der Hans-Dieter-Straße. Gemeinderat Peter Schmidt (CDU) fragte, ob man das Thema Zweitwohnungen auch per Bebauungsplan steuern könnte. Stadtplaner Hans-Dieter Schuler riet davon ab und empfahl, diesen Bereich eher durch eine eigene Satzung zu regeln. Denn planungsrechtlich sei dieses Thema immer eine Gratwanderung und er kenne Fälle, „wo die Kommune vom Grat runtergefallen ist“. Bleicher erinnerte daran, dass Meersburg dieses Thema generell für das ganze Stadtgebiet angehen wolle.

Einige Neuerungen im Plan:

  • Höhen: Statt maximaler Traufhöhen werden maximale Wand- und Gebäudehöhen festgelegt. Diese sind in Bezug auf die Randstein- und Fahrbahnhöhe der angrenzenden Verkehrsfläche zu ermitteln, wie es heißt. Der Bauamtsleiter sagte, die maximale Höhe orientiere sich am Bestand. Man habe aber eine Toleranz für Dachaufbauten eingebaut, da Letztere etwa für Häuser ohne Kniestock sonst sehr kompliziert wären.
  • Gestaltung unbebauter Grundstücke: Nicht überdachte Stellplätze sind zu begrünen und mit wasserdurchlässigem Belag anzulegen, Garagen und überdachte Stellplätze extensiv zu begrünen. Nicht überbaute Flächen sind als Grünflächen herzustellen oder gärtnerisch anzulegen. Stellplätze, Zufahrten, Zugänge und Fußwege dürfen nicht versiegelt werden. Ursprünglich war vorgesehen, Steinschüttungen zu tolerieren, wenn diese nicht mehr als ein Viertel der unbebauten Fläche ausmachen. Doch diesen Satz strich der Rat, nachdem Monika Biemann (Umweltgruppe) die Lösung als zu kulant moniert und vor „Gärten des Grauens“ gewarnt hatte.
  • Baumscheiben: Entlang der Erschließungsstraße können bei einer Neubebauung Stellplätze und Garagen in Reihe angelegt werden, wenn alle zehn Meter oder nach jedem vierten Stellplatz eine Baumscheibe angelegt wird.