Auch in Meersburg liegt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum laut Spitalleiter Peter Kemmer sehr deutlich über dem Angebot. Von einem dringenden Wohnungsnotstand könne man aber nicht sprechen. Das sagte Kemmer im Gemeinderat, wo er einen Sachvortrag über die Situation des Wohnungsmarktes in der Stadt hielt. Stadtrat Christian Herter (Umbo) hatte im Mai, während einer kontroversen Ratsdiskussion über das Thema, einen solchen Bericht beantragt.

Nachfrage nach günstigen Wohnungen wird steigen

Kemmer sagte, die Stadt habe in den vergangenen 20 Jahren alle Verpflichtungen und sozialen Notfälle gemeistert. Es zeichne sich aber ab, „dass die Nachfrage nach günstigen Wohnungen mit familienfreundlicher Ausstattung auch in Meersburg ansteigen wird.“ Fazit: „Der städtische und spitälische Wohnbesitz sollte auf keinen Fall reduziert werden.“ Vielmehr sei es sinnvoll, zusätzlichen kommunaleigenen Wohnraum zu schaffen, etwa indem man weitere städtische Gebäude entsprechend umwidme oder kommunale Grundstücke wie die Daisendorfer Straße 39 bebaue.

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Kemmers Schlussfolgerungen belegen eine Kehrtwende. Noch 2008 wollte die Stadt rund die Hälfte ihres Wohnbestands verkaufen: die Häuser Lichtenwiese 4 und 6 mit 38 Wohnungen. Der Gemeinderat stimmte damals zu, mit Ausnahme der Freien Wähler, revidierte seinen Beschluss aber nach massiven Protesten aus der Bevölkerung.

Nachfrage nach Sozialwohnungen gering

Die Stadt- und Spitalverwaltung besitzt aktuell 79 Mietwohnungen. Sieben davon seien derzeit nicht belegt, etwa aus Sanierungsgründen, sagte Kemmer. Die Nachfrage nach Sozialwohnungen mit Wohnberechtigungsschein sei sehr gering. 2018 seien nur drei Anträge für einen solchen Schein eingegangen, in den beiden Vorjahren je vier. Deutlich höher, mit 60 bis 74 Anfragen pro Jahr, sei aber das Interesse an kommunalen Wohnungen.

Kaum Fluktuation in kommunalen Wohnungen

Wegen der maßvollen Mieten sei die Fluktuation aber gering, es gebe jährlich nur rund ein Dutzend Neuvermietungen. Aufgrund der geringen Zahl hätten die kommunalen Wohnungen „absolut keine preisdämpfende Wirkung“ auf den privaten Wohnungsmarkt. In 13 städtischen Wohnungen seien Flüchtlinge untergebracht, zusätzlich habe die Stadt zu diesem Zweck zehn Privatwohnungen angemietet. Zwei städtische Wohnungen seien ständig mit Notfällen belegt, wie sie sich aufgrund von Zwangsräumungen, Platzverweisen und Obdachlosigkeit ergäben. Quartiere mit sozialen Brennpunkten gebe es in Meersburg nicht.

Im Winter viele Ferienwohnungen frei

Die Wohnungssituation sei saisonal sehr unterschiedlich. So stünden im Winter viele Ferienwohnungen frei, was den Markt, vor allem für Studenten, zumindest temporär etwas entlaste.

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Peter Schmidt (CDU) meinte in der anschließenden Diskussion: „Eigentlich haben wir ein sehr großes Portfolio an Wohnungen“, darunter aber sehr viele Ferien- und Zweitwohnungen. Ferner stünden allein in der Altstadt acht Häuser leer. Deswegen sollte die Stadt auf die Besitzer zugehen. Schmidt dankte Kemmer: „Wir haben jetzt endlich vernünftige Zahlen.“ Das sei eine gute Grundlage, um zu überlegen: „Was haben wir, was brauchen wir, was wollen wir?“

Klage über großen Anteil an Ferienwohnungen

Markus Waibel (FW) und Boris Mattes (SPD) monierten, dass sieben städtische Wohnungen unbelegt seien, das müsse man ändern. Mattes, dessen Fraktion die Debatte um mehr bezahlbaren Wohnraum im Mai angestoßen hatte, beklagte ebenfalls den großen Anteil an Ferienwohnungen und mahnte: „Es muss ein vernünftiges Verhältnis geben.“

Monika Biemann (Umweltgruppe) sagte: „Vielleicht muss man einen Riegel vorschieben, dass nicht noch mehr Ferienwohnungen entstehen, und eventuell auch über eine Sozialquote nachdenken.“ Peter Krause (Umbo) betonte hingegen: „Wir haben viel zu wenig Hotelbetten. Wenn man die Ferienwohnungen auch noch schlecht redet, spielen wir touristisch bald überhaupt keine Rolle mehr.“

Wohnungen auf der grünen Wiese

Krause erinnerte auch an die jüngste Kommunalwahl: „In jedem Wahlprospekt stand: Mehr Wohnraum schaffen.“ Krause fuhr fort: „Vielleicht muss man dafür doch auf die grüne Wiese, statt in der Stadt jeden freien Fleck zuzupflastern.“