Ein Antrag der SPD-Fraktion zum Thema Wohnraumanalyse und Belegungsrechte für Mietwohnungen sorgte in der jüngsten Gemeinderatssitzung für kontroverse, teils hitzige Diskussionen. Boris Mattes (SPD) hatte den dreiteiligen Antrag für die Fraktion vorgelegt.
Das Gremium stimmte allerdings nur dem zweiten Teilantrag zu: So soll die Kreisbaugenossenschaft nach Meersburg eingeladen werden, um den Räten verschiedene Wohnbauformen vorzustellen.
Eine Analyse des Wohnraumbedarfs durch die private Stadtentwicklungsgesellschaft STEG sowie die Einräumung eines Belegungsrechts, mit dem die Stadt Mieter mit Wohnberechtigungsschein in privaten Wohnungen unterbringen könnte, lehnte das Gremium ab.
Wohnraumanalyse soll Leerstände, Mietkosten und Zahl der Ferienwohnungen aufzeigen
Mattes begründete den Antrag damit, dass die Situation in Bezug auf bezahlbaren Wohnraum in Meersburg sehr angespannt sei. Um den derzeitigen und mittelfristigen Bedarf an Wohnungen zu ermitteln, solle nach Ansicht der SPD-Fraktion ein sachkundiger Dritter beauftragt werden, um unter anderem zu untersuchen, wie hoch der Wohnungsleerstand ist, welcher Anteil des Einkommens für Mietkosten aufgewendet werden muss oder wie viele Ferienwohnungen es in Meersburg gibt.
Belegungsrecht soll Vermietern „finanzielle Anreize“ bieten
Zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus solle geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen, die Kreisbaugenossenschaft oder eine andere gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Sozialwohnungen bauen würde.
Zudem würde nach Ansicht der SPD ein Belegungsrecht der Stadt ermöglichen, schneller auf Wohnungsengpässe zu reagieren. Günstiger als der Neubau von Sozialwohnungen sei diese Lösung ebenfalls. Weiterhin gebe es Förderprogramme des Landes zur Einräumung von Belegungsrechten.
Mattes verdeutlichte, dass das Belegungsrecht lediglich ein „finanzieller Anreiz ist, an bestimmte Personengruppen zu vermieten“. Die Stadt zahle dem Wohnungseigentümer einen bestimmten Betrag und erwerbe damit das Recht, einen Mieter mit Wohnberechtigungsschein unterzubringen, wobei der Eigentümer unter den vorgeschlagenen Mietern auswählen könne.
Ratsmitglieder zeigen sich skeptisch
Die Ratsmitglieder beurteilten die Anträge skeptisch. Bezüglich der Wohnraumanalyse gab Peter Schmidt (CDU) zu bedenken, dass man wisse, was man im Kernbereich habe. „456 Ferienwohnungen, 112 Zweitwohnungen und elf leerstehende Häuser in der Altstadt.“ Wie hoch der Leerstand in den Privathäusern sei, wisse man nicht. Er zweifele ein „fundamentiertes Zahlenwerk“ an. „Ich behaupte, dass wir nach einer Expertise nicht gescheiter sind.“
Wilfried Wodsak (FWV) äußerte sich ähnlich: „Wie wollen Sie Auskünfte zum Einkommen bekommen, wenn Sie niemanden fragen?“ Zudem würde er persönlich potenzielle Fragesteller „rausschmeißen“. Dennoch sei er „neugierig auf die Qualität der Zahlen“.
Gremium will eigene Kräfte mit Erstellung eines Zahlenwerks beauftragen
Zweifel äußerten auch Martin Brugger (CDU) und Michael Gilowsky (Umbo). „Dass Wohnraum knapp ist, wissen wir auch ohne Gutachten“, sagte Gilowsky. Christian Herter (Umbo) plädierte dafür, eigene Zahlen und Kräfte nutzen und stellte den Antrag, dass der Leiter der Spitalverwaltung, Peter Kemmer, und die Abteilungsleiterin für Soziales, Ute Rose, Einschätzungen aus ihren Bereichen zur Wohnraumsituation erstellen sollten. Der Rat stimmte dem Vorschlag zu.
Zustimmung für zweiten Teilantrag: Kreisbaugenossenschaft soll nach Meersburg eingeladen werden
Positiv beurteilte das Gremium auch den Teilantrag der SPD-Fraktion, die Kreisbaugenossenschaft zur Vorstellung ihrer Wohnbauformen in den Rat einzuladen. Boris Mattes betonte, er verspreche sich davon „neue Ideen und Ansätze“.
Markus Waibel (FWV), Michael Gilowsky (Umbo), Wilfried Wodsak (FWV) und Peter Schmidt (CDU) bestätigten das interessante Portfolio. Wobei Schmidt zu bedenken gab, dass man keine interessanten Flächen für eine Genossenschaft habe.
Monika Biemann (Umweltgruppe) entgegnete: „Wir wissen doch gar nicht, welche Grundstücksgrößen eine Genossenschaft braucht.“ Darum könne man sich die Vorschläge doch mal anhören, argumentierte sie.
Belegungsrecht für viele Ratsmitglieder keine Option
Einem Belegungsrecht für die Stadt widersprach Michael Gilowsky „Es ist meiner liberalen Überzeugung zuwider, Leuten zu sagen, wie sie zu vermieten haben“. Und Werner Endres (CDU) sagte: „Wir greifen nicht auch noch in das private Eigentum der Menschen ein, ob sie eine Wohnung leer stehen haben.“ Mattes erwiderte, dass es sich nur um ein Angebot handele.