200 Meter Schläuche bis zum Löschweiher, 50 Meter Schläuche von der Straße bis zur vermeintlich brennenden Scheune – der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Jan Junker hat für die Frühjahresübung in Schiggendorf, wieder ein anspruchsvolles Übungsszenario entworfen. Die Scheune in der Gebhartsweiler Straße liegt in zweiter Reihe, einige Meter von der Straße entfernt. Über die geschwungene Grundstückseinfahrt bis zum Haupthaus kommt kein großes Feuerwehrfahrzeug, und bis zum angenommenen Brandort gibt es nur Wiese. Laut Übungsannahme spielen dort fünf Kinder.
Zwei Wehren, ein Ziel
Holzbauweise und Stroh haben eine hohe Brandlast und erhöhen somit die Übungsgefahr. Ein Alarm im Ortsteil Schiggendorf ruft automatisch die Feuerwehr in Ahausen auf den Plan. So war deren mit neun Mann besetztes Fahrzeug auch als erstes an der vermeintlichen Unglücksstelle. Die Einsatzkräfte hatten die Schläuche bereits ausgerollt, bis die Meersburger Fahrzeuge die 4,9 Kilometer in acht Minuten zurückgelegt hatten.

Zusätzliche Schwierigkeit bot zudem die steile und enge Sackgasse. Die Löschfahrzeuge mussten in richtiger Reihenfolge einfahren, damit auch die große Drehleiter von der Straße aus über die erste Häuserreihe hinweg löschen konnte. Von der Kommandantur ungeplant hatten die vom Brand vermeintlich Betroffenen zusätzliche Anforderungen für die Wehrleute parat.
Schauspieltalent bei Feuerwehrübung
Kaum war das Ahauser Fahrzeug eingetroffen, wurde der Einsatzleiter von der aufgebrachten Mutter mit den Rufen „Meine Kinder, meine Kinder – retten Sie meine Kinder“ hin und her gezerrt. Dunja Hillenbrand zeigte hier einiges an schauspielerischem Talent. Die Wehrleute führten die sich nicht beruhigende Frau zum völlig verdutzten Bürgermeister Robert Scherer, der nun ebenso ungeplant zum Akteur der Probe wurde.

Doch auch die Kinder im Schuppen ließen sich nicht einfach retten. Die Mitglieder der Jugendfeuerwehr, welche die Betroffenen spielten, reagierten, wie es im Ernstfall Realität sein könnte. Amelie Willdür wollte nicht aus der vermeintlich brennenden Scheune gerettet werden. Zunächst sollte ihr kleiner Bruder gerettet werden.

Auch Lotta Faller ließ sich nicht so einfach zu den Sanitätern bringen, weil ihre Freunde noch in der Scheune seien, und Lena Hainmüller wollte gar wieder rein in den Schuppen. Sie musste, da sie sich scheinbar nicht beruhigen wollte, gar von vier Wehrleuten festgehalten und vom Brandort weggeführt werden.

„Man weiß nie, wie Personen unter Schock reagieren“
Einsatzleiter der Schnelleinsatzgruppe (SEG) des Deutschen Roten Kreuz (DRK), André Maier, bestätigte, dass ein solches Verhalten bei einem Unglücksfall durchaus vorstellbar sei. „Man weiß nie, wie die Personen unter Schock reagieren“, sagt er. So wäre im Ernstfall auch die Psychosoziale Notfallversorgung (PSVN) zur Betreuung der betroffenen Personen alarmiert worden. Zudem wären vier Rettungswagen und auch der Hubschrauber zum Transport der Verletzten gerufen worden. Maier erklärte, dass weiterhin auch der Bürgermeister angesprochen werde, um eine Unterkunft für die Familie zu organisieren, nachdem ihre an die Scheune angrenzende Wohnung als unbewohnbar angenommen wurde.
Löschteich notwendig
Kommandant Junker erklärte im Nachgang an die Probe: „Das war viel auf einen Schlag.“ Er war sehr zufrieden mit der Umsetzung durch die Beteiligten. „Die Kooperation mit Ahausen ist hier in den Ortsteilen sehr wichtig, um schnellstmöglich viele Ressourcen vor Ort zu haben“, sagte er. Weiterhin unterstrich der Leiter der Wehr die Notwendigkeit des Löschteichs. Schiggendorf habe nur ein Wassernetz.

Wenn alle Leitungen darüber mit Wasser versorgt werden müssten, könnte es zu einem enormen Druckabfall kommen. „Dann kracht das Wassernetz“, meinte er und das wäre sowohl für eingeschlossene Personen als auch für die im Gebäude befindlichen Retter eine Gefahr. Angesichts dessen sei nur ein Fahrzeug an den Hydranten angeschlossen worden. Für jedes weitere Fahrzeug wurden eigene Leitungen an den Brandweiher gelegt. Auf die Nachfrage Scherers antwortete Kommandant Junker: „Ja, es war eine Materialschacht.“