Den historischsten Moment hat der katholische Stadtpfarrer Martinho Dias Mértola verpasst. Er hielt am vergangenen Donnerstagabend die Abendmesse in Illmensee, als der neue Papst Robert Francis Prevost nach dem Konklave den Balkon des Petersdom in Rom betrat. Es sei eine gute Wahl der Kardinäle, sagt Dias Mértola im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Das erhofft er sich vom 69-jährigen US-Amerikaner.
Viele Namen wurden gehandelt
Vor der Wahl des neuen Papstes wurden viele Namen als potenzielle Nachfolger des am Ostermontag verstorbenen Papstes Franziskus aufgezählt, von dem Dias Mértola sagt, dass er die Reform der katholischen Kirche auf den richtigen Weg gebracht habe. Dass zum ersten Mal in der Geschichte der katholischen Kirche ein US-Amerikaner zum neuen Papst gewählt wurde, habe ihn schon sehr überrascht.
Er rechnete mit Europa oder Asien
Denn er rechnete stattdessen mit einem Papst aus Europa oder aus Asien. Und der Pfarrer der Seelsorgeeinheit Obere Linzgau hatte auch nicht damit gerechnet, dass bereits am Donnerstagabend weißer Rauch aus dem Schornstein aufsteigen würde. „Es gab so viele Favoriten, weshalb ich davon ausgegangen bin, dass erst am Freitag der neue Papst fest steht.“
Doch schon nach der Abendmesse in Illmensee schickte ihm sein Mesner den Namen des neuen Kirchenoberhaupts per WhatsApp: Robert Francis Prevost, für viele Katholiken ein unbeschriebenes Blatt – genau wie für Dias Mértola, der von ihm lediglich wusste, dass er die Vatikanbehörde für Bischöfe leitete. Danach wurden in Illmensee und in Pfullendorf die Glocken geläutet. In den Gottesdiensten am Wochenende wurde der 267. Pontifex in die Predigten eingebunden.
„Ich hoffe sehr, dass Leo XIV. diesen Weg fortführt – auch im Sinne von Franziskus.“Martinho Dias Mértola, Pfarrer
Robert Prevost nennt sich Leo XIV., was wiederum Dias Mértola besonders erfreut und ihn für die Zukunft optimistisch stimmt. Denn schon Leo XIII. galt als ein Papst, der die Reform der katholischen Kirche angestoßen hatte, und die auch von Papst Franziskus beherzigt wurde. „Ich hoffe sehr, dass Leo XIV. diesen Weg fortführt – auch im Sinne von Franziskus“, so Dias Mértola.
Er schaut sich alles an
Nach seiner Abendmesse in Illmensee setzte sich der Pfarrer vor den Fernseher und ließ die Bilder auf sich wirken. Er schaute sich noch einmal die Zusammenfassung an und vergisst nicht die erste Ansprache von Leo XIV. vor Tausenden von Gläubigen auf dem Petersplatz, als er die Botschaft verkündete: „Der Friede sei mit euch“. „Das hat mir direkt gefallen, dass ihm der Frieden auf der Welt wichtig ist“, sagt Dias Mértola.
Offen für Neues
Der neue Papst, davon ist Dias Mértola überzeugt, werde ein Sozialpapst sein, ein Reformpapst, ein Papst, der Brücken bauen könne, ein Papst, der bodenständig sei und der sich für die armen Menschen in der Bevölkerung einsetzen wolle. Er sei genau das Gegenteil des wankelmütigen US-Präsidenten Donald Trump, „der sicher nicht viel Freude an Leo XIV. haben wird“, ergänzt Dias Mértola. Leo XIV., so Dias Mértola, sei bestimmt nicht der Wunschkandidat von Trump gewesen. Für Dias Mértola hingegen sei der 69-Jährige eine richtige Entscheidung, weil er nach vorn schaut, weil er offen ist für Neues.
Allerhöchste Zeit
Aber einen Haken gibt es: Denn der Erzbischof aus Chicago, der 1955 als Sohn von Eltern mit französisch-spanisch-italienischen Wurzeln geboren wurde, hat zwar immer betont, dass die Kirche transparenter und offener sein muss, aber die Weihe von Frauen in kirchlichen Ämtern hatte er bislang abgelehnt. „Ich hoffe sehr, dass sich dies unter ihm ändert. Es ist allerhöchste Zeit, es ist schon zehn nach zwölf“, sagt Dias Mértola, der sich genau dies wünscht – dass Frauen in der Kirche nicht nur im Hintergrund wirken, sondern die Rolle der Frau endlich zum Vorschein kommt und sie auch für kirchliche Ämter geweiht werden können.
Frauen haben ihre Berechtigung
„Es bleibt bis heute unbegründet, warum dies in der katholischen Kirche nicht passiert. Ich kenne den Grund: Weil es die Männer nicht wollen.“ Dabei hätten – so Dias Mértola – die Frauen schon längst eine Berechtigung für einen Platz in kirchlichen Weihämtern. „Also worauf warten wir?“, sagt Dias Mértola, der auf einen mutigen Papst hofft.