Salem – Der Antrag des Beurener Landwirts Martin Wielatt, auf seinem Hof einen Start- und Landeplatz für Ultraleichtflugzeuge anzulegen, treibt viele Bewohner um. Das ließ sich allein schon an der Besuchermenge bei der Informationsveranstaltung der Ortsverbände von Grünen und SPD ablesen. Rund 110 Bürger drängten sich am Donnerstagabend in der Altenbeurener "Molke", um ihre Bedenken und Ängste zu formulieren. Von Gemeindeseite war niemand zugegen.

Dicht gedrängt sitzend und zum Teil stehend verfolgten die Gäste die Informationsveranstaltung und machten ihren Ängsten bezüglich der ...
Dicht gedrängt sitzend und zum Teil stehend verfolgten die Gäste die Informationsveranstaltung und machten ihren Ängsten bezüglich der geplanten Flugbewegungen über Beuren Luft. | Bild: Martina Wolters

Kritik richtete sich unter anderem gegen die beantragte Anzahl von 300 Flügen pro Jahr, gegen direkt über der Kreisstraße 7758 beabsichtigte Starts und Landungen und gegen Schädlingsbekämpfung aus luftiger Höhe. Ferner zweifelten die Anwesenden die Richtigkeit der zugehörigen Gutachten teilweise an. Außerdem befürchteten sie neben einem Eingriff in ihre Privatsphäre durch tief fliegende Sportfluggeräte über ihren Gärten ein mittelfristiges Ausweiten des Flugplatzbetriebs. Landwirtschaftliche Gründe seien nur vorgeschoben, hieß es. Die Angst: "Unter dem Schutz landwirtschaftlicher Privilegien" könnten später Rundflüge im größeren Stil vermarktet werden, verbunden mit deutlich höherem Flugaufkommen. Dass der Antragsteller für sein Flugplatzprojekt bereit sei, eine 20-Kilo-Volt-Leitung zu verlegen, bestärkte die Bürger in dieser Annahme.

Das könnte Sie auch interessieren

Gerhard Wachter setzte die Versammlung über das Modell des zweisitzigen Ultraleichtflugzeugs vom Typ C42 in Kenntnis, mit dem Martin Wielatt zukünftig zu fliegen beabsichtigt. Das Fluggerät habe eine Spannweite von 9,45 Metern, eine Reichweite von 700 Kilometern und die Höchstgeschwindigkeit betrage 190 Stundenkilometer. Wachter fragte sich, ob bei der Reichweite ein Sonderflugplatz überhaupt erforderlich sei, wenn in unmittelbarer Nähe in Heiligenberg bereits ein Flugplatz bestehe.

"Da kocht die Volksseele", sagt Anwohner Manfred Hoppe

Der ehemalige Gemeinderat Wachter bezweifelte weiter, dass bei einer Mindestfluggeschwindigkeit von 81 Kilometern pro Stunde der Pilot aus 50 Metern Höhe effektiv Hagelnetze kontrollieren oder Schädlingsbefall feststellen könne. Professionelle Drohnen könnten da besseren Dienst tun, befand er. Wie sein ebenfalls referierender Anwohnerkollege Karl Ringwald bereitete ihm das eingereichte Lärmgutachten wegen fehlender Angaben zu zukünftigen Flugbewegungen und wegen nicht einkalkulierter Platzrunden für den An- und Abflug mehrerer Leichtflieger in das Gutachten Bauchweh. Ringwald sprach von nicht abzuschätzenden, weitreichenden Folgen." "Da kocht die Volksseele", fasste Anwohner Manfred Hoppe seinen Unmut in Worte und erntete Beifall. Er hatte im Vorfeld mit Gerhard Kienle eine Unterschriftenaktion gestartet. Die Ortsverbandsvorsitzenden Hedi Christian (Grüne) und Egenolf Löhr (SPD) riefen zum schriftlichen und unterzeichneten Einspruch bis 15. Oktober beim Regierungspräsidium Stuttgart oder der Gemeinde Salem auf.

Martin Wielatt: "Lärmgrenzwerte werden bei Weitem eingehalten"

Obstbauer Martin Wielatt ist sauer. Den Gegenwind aus der Beurener Bevölkerung kann der 58-Jährige nicht nachvollziehen. Er sei sich keiner Schuld bewusst und rechtlich auf der sicheren Seite, meint er. "Ich komme mir vor wie bei einem Spießrutenlauf, ich bin doch kein Verbrecher", sagt er zu Bürgerreaktionen gegen sein Vorhaben. An der Infoveranstaltung nahm Wielatt nicht teil.

"Ich habe das Recht als privilegierter Landwirt, wenn ich Fläche und Fluglizenz habe, einen Ultraleichtsonderflugplatz zu beantragen", erklärt Wielatt. Gesetzlich sei das in Paragraf 6 Luftverkehrsordnung in Verbindung mit Paragraf 49 Zulassungsordnungen geregelt. Ansonsten sei alles ordnungsgemäß per Gutachten geprüft worden. Ein meteorologisches Gutachten, wie von den Anwohnern befürwortet, sei nach Angaben des zuständigen Regierungspräsidiums Stuttgart wegen des geringen Flugumfangs nicht vonnöten. 300 Flüge hat er beantragt. Er bezweifle, dass er oder sein Sohn so viele Flüge überhaupt schaffen. Dafür hätten sie zusammen mit dem Obstgroßbetrieb gar nicht die Zeit. Bei winterlichem Wetter von November bis Februar könne überhaupt nicht geflogen werden.

"Ich komme mir vor wie bei einem Spießrutenlauf, ich bin doch kein Verbrecher", sagt Landwirt Martin Wielatt. Er findet, dass er mit ...
"Ich komme mir vor wie bei einem Spießrutenlauf, ich bin doch kein Verbrecher", sagt Landwirt Martin Wielatt. Er findet, dass er mit seinem Antrag auf einen Sonderlandeplatz auf eigener Landwirtschaftsfläche durchaus korrekt handelt. | Bild: Martina Wolters

Die Lizenz besitzt der gebürtige Beurener seit 2016, sein Sohn Florian seit einem Jahr. Dass er nicht nur aus landwirtschaftlichen Gründen fliegen will, gibt martin Wielatt frank und frei zu. "Es ist auch Hobby", sagt er. "Gewerbliches Nutzen über die Landwirtschaft hinaus wird es nicht geben", unterstreicht er. Auch werde es definitiv keinen Schulflugbetrieb geben. Allerdings könne er sich vorstellen, die bereits eingegangenen Anfragen von Jagdkollegen ernstzunehmen und per Flieger und Wärmebildkamera Rehe aufzuspüren, um sie vor dem Tod durch Mähdrescher zu schützen, und um Wildschweine aufzuspüren.

Aus dem Flugzeug heraus habe er sehr wohl gute Sicht auf Hagelnetze und Obstplantagen, sagt Wielatt und bezieht sich damit auf einen Punkt, den Anwohner anzweifelten. In seinem laufenden Antrag ist die Überwachung einer der angegebenen landwirtschaftlichen Gründe. Angst vor Spritzmitteln brauchen die Beurener seiner Ansicht nach nicht zu haben. Es werde "keine Spritzbrühe" ausgebracht, sondern er wolle "ökologische Schädlingsbekämpfung in Form von Ködern, zum Beispiel gegen Mäusebefall", auswerfen.

"Lärmgrenzwerte werden bei Weitem eingehalten", gibt er zudem an. Ferner betont Wielatt im Gespräch, es würde alles vom Regierungspräsidium streng reglementiert. "Es dürfen hier nur firmeneigene Betriebsangehörige fliegen." Jeder Flug müsste zweifach dokumentiert werden, einmal in einem Bord- und zum anderen in einem Logbuch. Vor jedem Abflug müsse außerdem ein Flugplan erstellt werden. Sohn Florian ergänzt: "Jede Minute, in der wir oben sind, werden wir über einen Transponder überwacht."

Martin Wielatt erklärt, es werde nur ein Flugzeug geben, ein Ultraleichtflugzeug vom Typ C42. Die erreichte Dezibelzahl von 42,2 sei nichts im Vergleich mit einem vorbeifahrenden Motorrad. Die von ihm beantragten beiden Platzrunden zwischen Beuren und Weildorf führten dazu, dass der Lärm sich halbiere.

Gerhard Plessing: Keine Probleme wegen Fliegereigeschäft

Seit über 20 Jahren betreibt Gerhard Plessing auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb zwischen Owingen und Bambergen einen Flugplatz für Ultraleichtflugzeuge. Im Zusammenhang mit dem bei der Beurener Bevölkerung umstrittenen Antrags auf einen Start- und Landeplatz seines Landwirtskollegen Martin Wielatt gibt Plessing Auskunft über sein Fluggeschäft.

Er bietet Rund- und Fotoflüge an. Pro Jahr hebt er rund 300 Mal ab, manchmal auch öfter. Das bedeute ungefähr einen Start pro Tag, da in der Winterzeit deutlich weniger geflogen werde.

Das könnte Sie auch interessieren

Zu den Anwohnern pflegt Plessing nach eigener Aussage ein "sehr harmonisches Verhältnis" und hat bis heute keine Probleme wegen seines Fliegereigeschäfts. Die Dorfbewohner profitierten sogar von seinem Geschäft, indem er ihnen Sonderpreise fürs Mitfliegen oder für Fotoaufnahmen gewähre. "Allerdings schaue ich auch, dass ich möglichst lärmschonend fliege", sagt Plessing. Er achte darauf, dass er nach Abheben möglichst bald von der Ortschaft abdrehe und beim Landeanflug nur mit Standgas fliege. So könne sich keiner über Lärm beschweren.

Gerhard Plessing mit seinem Ultraleichtflugzeug in Überlingen-Bambergen.
Gerhard Plessing mit seinem Ultraleichtflugzeug in Überlingen-Bambergen. | Bild: Hilser, Stefan

Lärmbelastung bei Start und Landung schätzt der erfahrene Pilot als nicht bedeutend ein. "Straßenlärm ist da wesentlich lauter." Wegen des Lärms brauchten sich die Bewohner Beurens keine Sorgen zu machen. Auch Abgase gebe es nicht mehr als beim Auto. Der Ultraleichtflieger werde mit einem normalen Verbrennungsmotor betrieben wie in jedem Auto. Die Emissionen würden sogar mehr und schneller verteilt.

Den Unterschied vom Ultraleicht- zum Sportflugzeug hängt Plessings Aussage nach vor allem am jeweiligen Gewicht. Der Ultraleichtflieger sei maximal zweisitzig, leichter und kleiner. Bei Komfort und Flug stünden die leichteren Fluggeräte den anderen heutzutage je nach Qualität und Kosten in nichts mehr nach.

Nach seiner Flughöhe befragt, sagt Plessing, 150 Meter Höhe seien das Minimum. Für Aktionen, wie sie der Beurener Obstbauer vorhat, brauche es seiner Meinung nach eine Ausnahmegenehmigung, um niedriger fliegen zu dürfen. Schädlingsbekämpfung aus der Luft hält Plessing für "nicht ganz einfach". Da müsse wahrscheinlich etwas tiefer geflogen werden. Zu Beginn seiner Flugkarriere habe er die Leute aus der Umgebung eingeladen, auf seinen Platz zu kommen und einen Flug vom Abheben bis zum Landen verfolgen zu können. Dazu rät er auch seinem Kollegen. Bei einem Schauflug könnten sich alle Kritiker vor Ort selbst ein Bild machen.

Die Ortsverbandsvorsitzenden Hedi Christian (Grüne) und Egenolf Löhr (beide ganz links) rieten dazu, Einwände gegen den beantragten ...
Die Ortsverbandsvorsitzenden Hedi Christian (Grüne) und Egenolf Löhr (beide ganz links) rieten dazu, Einwände gegen den beantragten Flugplatz per Brief schriftlich und unterzeichnet an Gemeinde oder das Regierungspräsidium Stuttgart zu schicken. | Bild: Martina Wolters