Flüchtlingsunterbringung statt Markthalle – zumindest für die Dauer von zwei Jahren ist das der neue Plan für den früheren Lebensmittelmarkt am Ortseingang von Mimmenhausen, wo sich Schlossseeallee und Bodenseestraße kreuzen. Bürgermeister Manfred Härle verkündete am Dienstag in der Stefansfelder Bürgerversammlung, dass ihn der Finanzdezernent des Landkreises am Vortag über die Pläne für eine weitere Notunterkunft in der Gemeinde informiert habe.

„Der Eigentümer hat den ehemaligen Lebensmittelmarkt angeboten“, sagte der Bürgermeister und betonte: „Das war nicht abgestimmt mit uns.“ Angesichts der geplanten Unterbringung von bis zu 90 Geflüchteten an dieser Stelle hegte Härle Bedenken, was die Kapazitäten der Infrastruktur in der Gemeinde angeht: „In welcher Größenordnung sind wir noch in der Lage, Menschen unterzubringen und zu integrieren?“

Derzeit leben über 300 Geflüchtete in Salem

In der Gemeinschaftsunterkunft Am Riedweg seien derzeit 41 Menschen untergebracht, in der neuen Gemeinschaftsunterkunft im alten Rathaus bisher 35, wobei es Platz für 80 Bewohner gebe. In den Anschlussunterkünften der Gemeinde lebten 30 Menschen am Riedweg und 17 im ehemaligen Gasthaus Hirschen in Mimmenhausen. Privat seien 95 Geflüchtete untergekommen, dazu kämen etwa 100 Menschen aus der Ukraine. Härle erklärte, in der Bürgerversammlung in Mimmenhausen am Mittwoch wolle Härle er den Bewohnern des Teilorts mitteilen, was in der Schlossseeallee 1 geplant sei.

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Eigentümer korrigiert Bürgermeister

Bauunternehmer Bernhard Straßer als Eigentümer des Geländes, auf dem der Lebensmittelmarkt steht, bekundete im Nachgang zur Veranstaltung in einem Telefonat, dass die Information des Bürgermeisters sachlich nicht ganz korrekt gewesen sei: „Nicht wir sind auf das Landratsamt zugegangen, sondern das Landratsamt hat händeringend nach einer Unterbringungsmöglichkeit gesucht und uns gebeten, die Fläche zur Verfügung zu stellen.“

Bernhard Straßer
Bernhard Straßer | Bild: Miriam Altmann
„Ich bin sogar ein bisschen stolz darauf, dass alle meine Kinder dafür waren.“
Bernhard Straßer

Familie wolle aus humanitären Gründen helfen

Im Familienkreis habe man sich daraufhin beraten und gemeinsam beschlossen, aus humanitären Gründen einen Beitrag zu leisten. „Ich bin sogar ein bisschen stolz darauf, dass alle meine Kinder dafür waren“, bekannte Straßer. Wirtschaftliche Gründe schwängen keine mit, vielmehr wolle seine Familie helfen wo sie könne. „Wir müssen alle mit der Situation leben“, bezog sich der Firmenchef auf den Zustrom von Geflüchteten, „traurig, dass wir so etwas brauchen“.

Landratsamt will Sporthallen wieder freigeben

Robert Schwarz, Pressesprecher des Landratsamts Bodenseekreis, bestätigte die weiterhin angespannte Situation um die Unterbringung Geflüchteter: „Der Landkreis ist weiterhin stark gefordert, neue Unterkünfte zu schaffen, und daher ständig auf der Suche nach geeigneten Objekten.“ Ein Grund dafür sei auch, dass man die zu Notunterkünften umfunktionierten Sporthallen im Landkreis schnellstmöglich wieder für Schul- und Vereinssport zur Verfügung stellen wolle. „So sind wir bei unserer Suche auch auf das Objekt in Mimmenhausen gestoßen und konnten uns mit dem Eigentümer einigen“, schilderte Schwarz.

Blick durch die Glasfront ins Innere: Ein Antiquitätenhändler lagert hier momentan seine Sammlerstücke.
Blick durch die Glasfront ins Innere: Ein Antiquitätenhändler lagert hier momentan seine Sammlerstücke. | Bild: Miriam Altmann

Unterkunft soll ab August bezugsfertig sein

Geplant sei, das Gebäude in den kommenden Monaten in eine Notunterkunft mit bis zu 90 Plätzen für geflüchtete Menschen umzubauen. Dafür müssten beispielsweise Trennwände und sanitäre Anlagen eingebaut werden, die Details dafür würden gerade erarbeitet. „Die ersten Geflüchteten sollen dort voraussichtlich ab August einziehen und die Notunterkunft für zwei Jahre genutzt werden“, kündigte Schwarz an.

Pläne für Markthalle ruhen

Eine Realisierung der geplanten Markthalle ist laut Bernhard Straßer im Anschluss angedacht. Laut den Plänen des Bauunternehmens sollen die Produkte lokaler Erzeuger unter einem Dach angeboten werden, zusätzlich ist ein gastronomisches und kulturelles Angebot vorgesehen. Unter anderem wegen der Unsicherheit im Einzelhandel gehe man das Projekt jedoch nicht ganz so forsch an, offenbarte Straßer: „Wir möchten uns im Moment zu dieser großen Investition nicht durchringen.“ Da man in den nächsten beiden Jahren keine Umsetzung des Projekts Markthalle vorgesehen habe, könne man das Gebäude für diese Zeit zur Verfügung stellen. Die Pläne lägen jedoch in der Schublade bereit: „Wir haben das Baurecht, das war uns wichtig.“