Ein nicht alltägliches Duo leitet die Renger Kunststoffspritzteile GmbH & Co. KG, die in Engelswies gegründet und seit 2001 auch in Meßkirch einen Zweigbetrieb hat. Vor einem halben Jahrhundert hat Johannes Renger, der jüngst seinen 90. Geburtstag feiert, die Firma im Keller gegründet und im Jahr 2020 an seinen 34-jährigen Enkel Steffen Erbe übergeben, wobei der Seniorchef den studierten Kunststofftechniker noch tatkräftig unterstützt. In beneidenswerter Gesundheit feierte Johannes Renger seinen runden Geburtstag und trug sich ins Goldene Buch der Gemeinde Inzigkofen ein, das Bürgermeister Bernd Gombold extra mitgebracht hatte. Zwischen Großvater und Enkel mögen viele Jahrzehnte an Lebenszeit liegen, aber im Gespräch wird deutlich, wie nah sich die Beiden sind.
Aus der DDR übergesiedelt
Johannes Renger kam im Dezember 1956 als Übersiedler aus der damaligen DDR nach Meßkirch und fand Arbeit in Engelswies, bei der jungen Firma Hahn-Magnet. Neben Elektromagneten wurden dort Massagegeräte konstruiert und gebaut. Der Betrieb hatte 840 Mitarbeitende mit Werken in Leibertingen, Vilsingen, Rohrdorf, Thalheim, Buchheim, Krauchenwies, Sigmaringen und Engelswies. Nachdem Fred Hahn 1964 verstarb, wurden die Betriebe verkauft und Renger blieb bei der Magnet AG, die dann zur neuen „Hahn Magnet“ wurde. „Nebenher fertigte ich im Keller Kunststoffteile. Es war eher ein Hobby“, erinnert sich Johannes Renger an die Anfänge. Die Firma wurde zwar 1974 gegründet, aber richtig durchgestartet ist der Elektronik- und Feinmechanikermeister im Prinzip erst mit 65 Jahren. „Da gehen andere in Rente“, würdigt Enkel Steffen die Energie, Zielstrebigkeit und Begeisterung, die sein Großvater damals wie heute an den Tag legt. In Engelswies ging es damals vom Keller in einen Neubau, 2001 wurde der Zweigbetrieb in Meßkirch eröffnet und vor sieben Jahren bezog man den schönen Gebäudekomplex, der weithin zu sehen ist, wenn man von Langenhart nach Engelsweis fährt.
Viele Millionen Kunststoffteile hergestellt
Seit vielen Jahren hat man sich in Engelswies als Spezialist für technischen Kunststoffspritzguss das Thema Nachhaltigkeit im Umgang mit dem aus Erdöl gewonnenen Grundstoff auf die Fahnen geschrieben, wohlwissend, dass das Material durchaus umstritten ist. „Wir produzieren keine Einwegplastiktüten, sondern lang nutzbare Produkte“, zeigt Steffen Erbe beispielhaft auf ein Kunststoffgehäuse, das in jedem WMF-Kaffeeautomat verbaut ist. In Engelswies werden alle Einzelteile des Filterautomatenauslaufs gefertigt, im Montagewerk Meßkirch zusammengebaut, verpackt und dann an WMF geliefert. In den vergangenen 50 Jahren wurden viele Millionen Kunststoffteile für Unternehmen unterschiedlichster Branchen produziert und auch weltweit exportiert. Im Auftrag der Firma Bosch produzierte man Kunststoffteile für den chinesischen Markt. Die Chinesen fertigen mittlerweile selbst, aber Südamerika läuft derzeit für die Firma aus Engelswies gut. Als Pluspunkt sieht die Renger-Geschäftsleitung, dass ihr Unternehmen breit aufgestellt und als Zulieferer nicht von einem Bereich wie der Automotive-Branche abhängig ist. Diese Vielseitigkeit zeigt sich auch im Produktportfolio. In den Werken können Kunststoffteile mit einem Gewicht von 0,02 Gramm bis 1,6 Kilogramm gespritzt werden. Und sollte es Probleme geben, verfügt man über einen eigenen Werkzeugbau und eine eigene Konstruktion, die Lösungen entwickelt.
Firmenchef betrachtet Unternehmen als soziale Einrichtung
Ohne in Nostalgie zu verfallen, erinnert sich Johannes Renger an seine DDR-Vergangenheit und besonders an das damalige Bildungssystem, dessen Niveau deutlich über dem in Westdeutschland gelegen habe.
In der Ingenieurschule hätten die Studierenden Bücher aus der DDR gelesen. Als Pluspunkt sieht er auch den Pragmatismus, den man in der ehemaligen Ostzone mangels Material benötigte, um seine Ziele zu erreichen. In der Firmenphilosophie der Renger GmbH finden sich diese Erfahrungen wieder, denn Johannes Renger betrachtet den Betrieb als soziale Einrichtung, die man nur gemeinsam erfolgreich entwickeln kann. „Wenn nur ein Glied in dieser Kette reißt, hat das Konsequenzen für alle“, folgt Nachfolger Steffen Erbe dem großväterlichen Credo.
Geschäftsführer registriert Belebung des Umsatzes
In den vergangenen zwei Jahren spürte die Renger GmbH die Konsequenzen der mauen Weltwirtschaft und der schwächelnden Konjunktur in Deutschland. „Es kamen keine neuen Aufträge und nach dem Rekordjahr 2023 hatten wir ein Jahr später einen Umsatzrückgang von 18 Prozent“, berichtet Steffen Erbe. Man habe die Zeit genutzt, um Prozesse zu optimieren und auch, um sich „gesund zu schrumpfen.“ Die 100-köpfige Belegschaft verringerte sich um 25 Prozent, wobei man fast ohne Kündigungen auskam, wie Senior- und Juniorchef betonen. Auch für 2025 rechnet Erbe nochmals mit weniger Umsatz und für 2026 erwartet er eine „verhaltene“ Entwicklung. Spätestens für 2027/2028 ist er optimistisch, zumal man schon in den vergangenen Monaten eine Umsatzbelebung registriere. Der 34-jährige Geschäftsführer will beim Personal wieder die 100er-Marke erreichen: „Das ist eine richtig schöne Größe, denn ich will jeden mit Namen kennen.“ Klar ist, dass ihm der Firmengründer weiter mit Rat und Tat zur Seite steht, wobei der 90-jährige Johannes Renger lachend kommentiert: „Ich höre zu, und sage meine Meinung, was ich über eine Sache denke.“ Steffen Erbe hat sich vorgenommen, die Renger Kunststoffspritzteile mit frischen Ideen, modernem Know-how weiterhin erfolgreich zu führen und in die Zukunft zu entwickeln.