Jochen Staudacher ist aus reiner Neugier in das Parkhaus West gekommen. Das Fundbüro Überlingen bringt in der Tiefgarage fast 40 Fahrräder, zwei Skate- und Longboards sowie zwei Cityroller unter den Hammer. Der Familienvater wird fündig und macht beide Söhne glücklich. Sie nehmen am Ende der Versteigerung ein Fahrrad und einen Cityroller mit nach Hause. Ihr Vater zahlt dafür günstige zehn Euro. Michael Moser leitet die Auktion, er ist froh über jeden Kauf. Dabei zählt er bei vielen Gebots-Runden in Fünferschritten nach unten, anstatt nach oben. Der Leiter des Bürgerservice Überlingen ist dennoch zufrieden: "Es lief gut, rund 800 Euro sind zusammengekommen. Nur vier Fahrräder bleiben zurück."

So finden Verlierer ihr Eigentum wieder

Für ihn und sein Team hat die Versteigerung nicht den Zweck, den allgemeinen Haushalt der Stadt Überlingen zu füllen. Dafür seien die Mehrkosten für die Veranstaltung zu hoch, so Moser. Vielmehr nehmen Räder, Roller und Boards Platz weg: Der Fundkeller muss daher regelmäßig ausgedünnt werden. Über das Jahr sammeln sich dort hunderte Fundstücke an. Doch wie viele verlorene Dinge kommen tatsächlich zurück zum Eigentümer? Gibt es einen Finderlohn? Wie wird überprüft, ob der Gegenstand wirklich der Person gehört, die ihn zurückfordert? Und: Wie kann ich nachschauen, ob etwas von mir abgegeben wurde?

  • Rund 31 Prozent der Fundstücke landen wieder beim Eigentümer

Im Überlinger Fundbüro wurden im Jahr 2018 bislang rund 550 Gegenstände abgegeben. Häufig sind es Dinge, die einfach zu verlieren sind: Schlüssel, EC-Karten, Geldbeutel, Brillen und Smartphones. Daneben tummeln sich einige skurrile Fundstücke wie Gebisse, Hörgeräte oder Zahnspangen. Ein Paddelboot wurde mitten auf dem See gefunden, außerdem ein Kinderwagen ohne Kind, erzählt Michael Moser vom Bürgerservice.

Von den 550 Funstücken sind bisher rund 170 an die Eigentümer zurückgegangen. Der Rest wird gelagert bis die Aufbewahrungsfrist von sechs Monaten abgelaufen ist. Was danach mit dem Gegenstand passiert, ist abhängig vom Wert, sagt Moser. Nach einer erfolglosen Versteigerung kann der Gegenstand nochmals in eine Versteigerung gegeben werden, beispielsweise unter www.zoll-auktion.de. Oder das Fundstück wird an einen Händler verkauft: Schmuck wird beispielsweise Goldeinkäufern angeboten. Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, wird der Gegenstand vernichtet.

  • Der Finder darf nach sechs Monaten seinen Fund für sich beanspruchen

Wer gefundene fremde Sachen behält, macht sich unter Umständen der Fundunterschlagung strafbar, erklärt Michael Moser vom Bürgerservice. Es gibt eine Meldepflicht an die Behörde, wenn man mehr als zehn Euro in bar oder eine Gegenstand mit einem Wert über 10 Euro findet. Doch es gibt eine Möglichkeit, dass der Fund legal in den eigenen Besitz übergeht. Moser erklärt, dass der Finder bei der Anzeige des Fundstückes gefragt wird, ob er nach der Aufbewahrungsfrist das sogenannte "Eigentum an der Sache" erlangen will. Falls sich in den sechs Monaten niemand meldet, kann der Finder den Fund wieder abholen. Andernfalls habe die Stadt das Recht am Eigentum, so Moser.

Die Möglichkeit auf einen Finderlohn ist ebenfalls gegeben. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Höhe, die der Eigentümer an den Finder zahlen muss. Bis zu einem Wert von 500 Euro gibt es fünf Prozent vom Wert des Fundes als Lohn, bei über 500 Euro sind es drei Prozent. Bei gefundenen Tieren liegt der Wert ebenfalls bei drei Prozent. Für Funde in öffentlichen Verkehrsmitteln und Behörden gibt es bis zu einem Wert von 50 Euro keinen Finderlohn, darüber hinaus nur die Hälfte des normalen Finderlohnes.

  • Mitarbeiterprüfen, ob der Gegenstand wirklich dem Verlierer gehört

Die Mitarbeiter des Fundbüros müssen darauf achten, dass es zu keinem Betrug kommt. Bei einem Smartphone werde zuerst der Provider informiert, der sich in der Regel durch die Seriennummer mit dem Besitzer in Verbindung setzen kann, erklärt Michael Moser. "Zudem ist das Handy meistens gesperrt, sodass nur der Verlierer es entsperren kann. Außerdem lassen wir uns das Handy genau beschreiben." Falls es keine Sperre gibt, versuchen die Mitarbeiter, meist die Eltern aus dem Adressbuch anzurufen.

Bei einem Ring oder einem Schal ist die Sache schwieriger. Die Person, die den Gegenstand einfordert, muss ihn zuerst beschreiben. Wie ist das Muster des Schals? Gibt es eine Gravur im Ring? Wo könnte der Gegenstand gefunden worden sein? Sind die Aussagen stimmig, geben die Mitarbeiter das Fundstück heraus. Trotzdem werden die Personalien des Verlierers aufgenommen, falls in der Zukunft eine weitere Person nach dem Gegenstand anfragt. Ein Betrugsversuch sei jedoch noch nie vorgekommen, so Michael Moser.

  • Online-Programm zeigt alle Funde aus Überlingen und den nahen Gemeinden

Das Fundbüro Überlingen nutzt „FundInfo“, ein elektronisches Fundbuch auf der Homepage der Stadt. Sobald ein Gegenstand beim Fundbüro abgegeben wird, wird es sofort im elektronischen Fundbuch erfasst und ist online abrufbar, erklärt Michael Moser. Wer nicht genau weiß, wo er seinen Gegenstand verloren hat, der kann seine Suche sogar auf die Region ausweiten. Folgende Gemeinden haben das Programm ebenfalls im Einsatz: Uhldingen-Mühlhofen, Salem, Meersburg, Konstanz, Markdorf, Hagnau, Immenstaad, Friedrichshafen, Stockach.

Wer in sozialen Netzwerken wie Facebook nach dem Eigentümer eines Fundstücks sucht, der muss sich bewusst sein, dass der Gegenstand trotzdem beim Fundbüro angezeigt werden muss. Laut BGB gilt: Ist der Eigentümer nicht ersichtlich, muss der Fund der bei der Behörde gemeldet werden.