Wer sonntags nicht nur gern ein gekochtes Frühstücksei verspeist, sondern auch die Eierschalenhaube exakt vom Eiweiß trennen möchte, der wird auf den Eierschalen-Sollbruchstellen-Verursacher (EiSS) nicht verzichten wollen. Wie er funktioniert, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden, dass er aber technisch interessierte Menschen beschäftigen kann, liegt nahe. So fühlten sich auch die Auszubildenden der Firma Diehl in Überlingen motiviert, diesen 1999 von einer Designfirma auf den Markt gebrachten Eierköpfer nachzubauen.
Zeit dazu finden sie, weil sie bei Diehl Defence bereichsübergreifend ausgebildet werden. Deshalb gründeten sie eine Firma in der Firma, die „Diehl JuFi“. JuFi steht für Junioren-Firma und in ihr sind alle 32 Auszubildenden des zweiten und dritten Lehrjahres zusammengefasst. Neben dem bereichsübergreifenden Lernen stehen der Austausch über Tätigkeiten, aber auch das Vermitteln von Grundkenntnissen der Gewinnerzielung und der Unternehmensführung im Mittelpunkt.
Immer wieder gibt es Wechsel in der Geschäftsführung
Fünf der 32 Auszubildenden, gegenwärtig vier Männer und eine Frau, bilden die Geschäftsführung der JuFi. Dass ihre Positionen regelmäßig neu besetzt werden, liegt nicht an Fehlern in ihrer Geschäftsführung, sondern daran, dass immer neue Auszubildende nachrücken während andere ihre Ausbildung abschließen.

Gegenwärtig liegt die kaufmännische Abteilungsleitung in den Händen von Sabrina Höge. Die 20-jährige angehende Industriekauffrau mit Zusatzausbildung ist für Einkauf und Vertrieb zuständig.
Marius Kugler, 22-jähriger Industriekaufmann mit Zusatzausbildung, steuert das Marketing.
Frederik Hueber ist 21 Jahre alt. Er wird ebenfalls zum Industriekaufmann ausgebildet und kümmert sich in der JuFi um die Finanzbuchhaltung.
Der 19-jährige Christian Lohr steht im dritten Ausbildungsjahr zum Elektroniker und hat in der Technischen Abteilung des Vorstandes der JuFi die Leitung der Entwicklungsabteilung übernommen. Er arbeitet eng mit seinem Vorstandskollegen Matthias Hiestand zusammen, ebenfalls im dritten Ausbildungsjahr. Der 24-Jährige ist in der Technischen Abteilung des Vorstandes der JuFi für die Fertigung verantwortlich.
Verantwortungsbereiche gleichen denen in realen Unternehmen
Was nach viel Verwaltung klingt, macht Sinn, wenn man einen Blick hinter die Kulissen wirft. Alle Aufgaben, die von den Auszubildenden im Vorstand des fiktiven Unternehmens übernommen werden, entsprechen den Verantwortungsbereichen im Vorstand eines realen Unternehmens. So lernen sie, worauf beim Einkauf von Produkten zu achten ist, oder, wie der Vertrieb organisiert werden muss. Ebenso wichtig sind die Kostenstrukturen und alle damit zusammenhängenden buchhalterischen Aufgaben.
Reale Produkte, realer firmeninterner Absatzmarkt
Das Salz in der Suppe der JuFi ist aber, dass die jungen Auszubildenden nicht Sandkastenspiele betreiben, sondern reale Produkte erstellen und verkaufen. Ihr Absatzmarkt ist zwar auf das Unternehmen Diehl mit Tochterunternehmen beschränkt und entsprechend klein sind die produzierten Stückzahlen. Dennoch haben es die Mitarbeiter und die Geschäftsführung mit realen Produkten und einem realen Markt zu tun.
So müssen sie nicht nur das Marketing besorgen, sondern sind gegenwärtig beispielsweise dabei, Marktforschung zu betreiben. Sie müssen Preise errechnen und sich fragen, ob diese am Markt durchzusetzen sind. So haben sie beispielsweise einen metallenen Salz- und Pfefferstreuer als Prototyp mit der CNC-gesteuerten Drehmaschine hergestellt – doch dann entschieden sie, es dabei zu belassen. Der Finanzchef rechnete ihnen vor, dass sich eine Produktion nicht rechnen würde.

Andere Produkte konnten sie aber schon erfolgreich am „Markt“ platzieren, so Holzbrettchen mit einem Bodensee-Logo, Ringe mit persönlichen Gravuren oder aber auch Plätzchen.

Einmal pro Woche – immer freitags – kommen alle Auszubildenden zu einer Betriebsversammlung zusammen. Zuvor tagt die Geschäftsführung gemeinsam mit Ausbildungsleiter Michael Kaltenbach, um dann die neuesten geschäftlichen Entwicklungen in die Runde zu tragen.
Gewinn wird für Auszubildendentreff verwendet
Zuletzt wurde von den erwirtschaften Gewinnen ein Treffpunkt – zwei Sitzgruppen – für den Treff der Auszubildenden auf dem Firmengelände selbst gefertigt. Marius Kugler erklärt: „Früher haben wir das Geld immer gespendet, aber diesmal wollten wir das mal anders machen.“ Wie auch bei den anderen Produkten achte die JuFi dabei auf Nachhaltigkeit. Michael Kaltenbach sagt: „Wir arbeiten in der Regel aus Material, das in der Produktion von Diehl Defence abfällt und entsorgt werden müsste. So können wir es noch sinnvoll verwerten.“

So auch beim Eierschalen-Sollbruchstellen-Verursacher. Er wurde jetzt zur Serienreife entwickelt und soll rechtzeitig zum Ostergeschäft den Mitarbeitern von Diehl zum Kauf angeboten werden. Geplant sind zurzeit weitere Produkte, unter anderem eine Uhr, ein Kugelschreiber und personalisierte Hals- beziehungsweise Armbänder.