Irgendwie geht es der Stadt wie der ganzen Republik und zumindest Teilen der Bundesregierung. Viele würden gerne mehr für den Klimaschutz tun, allein sie glauben nicht die erforderlichen Mittel zu haben. Oder liegt es nur an der falschen Priorisierung, die hier wie dort kritisiert wird? Vor diesem Hintergrund war es schon im Ausschuss für Bauen, Technik und Verkehr bei der Beratung des Klimaschutzkonzepts zu einem engagierten Wortgefecht gekommen, ehe der Gemeinderat später die kommunale Leitlinie für eine Klimaneutralität der Stadt im Jahr 2040 mit großer Mehrheit beschloss. Nicht nur die Aktivisten von Überlingen Zero fordern dieses Ziel allerdings schon für 2035 ein.

Stadtrat fordert mehr Tempo

Er wisse genau, dass „Herr Kölschbach und sein Team sich wahnsinnig bemühen voranzukommen“, gestand Stadtrat Herbert Dreiseitl (LBU/Grüne) der Verwaltung zu. Trotzdem habe nicht nur er „an mehreren Stellen großes Bauchweh“. Im neuen Doppelhaushalt stehe wenig für den Klimaschutz drin. „Wir sind auf einem guten Kurs“, sagte Dreiseitl. „Doch das müsste viel schneller laufen. Da muss mehr Zug rein.“ Umso mehr als die Zielvorgabe des Landes mit Klimaneutralität im Jahr 2040 ein Durchschnittswert aller Kommunen sein werde. Da Überlingen verglichen mit anderen Städten finanziell recht gut dastehe, „müssten wir besser sein und uns ein höheres Ziel setzen“.

Herbert Dreiseitl
Herbert Dreiseitl | Bild: Hilser, Stefan

Als Beispiel nannte Dreiseitl das Projekt Seewärme, über das mit dem Stadtwerk schon viel zu lange diskutiert wurde. „Da ist mir zu wenig Engagement dahinter.“ Gegebenenfalls müsse man die Prioritäten setzen und „andere Dinge hintanstellen“. Dies gelte auch für die Personalsuche. „Wenn wir ein gutes Image haben, bekommen wir auch motivierte junge Leute.“

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CDU verweist auf die vielen Pflichtaufgaben

Mit dieser Tirade hatte Dreiseitl („Ich habe jetzt meinen Ärger einfach mal rausgelassen“) den Kollegen Jörg Bohm (CDU) auf den Plan gerufen, der ihm „Schaufensterreden“ vorhielt. Das führe nicht weiter. „Wir dürfen uns nicht schlechter machen als wir sind“, sagte Bohm und verwies auf das Projekt der Baugenossenschaft am Schättlisberg. Die Stadt müsse auch ihre Pflichtaufgaben bei den Schulen und der Feuerwehr erfüllen. Er würde sich wünschen, sagte Bohm, „dass aus der kritischen Begleitung durch die Bürgerschaft vielleicht auch eine konstruktive Begleitung wird“. Die Probleme betreffe „uns alle, nicht nur die Politik und die Verwaltung“.

Jörg Bohm
Jörg Bohm | Bild: SK-Archiv/CDU

Die finanziellen Mittel seien nicht in der Gänze drin, in der er sich das gewünscht habe, räumte Bürgermeister Thomas Kölschbach ein: „Aber sie sind drin.“ Er nannte externe Planungskosten ebenso wie Investitionsmittel für Photovoltaikanlagen auf kommunalen Dächern. Im Vergleich zu manchen anderen Kommunen sehe die Stadt personell nicht gerade gut aus. „Mit einer Stelle werde ich da manchmal belächelt“, sagte Kölschbach. Es gebe Städte, die hätten für den Klimaschutz schon fünf, sechs Mitarbeitende, die verschiedene Schwerpunkte bearbeiteten.

Klimaschutz kostet viel Geld

Günter Hornstein (CDU) sprang seinem Fraktionskollegen Bohm bei und mahnte konkrete Finanzierungsvorschläge an. Wer mehr Geld für den Klimaschutz im aktuellen Doppelhaushalt fordere, der müsse konkret sagen, welche Schule zurückstehen müsse oder welche Maßnahme gestrichen werden könne.

Überlingen Zero forder Klimaneutralität bis 2035

In der Sitzung des Gemeinderats ging die Auseinandersetzung munter weiter, als sich in der Bürgerfragestunde gleich mehrere Vertreter der Gruppe Überlingen Zero zu Wort meldeten und ihre Forderung nach einer Klimaneutralität bis 2035 erneuerten, bei der sich die Stadt mit der Zielvorgabe 2040 zunächst am Land orientiert. „Wenn wir es schneller hinbekommen, soll es uns nur recht sein“, sagte Baubürgermeister Thomas Kölschbach.

Thomas Kölschbach
Thomas Kölschbach | Bild: Hilser, Stefan

Noch schwer abzuschätzen sei, inwieweit das Bundesverfassungsgerichtsurteil über den Transformationsfonds sich auf die kommunalen Vorhaben unmittelbar auswirke, erklärte Kölschbach auf eine Nachfrage von Günter Hornstein (CDU). Der ging von einem Konsens aus, dass Maßnahmen und Untersuchungen bei Wegfall der Förderung nicht von der Stadt allein finanziert werden könnten. „Ich würde keine Maßnahmen angehen, wo ich weiß, ich müsste das allein aus eigenen Mitteln stemmen“, bekräftigte Kölschbach.