Gut Ding will Weile haben, sagt man so schön. So brauchten Anwohner, Geschäftsleute und Verkehrsteilnehmer einige Geduld, bis der Umbau und die neue Gestaltung von Kloster- und Kessenringstraße vollbracht waren. Doch schon jetzt überwiegt die Freude über die neue verkehrsberuhigte Zone in der Innenstadt. Während die letzten Ecken und Kanten noch in der Mache sind, konnten Spaziergänger und Radfahrer die neue Aufenthaltsqualität bereits an den Osterfeiertagen ausgiebig genießen.

Eine offizielle Eröffnung holte die Stadt am Donnerstag nach und hatte dazu Anwohner, Baufirmen und Geschäftsleute eingeladen. Zusammen mit Stadträtinnen und Stadträten sowie den Vertretern der Verwaltung kam schon eine illustre Schar an der Grabenstraße zusammen. Für alle Bürgerinnen und Bürger will die Stadt Ende Mai ein großes Fest veranstalten.

Pflastersteine wurden fair abgebaut

Zur symbolischen Freigabe des neuen verkehrsberuhigten Bereiches durften Bewohner, Vertreter der Firmen, der Verwaltung und der Wirtschaft mit Oberbürgermeister Jan Zeitler zur Schere greifen und das badisch gefärbte Band gemeinsam zertrennen. In seiner kurzen Ansprache wies Zeitler noch einmal auf die Komplexität des Vorhabens hin, bei dem auch zahlreiche Versorgungsleitungen erneuert oder verlegt werden mussten. Die sind längst wieder unter dem teilweise rot marmorierten Pflaster verschwunden.

Schon an des Osterfeiertagen rollten die ersten Bodenseeradler durch den fertig gestellten verkehrsberuhigten Bereich.
Schon an des Osterfeiertagen rollten die ersten Bodenseeradler durch den fertig gestellten verkehrsberuhigten Bereich. | Bild: Hanspeter Walter

Dabei hob Zeitler insbesondere die Leistungen der Firmen Langenbach und Storz hervor, die für die Planung und die Ausführung verantwortlich zeichnen. Den Anwohnern und Geschäften dankte er für die Geduld während der Bauzeit. Es war Zeitler ein großes Anliegen, ausdrücklich auf die Herkunft und Verarbeitung des Granits hinzuweisen. „Die Pflastersteine kommen aus China und wurden unter fairen Bedingungen abgebaut und gehandelt“, betonte er.

Projekt verschlingt 2,65 Millionen Euro

Die veranschlagten Projektkosten in Höhe von 2,65 Millionen Euro könnten voraussichtlich unterschritten werden, stellte Jan Zeitler in Aussicht. Wobei die Neugestaltung der Straße mit 800.000 Euro aus dem städtebaulichen Landessanierungsprogramm gefördert werden. Zeitler: „Diese Maßnahme verbessert nicht nur die Lebensqualität für Anwohner und Besucher, sondern trägt auch zur nachhaltigen Entwicklung unserer Stadt bei.“

Die Freude über die weitere Aufwertung der Innenstadt und die Verkehrsberuhigung überwog spürbar. „Während der Bauzeit war es nicht so einfach“, sagte Uta Keppler-Hoss, die seit gut fünf Jahren in der Jakob-Kessenring-Straße ihr Zuhause hat: „Die neue Straße ist toll geworden.“ Die kritischen Stimmen würden deshalb sicher bald verstummen, sagte sie und wies auf ähnliche Erfahrungen in ihrer alten Heimat im Stuttgarter Raum hin. „Nach einiger Zeit waren immer alle glücklich.“

„Wenn Pflaster verarbeitet, wird schnell gefragt: Wo kommt es denn her?“: OB Jan Zeitler beantwortete die Frage ...
„Wenn Pflaster verarbeitet, wird schnell gefragt: Wo kommt es denn her?“: OB Jan Zeitler beantwortete die Frage „ehrlich“, wie er sagt: „Aus China.“ Doch habe die Stadt sichergestellt, dass sie „unter fairen Bedingungen abgebaut und gehandelt wurden“. | Bild: Hanspeter Walter

WVÜ übt weiter Kritik am neuen Poller

Nicht ganz zufrieden ist nach wie vor Reinhard Haas, der Vorsitzende des Wirtschaftsverbunds Überlingen (WVÜ). „Wir freuen uns sehr über die Verkehrsberuhigung und die neue Gestaltung“, betonte Haas. „Doch den Einbau des Pollers und die Anliegerregelung betrachten wir als Sperrung.“ In den Gesprächen des WVÜ mit der Stadt sei nie über den Poller gesprochen worden, erklärte er. „Wir hätten es lieber gesehen, die Gäste mit offenen Armen willkommen zu heißen.“ Der Verkehr wäre aus seiner Sicht allein durch die Menschen auf der Straße gebremst worden.

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Menschen erobern den neuen Freiraum

Dass sie sich viele durchaus willkommen fühlen, bewiesen schon am Freitag ganze Scharen von Radlern, die den stark ausgedünnten Autostrom schnell nutzten. Auch einige Geschäfte hatten den neuen Freiraum sofort erobert und präsentierten sich den zahlreichen Osterspaziergängern. Nur positiv sieht die neue Aufenthaltsqualität und die Verkehrsregelung auch Hans-Michael Graf, der in der Jakob-Kessenring-Straße einige Ferienwohnungen betreibt: „Diese Verbesserung der Aufenthaltsqualität ist ein großer Gewinn.“

Der öffentliche Personennahverkehr erfolgt inzwischen wieder auf den gewohnten Routen. Die Stadtbusse können bei Bedarf den Poller mit einem manuellen Signalgeber öffnen. Die Regionalbusse des Bodo-Verkehrsverbunds sind alle an ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL) angeschlossen, das die aktuellen Standorte aller Fahrzeuge speichert und die Zufahrt zum richtigen Zeitpunkt direkt freigibt.