Wenn am Donnerstag, 23. April 2020, die Landesgartenschau 2020 eröffnet hätte, dann wären auch die Taucher mit dabei gewesen und hätten den Bodensee als beliebtes Tauchrevier vorgestellt. Den Blick in die Tiefe gibt es nun zwar vorerst nicht auf der Landesgartenschau, dennoch ist der virtuelle Abstieg in die Tiefen des Überlinger Sees für jeden zuhause bequem möglich. Das Leben am Seegrund mit seiner Flora und Fauna liegt nur einen Mausklick entfernt.
„Unterwasserwelt im Bodensee nahe bringen“
Im Sommer des vergangenen Jahres 2019 hatte der Badische Tauchsportverband (BTSV) „mit tatkräftiger Unterstützung des Württembergischen Landesverbandes für Tauchsport“ (WLT), schreibt BTSV-Präsidentin Hannelore Brandt (Stutensee), und mit Zuwendungen der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg aus Mitteln der Glücksspirale, einen „Fischreiser“ nach historischem Vorbild nachgebaut. Was sich rund um diesen geschützten Platz für Jungfische tut, erfassen zwei Kameras. Der Livestream zeigt rund um die Uhr, was sich dort unten tut. „Dieser Livestream soll nicht nur auf den Homepages der beiden Verbände sichtbar sein, sondern auch bei der Landesgartenschau 2020 in Überlingen allen Besuchern die Unterwasserwelt im Bodensee nahebringen.“ So heißt es in der Pressemitteilung, allerdings müsste man den zweiten Teil des Satzes erst einmal ins Futur übersetzen. Momentan und bis zu einer Landesgartenschau, über deren Zukunft der Gemeinderat heute Abend entscheidet, gibt es das Fischfernsehen erst einmal nur im Internet.
Genau heißt das Projekt „Fischreiser – Von der historischen Fischbewirtschaftung zur Verbesserung der biologischen Vielfalt im Bodensee“. Projektleiterin ist die Biologin Sandra Vogel und sie wird in der aktuellen Pressemitteilung des Tauchsportverbandes zitiert: „Trotz der Umstände um das Coronavirus laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.“ Das gelte sowohl für die WLAN-Verbindung auf das Dach des Taucherpavillons und die TV-Anschlüsse, als auch für die Befestigung der Bildschirme oder die Poster mit Bildern und Informationen. „Sobald klar ist, wann die Landesgartenschau nun tatsächlich ihre Pforten öffnen kann, stehen die Taucher zum Finish am Pavillon bereit und freuen sich auf viele neugierige Besucher“, erklärt Sandra Vogel.
„Fischreiser“ sind ein geschützer Platz für Jungfische
Was genau „Fischreiser“ sind? „Seit mehreren Jahrhunderten gibt es Fischreiser im Bodensee„, beschreibt BTSV-Präsidentin Brandt. Pfähle, ins Sediment gerammt, bilden den Korb, in den Reisig eingelegt wird. So entstehe ein geschützter Platz für Jungfische. Der vergangenes Jahr von den Tauchern beider Verbände nach historischem Vorbild nachgebaute Fischreiser wurde genau neben einer Stelle errichtet, an der schon im Mittelalter ein „Haldenreiser“ gestanden habe.
Ansiedlungsfläche für junges Leben im See
Was einst zur Fischwirtschaft genutzt wurde, solle heute als Ansiedlungsfläche für junges Leben im Bodensee dienen, beschreibt Brandt weiter. „Unter fachkundiger Anleitung der Wissenschaftler an der Uni Stuttgart wird von den Tauchern genau beobachtet und notiert, was da so alles vorbei schwimmt oder sich ansiedelt: Schnecken, Insektenlarven, Schwämme, Pflanzen und Fische sind nach nur einigen Monaten bereits anzutreffen.
Schnappschüsse zeigen Spannendes
Wenn man auf der BTSV-Homepage „Fischreiser“ anklickt, kommt die Seite mit den beiden Kameras, in die man sich live einschalten kann – und dann hält sich die Aktion meistens erst einmal in Grenzen. Man braucht schon Geduld. Aber wer die aufbringt, kann durchaus Spannendes beobachten. Etwa einen Haubentaucher, der fast täglich sein Futter fängt. Und immer wieder schwimmen Fische vorbei. Ja, und dann: „Wenn es gerade nichts zu sehen gibt, dann schauen Sie sich doch mal unsere Schnappschüsse an“, schreiben die Taucher. Und die lohnen sich wirklich, um Appetit zu machen: Am 21. März fing die eine Kamera sogar einen prächtigen Hecht ein.