Sie sind Teil einer ganzen Reihe an Demonstrationen, die am Sonntag, 2. Oktober, den ganzen Bodensee umspannen sollte. Das ist in Summe nicht gelungen. Ihr Ziel sei es aber, so die Aussage verschiedener Redner, für Frieden einzutreten. In Überlingen waren sie nicht zu überhören, als ein Demonstrationszug von den sogenannten Freiheitstrychlern aus der Schweiz begleitet wurde. Die Kuhglocken schwingende Gruppe ist für ihre Auftritte bei verschiedenen Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen bekannt.

Friedensdemo vor Diehl Video: Hilser, Stefan

Busfahrer aus dem Rhein-Neckar-Kreis Anmelder für Demo vor Diehl

Eine erste Sonntagsdemo in Überlingen meldete ein gewisser Ralph Bühler aus Nußloch im Rhein-Neckar-Kreis an. Dass er der Anmelder sei, sagten sowohl die Polizei, die die Demo absicherte, als auch Bühler selbst, der sich als Anmelder der Demo gegenüber dem SÜDKURIER vorstellte. Mit rund 50 weiteren Demonstranten und den Freiheitstrychlern protestierte er vor den Werkstoren von Diehl Defence gegen den Bau von Waffen. „Wer so etwas baut, will keinen Frieden und keine Freiheit“, sagte er. Er wisse zwar, dass sein Wunsch nicht erhört werde, doch fordere er die Firma auf, „zum Beispiel Teddybären zu produzieren“.

Ralph Bühler aus Heidelberg war Anmelder einer Demonstration in Überlingen.
Ralph Bühler aus Heidelberg war Anmelder einer Demonstration in Überlingen. | Bild: Hilser, Stefan

Bühler lebt bei Heidelberg. Auf die Frage, wie er dazu komme, am Bodensee eine Demo anzumelden, sagte er: „Ich bin überall da auf der Straße, wo ich gebraucht werde.“ Er sei Busfahrer, früher sei er in der Finanzbranche tätig gewesen. „Coronabedingt habe ich nicht mehr in die Firma gepasst“, sagte er und verwies darauf, dass sein Masken-Attest nicht akzeptiert worden sei. Wie er mitteilte, kandidierte er zweimal als Bürgermeister. Vergangenes Jahr bewarb er sich in Walldorf im Rhein-Neckar-Kreis, wo er laut Staatsanzeiger im Juli 2021 auf ein Wahlergebnis von 0,25 Prozent kam.

Die Polizei sichert Demo und Kundgebung ab, zu der sich vor Diehl rund 50 Personen versammeln.
Die Polizei sichert Demo und Kundgebung ab, zu der sich vor Diehl rund 50 Personen versammeln. | Bild: Hilser, Stefan

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Volksverhetzung

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermittelte gegen Bühler wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Darüber berichtete die „Rhein-Neckar-Zeitung“, die sich auf eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft berief. Bühler sagte gegenüber dem SÜDKURIER, dass die Ermittlungen noch nicht eingestellt wurden. Eine Gerichtsverhandlung stehe noch aus und so lange habe er als unschuldig zu gelten. „Ich bin kein Volksverhetzer“, sagte er. „Ich bin ein sehr lieber, respektvoller Mensch.“

Hintergrund für den Vorwurf war ein Bild von Merkel mit Kippa

Die Ermittlungen seien aufgenommen worden, weil er auf Facebook ein Foto geteilt habe, auf dem Angela Merkel mit Kippa, einer jüdischen Kopfbedeckung, zu sehen war. „Ich habe dazugeschrieben: Nicht vergessen, wo die Mutter allen Übels herkommt.“ Damit habe er Merkel und ihre Migrationspolitik gemeint und nicht das Judentum, sagte Bühler. Einem Bericht in dem links orientierten Onlinemagazin „Kommunalinfo Mannheim“, wonach er „NPD-affin“ sei, begegnete er mit einer Gegendarstellung. Auf Fragen des SÜDKURIER sagte er, dass er bis 2020 Mitglied bei der AfD gewesen sei, „ich habe mit der NPD einen Scheißdreck zu tun“.

Regenbogenfahnen wehen vor dem Firmengelände von Diehl in Überlingen.
Regenbogenfahnen wehen vor dem Firmengelände von Diehl in Überlingen. | Bild: Hilser, Stefan

Bei seiner Rede auf dem Landungsplatz sagte Bühler, dass es eine Methode von Politik sei, in Kategorien von Rechts und Links zu unterteilen. „Wenn wir alle zusammenhalten, dann hat die Politik keine Chance, uns zu spalten“, so sein Aufruf an die Demonstranten, die bunt zusammengewürfelt waren. Darunter eine Frau, die eigens für den einen Tag aus Berlin an den Bodensee gereist kam, weil die Friedenskette, die sie vor zwei Jahren erlebte, so „bewegend“ gewesen sei.

Dagmar Schoeler (links) aus Berlin fuhr für einen Tag nach Überlingen, in Erinnerung an die Friedenskette vor Corona, über die sie sagt: ...
Dagmar Schoeler (links) aus Berlin fuhr für einen Tag nach Überlingen, in Erinnerung an die Friedenskette vor Corona, über die sie sagt: „Das war sehr bewegend.“ | Bild: Hilser, Stefan

Wenige Einheimische unter den mittlerweile 120 Teilnehmern

Bühler war für den ersten Teil der Demos am Sonntag verantwortlich. Am Landungsplatz trat als Organisationsteam ein Friedenskreis aus Überlingen auf. Anmelder war Roland Kaim. Hier versammelten sich nach Angaben der Polizei rund 120 Personen zu einer Kundgebung, darunter eine Mehrzahl an überregional angereisten Teilnehmern, wie sowohl einheimische Teilnehmer der Demo als auch Zaungäste kommentierten.

Organisator Roland Kaim: „Ich kenne den Herrn Bühler nicht“

Ihm gehe es darum, ein Gefühl für Frieden wach zu halten, sagte Kaim. Der Friedenskreis habe schon vor Corona zu Friedensketten am Bodensee aufgerufen. Er sei Mitglied bei der Friedensregion Bodensee, die „mehr so aus der linken Ecke“ stamme. Er sei froh, wenn er auf seiner Demonstration „niemanden aus der Reichsbürgerbewegung“ sieht. „Auf der anderen Seite kann ich einzelnen Menschen nicht den Wunsch nach Frieden absprechen“, sagt er dem SÜDKURIER. Von den Ermittlungen gegen Bühler wisse er nichts. „Ich kenne den Herrn Bühler nicht“, sagte Kaim über einen Mann, der immerhin auf seiner Demo als Redner auftreten durfte. „Ich kann nicht für jeden Einzelnen hier Verantwortung übernehmen.“