Die Hoffnung auf den Nachwuchs einer ersten Überlinger Waldrapp-Familie ist ungebrochen, auch wenn sich die ersten beiden Rückkehrer Zoppo und Vincino am Wochenende einen Ausflug in den Elsaß und in den Hegau erlaubt haben. Noch zaudern weitere Artgenossen in den wärmeren Regionen südlich der Alpen, die im Vorjahr schon am Bodensee beobachtet worden waren.
Um ein weiteres Jahr wird sich allerdings das Heranziehen einer weiteren, der vierten Generation für die geplante Brutkolonie bei Überlingen verschieben, wie das österreichische Waldrappteam um den Biologen Johannes Fritz jetzt mitteilte. Nach zwei Camps in Hödingen (2017 und 2018) musste schon das zweite Projekt beim Segelflugplatz Heiligenberg im Vorjahr aus Pandemie-Gründen abgesagt werden.
Nun zog Fritz auch für den nächsten Anlauf am Flugplatz Binningen bei Hilzingen die Reißleine, wo die nächsten Jungtiere ab Mai mit ihren Ziehmüttern hätten ihre Flugübungen machen sollen.
Handaufzucht in Tiergarten Schönbrunn angelaufen
Die Handaufzucht der vorgesehenen 33 Küken im Tiergarten Schönbrunn durch die neuen Ziehmütter Helena Wehner und Katharina Huchler war zum Zeitpunkt der Entscheidung schon angelaufen. „Die Vögel entwickeln sich prächtig und nehmen täglich 40 bis 60 Gramm an Gewicht zu“, freut sich Projektleiter Fritz. „Anfang Mai werden die Küken beginnen, die Nester zu verlassen, so wird die Zeit kommen, in ein Trainingscamp zu wechseln, wo sie flügge werden und darauf trainiert werden dem Fluggerät zu folgen.“
Umzug in den Hegau ist aber nicht mehr vorgesehen
Doch der Nachwuchs wird nun nicht – wie bis vor wenigen Tagen noch geplant – in den Hegau kommen. Als Grund nennt das Team jetzt die andauernden Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie. „Reisebeschränkungen vergrößern den Aufwand für die grenzüberschreitende Organisation des Camps erheblich und ermöglichen ein Training nur im Rahmen von bestehenden Sonderregelungen“, heißt es in der aktuellen Information. „Dieser Aufwand und das Risiko, dass die Umsetzung des Projektes durch weitere Beschränkungen verunmöglicht wird, haben uns letztlich bewogen, ein Camp in Österreich zu bevorzugen als eine wesentlich unkompliziertere und risikoärmere Option.“

Dieser „Plan B“, wie es Fritz nennt, soll nun in Seekirchen am Wallersee im Land Salzburg umgesetzt werden, wo schon 2015 und 2016 ein Trainingscamp aufgeschlagen war. Die 33 Tiere sollen an die beiden Brutkolonien Burghausen in Bayern und Kuchl in Salzburg integriert werden.
In Überlingen wird mit drei bis vier Nestern gerechnet
Der weitere Aufbau der Brutkolonie in Überlingen am Bodensee wird sich also um ein weiteres Jahr verschieben. „Das wird das Koloniewachstum weiter bremsen, aber letztlich sollte diese Kolonie das kompensieren können“, erklärt Johannes Fritz: „Immerhin erwarten wir in diesem Jahr erstmals eine Brut in Überlingen und rechnen mit drei bis vier Nestern.“

Während in den beiden Kolonien Burghausen und Kuchl die Brut schon beginne, verhielten sich die meisten Vögel der Überlinger Kolonie aufgrund des momentanen Schlechtwetters auf der Zugroute noch abwartend.