Noch sind sie nicht im Anflug, obwohl man der Waldrappkolonie im Winterquartier in der Toskana die Reiselust schon deutlich anmerkt. Ein Blick auf den Animal Tracker zeigt, dass die ersten Tiere sich bereits auf den Weg Richtung Salzburg gemacht haben. Höchste Zeit, am Bodensee die letzten Vorkehrungen für die erhoffte erste Brut der Hödinger Generationen zu treffen. Sie war im Vorjahr wie so vieles an der zur entsprechenden Zeit noch völlig neuen Corona-Pandemie gescheitert.
Im Mai 2020 kehrten zehn Tiere an den Bodensee zurück
Zehn Tiere waren im Mai 2020 zwar zielstrebig nach drei, teilweise zwei Jahren an ihren Abflugort zurückgekehrt und hielten sich bis zum September im Linzgau und im Hegau auf. Doch für Nachwuchs hatten sie noch nicht gesorgt.

Jetzt hoffen alle Verantwortlichen auf den ersten Nachwuchs
Dieses Jahr soll es nun endlich Nachwuchs geben, der auch am Bodensee schlüpft. Schon im Vorjahr war Anfang März, kurz vor dem ersten Lockdown, noch die künstliche Brutwand aus Holz auf einer Streuobstwiese am Rand der Goldbacher Weinberge aufgebaut worden. Mehr war aus den bekannten Gründen nicht möglich, auch wenn sich die Waldrappe vom Virus nicht beeindrucken lassen.
Deshalb knüpften die Hödinger jetzt an die Vorarbeiten an und stellten unter den kritischen Augen von Corinna Esterer aus dem Waldrapp-Projektteam, die aus Niederbayern anreiste, die erforderliche Voliere vor der Brutwand auf. Mitarbeiter aus Österreich konnten coronabedingt nicht teilnehmen.

Konstruktion hält auch einer frischen Brise stand
Für die Arbeiten in luftiger Höhe war das recht stürmische Wochenende nicht ganz optimal. Auf der anderen Seite hatten die Hödinger Handwerker gleich die Kontrolle beziehungsweise den Beleg, dass der Käfig auch einer frischen Brise standhält. Wobei Corinna Esterer stets darauf bedacht war, dass alle Helfer mit Maske und Abstand die pandemischen Anforderungen einhielten.

Gemeinsam mit Anne-Gabriela Schmalstieg hatte Esterer 2017 als Ziehmutter den ersten Hödinger Waldrappen noch das Fliegen beigebracht und diese im August 2017 im Ultraleichtflugzeug über die Alpen begleitet. Schmalstieg konnte dann im Vorjahr die ersten Rückkehrer am Bodensee über mehrere Monate beobachten. „Wir rechnen in diesem Jahr mit vier bis fünf Brutpaaren“, zeigt sich Corinna Esterer, die inzwischen Koordinierungsaufgaben hat, recht optimistisch.

Biologen helfen nach, damit die Vögel sich hier zum Brüten ansiedeln
Es ist zwar schon bewundernswert genug, dass die hier aufgezogenen Tiere überhaupt so zielgenau den Rückweg in ihr Brutgebiet am Bodensee finden. Doch ein bisschen Nachhelfen müssen die Biologen und deren Mitarbeiter schon, um die Waldrappe genau dort anzusiedeln, wo man sie gern hätte, weil sie hier vor knapp 400 Jahren noch gelebt hatten. Deshalb die künstliche Brutwand und die Voliere, in die Tiere nach dem Eintreffen gebracht werden.
Bis die Eier gelegt sind, wird die Voliere geschlossen
Die Balz beginne zwar teilweise schon im Überwinterungsgebiet, die endgültige Paarbildung und Entscheidung für die gemeinsame Brut erfolgt dann unter Beobachtung in der Voliere. Hier wird den Vögeln Nistmaterial bereitgelegt, dass sie gemeinsam ihr Nest bauen können. „Da sie ja die Voliere in dieser Zeit nicht mehr verlassen sollen, werde ich ihnen auch ausreichend Futter bereitstellen“, sagt Anne-Gabriela Schmalstieg.

Nach der Eiablage sind die Vögel an den Ort gebunden
In der Regel legen die Tiere drei bis vier Eier. Dann wird die Voliere wieder geöffnet, da die Paare beim Brüten an den Ort gebunden sind und selbst wieder auf Futtersuche gehen können. Nach dem Schlüpfen bleiben die Nester in der künstlichen Wand, bis der Nachwuchs rund zwei Wochen alt ist.
Alles für den Umzug der Nester zum Katharinenfelsen parat
Dann folgt die schwierigste Aktion, denn die Nester und die Küken werden in die künstliche Wand am Katharinenfelsen transferiert. „Wir haben dort schon geeignete Felsnischen ausgeguckt“, sagt Anne-Gabriela Schmalstieg. Wenn alles planmäßig läuft, könnte hier die erste Generation in ganz natürlicher Umgebung heranwachsen, wie sie es bis Mitte des 17. Jahrhunderts auch tat.