Er trägt einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte. Seine Haare hat der Angeklagte zu einem Seitenscheitel streng zurück gegelt: Das Bild passt zu seiner Tätigkeit als NPD-Politiker im Bodenseekreis. Der Staatsanwalt verliest die Anklageschrift. Dem Beschuldigten, einem NPD-Mitglied aus dem Bodenseekreis, wird Volksverhetzung in vier Fällen vorgeworfen. Es geht dabei um vier unterschiedliche Facebook-Beiträge, die er über das Jahr 2024 erstellt und veröffentlicht hat. Der Staatsanwalt beschreibt die Inhalte der Beiträge und deren jeweiligen Bildunterschrift.

Volksverhetzung im Internet

In drei Veröffentlichungen richtet sich die Haltung des Angeklagten gegen Ausländer und Migranten. Der Staatsanwalt sagt, dass durch abwertende Vergleiche und rassistische Ausdrücke diesen Personen die Menschenwürde abgesprochen werde. Im vierten Facebook-Beitrag handelt es sich um einen Auszug eines Gedichts von einer verurteilten Holocaust-Leugnerin. Darin ist die Rede von der „großen Lüge“, die der Staatsanwalt als eindeutigen Hinweis auf den Holocaust deutet.

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Die Staatsanwaltschaft vermerkt, dass der 35-Jährige im Vorfeld Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hatte. Vor seinem Auftritt bei einer Demonstration der NPD hatte die Polizei seine Internetpräsenz geprüft und sind auf die Beiträge gestoßen. Daraus folgte die Anklage.

„Das geht gegen die Menschenwürde“

Der Verteidiger versucht, bei den Inhalten der Beiträge mit der Meinungsfreiheit zu argumentieren. Richter von Kennel und Staatsanwalt reagieren darauf aber mit großer Skepsis. Zudem pocht der Verteidiger darauf, dass es für die genannte „große Lüge“ mehrere Deutungsmöglichkeiten gebe, es müsse nicht zwingend um den Holocaust gehen. Der Verteidiger plädiert auf Freispruch für den NPD-Politiker. Der Beschuldigte selbst gibt keine Erklärung zum Tatbestand. Zwischenzeitlich ziehen sich der Anwalt und der Beschuldigte für eine Besprechung zurück.

Nach ihrer Rückkehr debattieren der Verteidiger und der Staatsanwalt, ob die Äußerungen des Mannes noch im Rahmen der legalen Meinungsäußerung liegen. Aber weder Staatsanwaltschaft noch Richter lassen sich auf diesen Versuch ein. Amtsrichter von Kennel sagt: „Das geht gegen die Menschenwürde, ganz klar.“ Es handle sich bei den Inhalten um „böswillige Verächtlichmachung“. Durch „schlimmste Äußerungen herabwürdigender Art“, so der Richter, würde der Beschuldigte das Vertrauen in die Rechtsordnung erschüttern. Das habe mit dem Schutz freier Meinung nichts mehr zu tun.

Das ist das Urteil

Richter von Kennel verkündet das Urteil: Der Angeklagte wird zu 200 Tagessätzen á 15 Euro verurteilt. Er begründet das Urteil unter anderem damit, dass der 35-Jährige bei seinem Publikum gezielt Hass schüren wolle. Dieser befeuere absichtlich die aufgeheizte Stimmung zum Thema Migration. Ihm folgen auf Facebook mehrere tausend Menschen. Der NPD-Politiker habe sich „eindeutig“ in vier Fällen der Volksverhetzung strafbar gemacht.