Geständig war sie. Als Gründerin und Geschäftsführerin einer Bar im westlichen Bodenseekreis hatte die 57-Jährige während der Corona-Zeit 2020 und 2021 mehr als 30.000 Euro vom Geschäftskonto der Bar abgehoben und für ihre privaten Zwecke verwendet. Bei dem Geld handelte es sich um staatliche Corona-Hilfen. Und die waren einzig dafür bestimmt, dem Betrieb durch die Pandemie zu helfen.
Die Bar war für die gebürtige Deutsche nach eigener Aussage vor Gericht eine Nebentätigkeit, eine Art Hobby mit Geschäftsanteil. Hauptberuflich handelt sie in der Schweiz mit Immobilien und erbringt Finanzdienstleistungen. Die Corona-Hilfen für ihren deutschen Gastronomiebetrieb sah die 57-Jährige als Ausgleich für die Darlehen, die sie in das 2018 eröffnete Etablissement gesteckt hatte. Fünfmal hob sie während der Pandemie jeweils mehrere tausend Euro vom deutschen Geschäftskonto ab.
Eine elegante Frau ohne Unrechtsbewusstsein
Der Auftritt der Angeklagten – elegant im Kostüm, hochhackige Schuhe, Handtasche, mondäne Sonnenbrille – signalisierte viel mehr „erfolgreiche Geschäftsfrau“ als „reuige Angeklagte“. Neben ihrem Anwalt Heinrich Witte nahm sie Platz, als gehöre sie nicht in die Verhandlung. „Sie hat kein Unrechtsbewusstsein“, erklärte Witte vor Gericht.
Das schien durch, als ihr Richter Alexander von Kennel eine frühere Verurteilung vorhielt: einen Bandenbetrug in 15 Fällen, der 2018 zu einer Verurteilung zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung geführt hatte. Der Fall vor sieben Jahren sei „genauso absurd wie dieser“ gewesen, hielt die Beschuldigte dem Gericht entgegen.
Der Plan für ein „Verbotsirrtum“ zieht nicht
Mit ihrem Anwalt hatte sie den Plan geschmiedet, das Gericht von einem „Verbotsirrtum“ zu überzeugen. Der liegt laut Strafgesetzbuch vor, wenn jemand nicht weiß oder nicht erkennen kann, dass das eigene Handeln strafbar ist. „Dahin kommen wir nicht“, stellte Amtsrichter Alexander von Kennel früh klar. Die Angeklagte, gelernte Fachgehilfin für Steuer- und Wirtschaftsberatung mit Bankausbildung, kenne sich mit der Materie aus. Auch wenn die Pandemie für alle Neuland gewesen sei, so sei die Zweckbindung der staatlichen Hilfen unmissverständlich gewesen, sagte Kennel.
Die Verteidigung verwies immer wieder auf die Unsicherheiten jener Zeit. „Es war damals schwer verständlich, wie mit Corona-Hilfen umzugehen ist, eine Zeit der allgemeinen Verunsicherung“, argumentierte Witte. Selbst eine wirtschaftlich erfahrene Frau wie seine Mandantin habe nicht mehr durchgeblickt. Doch das Gericht blieb dabei: Wer die Buchhaltung einer Bar führt und zugleich im Finanz- und Immobiliengeschäft tätig ist, kann sich auf Unkenntnis nicht berufen.
Vorwurf der Untreue wird fallengelassen
Die Anklage war ursprünglich von Betrug und Untreue ausgegangen. Richter von Kennel signalisierte in Absprache mit der Staatsanwältin, das Verfahren wegen Untreue einzustellen. Am Subventionsbetrug aber „kommen wir nicht vorbei“. Er warnte, im Raum stehe eine Freiheitsstrafe: „Lassen Sie sich eingehend beraten.“
Bis zu den Plädoyers war es in weiten Teilen der Gerichtsverhandlung ein zähes Feilschen, unterbrochen von einem intensiven Gespräch zwischen Anwalt und Mandantin. Nach der Unterbrechung akzeptierte die Angeklagte den Deal: Das Verfahren wegen Untreue wurde eingestellt, sie gestand den Subventionsbetrug, Zeugen mussten nicht gehört werden. Ein persönliches letztes Wort wollte sie nicht sprechen.
So begründet der Richter sein Urteil
„Sie haben sich durch diese Betrügereien eine erhebliche Einnahmequelle geschaffen“, erklärte von Kennel in der Begründung seines Urteils. 5000 Euro an die Staatskasse sieht er als spürbaren Denkzettel. Zum Abschluss der Urteilsverkündung riet der Richter der im Kanton Thurgau lebenden Angeklagten: „Kaufen Sie in Konstanz ein, da ist es günstiger.“
Staatsanwaltschaft und Verteidigung verzichteten auf Rechtsmittel.