Wohl kaum ein anderes Verkehrsmittel erfreut sich am Hochrhein so wachsender Beliebtheit und wird gleichzeitig so häufig belächelt wie das E-Bike. Giorgio Giurintano (22), Leon Wunsch (19) und Patrick Jashari (20) aus Wehr bewegen sich in ihrer Freizeit regelmäßig mit ihren E-Bikes fort – und das mit Begeisterung.

Ihre Fahrräder sehen nicht so klassisch aus, wie man es von Pedelecs (Pedal Electric Cycles) gemeinhin kennt, sondern es sind richtige Mountainbikes mit Elektro-Antrieb. Die kommen auch optisch bei der jungen Generation gut an. Die Motivation der jungen Männer, sich diese Räder zuzulegen, war jedoch keinesfalls Unsportlichkeit oder Bequemlichkeit. Zwei von ihnen spielen Fußball, und auch sonst sind sie sportlich aktiv.
Umweltschutz spielt wichtige Rolle
„Der Umweltschutz und die Kosten waren vor allem Grund für das E-Bike“, erklärt der 19-jährige Leon Wunsch. Das Auto benutze er nur noch für die circa 13 Kilometer lange Strecke zur Arbeit und spare somit hohe Benzinkosten.

Um sich das E-Bike finanzieren zu können hat er sein Motorrad verkauft. Schon davor hatten sich die drei Freunde immer wieder E-Bikes ausgeliehen. So kam es, dass sich schließlich vor einigen Monaten einer nach dem anderen eines kaufte. Denn: „In der Gruppe macht es natürlich am meisten Spaß“, sagt der 20-jährige Patrick Jashari.
Das sagt der Fahrradbeauftragte zum Trend
Er besitzt zwar kein E-Bike, doch als Besitzer eines Tandems, eines Sesselrades und eines herkömmlichen Fahrrades hat sich Bernhard Biendl um das Amt des Fahrradbeauftragten in Bad Säckingen redlich verdient gemacht – und vor allem: Er weiß Bescheid über Fahrräder mit und ohne Motor.

Was hält der bislang nur mit Muskelkraft fahrende Fahrradbeauftragte von E-Bikes? Eine außerordentliche Gefahr sieht er nicht in den so genannten Pedelecs (Pedal Electric Cycle), deren Motor den Fahrer bis zu 25 Kilometer pro Stunde unterstützt.Besonders bei älteren Personen wäre es oft gefährlicher, wenn sie nicht mehr mit eigener Kraft Fahrradfahren können und stattdessen weiterhin Auto fahren. Hier biete das E-Bike eine sowohl physiologisch, als auch ökologisch sinnvolle Alternative, so Biendl.
Das bestätigen die Wehrer Biker. Seit sie nun elektrischen Motoren am Fahrrad haben, fahren sie deutlich öfter und benutzen das Rad bei schönem Wetter fast täglich, betonen alle drei. Beispielsweise um an heißen Sommertagen an den Rhein zu fahren.

Doch ohne Vollzeit zu arbeiten oder Unterstützung von den Eltern, lasse es sich als junger Mensch das E-Bike kaum finanzieren, räumen sie ein. Mit Anschaffungskosten ab 1500 Euro im untersten Preissegment ist laut Expertenempfehlung zu rechnen.
Kein Versicherungskennzeichen nötig
Versicherungs- oder meldepflichtig sind die E-Bikes der drei nicht. Ihre Mountainbikes gehören zur Klasse der Pedelecs, die nur dann Motorunterstützung bieten, wenn in die Pedale getreten wird. Die etwa 20 Kilogramm schweren Räder unterstützen die körperliche Leistung bis zu 25 Kilometer pro Stunde. Um schneller zu fahren ist man auf seine alleinige Muskelkraft angewiesen. Erst sobald der Motor höhere Geschwindigkeiten als 25 Kilometer pro Stunde unterstützt, oder gar ohne Pedaltätigkeit läuft, ist eine Zulassung nötig.

Doch eine Versicherung empfehlen die jungen Männer trotzdem dringend, da teure Räder – besonders E-Bikes – beliebtes Diebesgut sind. „Auch ein Schloss zwischen 40 und 70 Euro sollte man haben“, rät Giorgio Giurintano.
Weitere Touren sind kein Problem
Besonders bei Bergstrecken mache es Spaß, erzählt der 22-jährige Giorgio Giurintano, wenn man mit zehn bis 15 Stundenkilometern bergauf strampeln könne ohne danach am Ende seiner Kräfte zu sein. So sind die drei Freunde beispielsweise schon von Wehr nach Murg und auf die Burgruine Bärenfels geradelt. Momentan überlegen sie eine Mehrtagestour nach Frankreich zu planen. Ungefähr alle zwei bis drei Tage müssen die E-Bikes der drei Biker bei täglichem Gebrauch geladen werden.

Wer im Umgang mit dem Elektrofahrrad noch nicht so geübt ist, sollte Bernhard Biendls Tipps für E-Bike-Anfänger beachten: Es sei wichtig, auf Radwegen und ruhigen Straßen langsam anzufangen. Denn oftmals würden Radfahrer von Autos zur Seite gedrängt. "Wenn sie dann nicht selbstbewusst ihre Position halten, kann es leicht zu einem Sturz über den Bordstein kommen", warnt Bernhard Biendl.
Das Rad muss zum Fahrer passen
Doch in Bad Säckingen habe er bislang noch keine negativen Auswirkungen der größeren Anzahl von E-Bikes wahrgenommen, außer dass es weniger Stellplätze gebe. Da der letztjährige Zuwachs der E-Bikes laut dem Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) bei 19 Prozent lag, dürfte das auch kein Wunder sein. Einen weiteren wichtigen Punkt beim E-Bike-Kauf sieht Biendl in der individuellen Beratung beim Kauf, wo die Räder an Typ und Alter des Fahrers angepasst werden und zum Beispiel einen Tiefeinstieg haben.
Auch die angeblich gestiegene Zahl an E-Bike-Unfällen will Biendl nicht überbewerten. Gestiegene E-Bike-Zahlen und höhere Kilometerleistungen führten statistisch natürlich zum Anstieg der Unfallzahlen. So dürfe man sich von den Zahlen alleine nicht zu sehr abschrecken lassen. Das sehen auch Giorgio Giurintano, Leon Wunsch und Patrick Jashari so. Sie kennen aber das Risiko, dass Autofahrer die Geschwindigkeit der Bikes oftmals unterschätzen, da der Motor an den Rädern nicht auf Anhieb zu sehen ist.

Generell sehen die drei Wehrer E-Bikes als steigenden Trend bei jungen Leuten. Fast alle ihre Freunde seien begeistert gewesen, nachdem sie es einmal probiert hätten. „Es macht richtig Spaß“, schwärmt Giorgio Giurintano, „und spart zudem viele Autofahrten“, fasst er die Hauptgründe zusammen. Auch für Familien könne es praktisch sein und zum Beispiel den Transport von Kindern oder Waren im Fahrradanhänger erleichtern.
Eine positive Grundeinstellung ist ein wichtiger Aspekt, zu dem Bad Säckingens Fahrradbeauftragter rät. Bernhard Biendl gibt allen an E-Bike-Interessierten mit auf den Weg: "aufmerksam beobachten, Blickkontakt herstellen, deutliche Zeichen geben, wie klingeln oder Handzeichen, sich nicht abdrängen lassen und einen Helm tragen." Und das Wichtigste: "Auf jeden Fall immer Spaß haben."
Auf die Frage, wie die jungen Wehrer E-Biker reagieren, wenn sie für ihre Elektrofahrrädern belächelt werden oder sich dumme Sprüche anhören müssen, reagieren sie gelassen: „Wir lachen“, erwidern sie, „und fahren an ihnen vorbei“.