War der Bürgermeister wirklich krank oder wollte er sich nur vor der Anklage drücken? Die Bad Säckinger Narren vermuteten letzteres. Doch Guhl hatte am Sonntag Ersatz geschickt, weshalb auch die diesjährige Verhaftung und Anklage durch das närrische Gericht der Bad Säckinger Narrenzunft im Gallusturm, mit dem gewohnten Schalk und im Beisein befreundeter Narrenvereine, den Ehrenmitgliedern und der Prominenz aus Politik und Banken stattfinden konnte. Doch auch die Abwesenheit hat Bürgermeister Alexander Guhl nichts genutzt, denn Zunftmeister Rolf Meyer, verurteilte den Schuldis dazu, die Narren im Oktober des Jahres zu einem Raclette-Essen einzuladen.

Doch bevor es soweit war, stürmten die Narren das Rathaus und verhafteten die beiden Bürgermeister-Stellvertreter, Michael Maier und Michael Koubik. Narrenpolizist Günter Rünzi verlas den Haftbefehl und nach einer Stärkung im Ratssaal, wurde die Beiden abgeführt.
Narren nehmen das Stadtgeschehen aufs Korn
Und auch in diesem Jahr kannte Zeremonienmeister Oliver Jehle keine Gnade bei der Anklage. Zu viele Nagelstudios in der Stadt, die mit jeder Menge Leuchtreklame auf sich aufmerksam machen möchten und die Autofahrer ablenken. Mutwillig ausgelöste Fehlalarme in den Parkhäusern, die die Feuerwehr das ganze Jahr über auf den Plan rufen, die Billigpoller zur Absicherung der Straßen oder wie es mit dem Aqualon weitergehe. In allen genannten Fällen wirft der Chefankläger Jehle dem Bürgermeister in Abwesenheit Nichtstun und Ignoranz vor.

Das gilt auch in den Fällen der überteuerten Sanierung der Sennhofbrücke oder für die ewigen Falschparker beim Waldbad. „Da frag ich mich, haben die noch alle Latten am Zaun?“, schimpft Jehle und fordert: „So viel Unverfrorenheit in Kombination mit den eben genannten Tatbeständen lässt keine Alternativen zu. Ich empfehle dem hohen närrischen Gericht, bei der Urteilsverkündung definitiv keine Gnade walten und ihn die größtmögliche Härte der närrischen Rechtsprechung spüren zu lassen“.
Verteidigung weiß von nichts
Daran änderte auch die Verteidigungsrede des Bürgermeister-Stellvertreters, Michael Maier, nichts. Er wies alle schuld von sich. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, gab er sich ahnungslos.

Zunftmeister Rolf Meyer ärgerte sich darüber, dass die Bundestagswahlen mitten in die närrische Zeit fallen. „Da sieht man mal wieder, dass es der Politik egal ist, wenn wertvolles Brauchtum mit den Füßen getreten wird“. Gleichzeitig bewies Meyer, dass die Narren in der Lage seien, richtig zu wählen.
Neuer Säckelmeister im Amt
Mit Dennis Wermecke stellte Meyer den neuen Säckelmeister der Zunft vor. Er löst den bisherigen, langjährigen Amtsinhaber und Ehrenmitglied Dirk Gottstein ab. Mit Karin Thoma stellt die Bad Säckinger Narrenzunft außerdem die stellvertretende Landschaftsvertreterin der Landschaft Hochrhein in der Vereinigung schwäbisch alemannischer Narrenzünfte (VSAN), dem Dachverband der Narren.

Und die Bad Säckinger Narrenzunft hat in diesem Jahr noch viel mehr zu feiern. Standen im vergangenen Jahr die Narrenbücher aus Bad Säckingen im Vordergrund, ist es in diesem Jahr das 125-jährige Bestehen der organisierten Fasnacht in Bad Säckingen.
Denn am 28. November 1900 ist ein Elfer-Ausschuss gegründet worden, der künftig die Organisation der Fasnacht in die Hand genommen hatte. Anhand von historischen Bildern und einem kleinen Vortrag, hat Günter Rünzi, der neben dem Amt als Narrenpolizist auch das Archiv der Narrenzunft verwaltet, eine kurzen Einblick in die närrische Vergangenheit gewährt.