Im Prozess vor dem Amtsgericht Bad Säckingen ging es um Cannabis, ums Dealen und die Frage, ob Beweise als solche anzusehen sind. Das Ergebnis der Verständigung aller Prozessbeteiligten am Ende eines langen und kontroversen Verfahrens: Der 36-jährige Mann bekommt eine Geldstrafe von 6300 Euro.

Über mehrere Stunden stritten Staatsanwalt Michael Blozik und Verteidiger Jens Janssen über ein mögliches Beweisverwertungsverbot, das der Freiburger Rechtsanwalt beantragt hatte. War die Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten, bei der rund 200 Gramm Cannabis gefunden wurden, rechtmäßig?

Verteidiger sieht Grundrechtsverstoß im Vorgehen der Polizei

„Wir haben es mit einem Grundrechtsverstoß zu tun“, erklärte Verteidiger Janssen bereits zu Beginn des Prozesses und bezog sich auf einen Polizeieinsatz im November 2023. Damals erhielt die Polizei einen Hinweis, dass sich Teile von Hanfpflanzen im Keller eines großen Wohnhauses befinden. Darüber hinaus wurde sie informiert, dass ein dort wohnhafter Mann bereits in diesem Kontext polizeilich in Erscheinung getreten war und schöpfte Verdacht, den sie mit einer Hausdurchsuchung bestätigen wollte.

Für eine entsprechende Genehmigung versuchte der Einsatzleiter, die Staatsanwaltschaft zu erreichen. Nach drei gescheiterten Versuchen ordnete der Einsatzleiter ohne Genehmigung eine Durchsuchung an. Es habe „Gefahr im Verzug“ geherrscht, berichtet der Beamte als Zeuge vor dem Amtsgericht. „Wir mussten davon ausgehen, dass der Verdächtige uns bemerkt hat und nun die Möglichkeit hatte, die Beweismittel zu vernichten“, begründete er seine damalige Einschätzung. Bei Rauschmitteln müsse man in entsprechenden Fällen schnell handeln.

„Das ist eine völlig irrsinnige Einschätzung“

Laut Staatsanwalt Blozik habe der Einsatzleiter korrekt gehandelt. „Es gab einen berechtigten Anfangsverdacht und es herrschte in der Tat Gefahr im Verzug“, so Blozik. Er stellte heraus, dass die Polizei sich mit drei Anrufen bei der Staatsanwaltschaft sichtlich bemüht habe, einen richterlichen Beschluss zu erhalten und erst dann die Wohnungsdurchsuchung anordnete. Verteidiger Janssen widersprach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft vehement.

„Wenn man die Auffassung vertritt, dass dieses Vorgehen richtig ist, führt das zu großen Schwierigkeiten“, so der Rechtsanwalt. Weder sei der Anfangsverdacht vernünftig zu begründen gewesen, noch habe Gefahr im Verzug geherrscht. „Der Polizeiwagen war aus der Wohnung des Angeklagten nicht einmal sichtbar. Das ist eine völlig irrsinnige Einschätzung“, so Janssen. Besonders kritisierte er die fehlende Ausdauer beim Versuch, Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufzunehmen.

Arbeitsloser Angeklagter muss mehr als 6000 Euro zahlen

„Man kann doch nicht drei Anrufe in fünf Minuten absetzen und dann ohne weitere Bemühungen die Wohnung stürmen“, so Janssen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung sei ein hohes Rechtsgut, das vom Grundgesetz geschützt werde. „Wir sind ganz klar im Bereich der Verfassungswidrigkeit“, erklärte er und beantragte, dass die Beweise, die bei der Durchsuchung entstanden sind, vor Gericht nicht verwertet werden dürfen, wodurch ein Freispruch im Hauptanklagepunkt wahrscheinlich gewesen wäre.

Neben dem Besitz und Handeltreiben mit Cannabis wurden dem Beschuldigten in der ursprünglichen Anklageschrift weitere kleinere Straftaten vorgeworfen, die im Zuge einer Verständigung aller Prozessbeteiligten eingestellt wurden. Lediglich der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, den der 36-jährige Arbeitslose bei der Durchsuchung leistete, wurde mit 70 Tagessätzen bestraft und führten gemeinsam mit 150 Tagessätzen für Handel mit und Besitz von Cannabis zu einer Gesamtstrafe von 210 Tagessätzen á 30 Euro.

Angeklagter sieht seinen Einspruch als Akt des Widerstands

Die große Streitfrage des Prozesses blieb durch die Verständigung letztlich unbeantwortet, auch wenn Richter Jan Meents andeutete, die Rechtsauffassung des Staatsanwalts zu teilen. „Ich würde allerdings nicht dagegen wetten, dass Sie auch ein Gericht finden, dass die Durchsuchung tatsächlich für unrechtmäßig befindet“, so Meents gegenüber dem Verteidiger in der Urteilsbegründung.

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Der Angeklagte selbst machte deutlich, dass er sich durch die Durchsuchung ungerecht behandelt fühlte. Dass er durch das Verfahren letztlich seine im Strafbefehl vorgesehene Bewährungsstrafe gegen eine hohe Geldstrafe und hohe Anwaltskosten austauschte, schien den 36-Jährigen nicht zu stören. Er sehe mit dem Vorgehen der Polizei den Rechtsstaat bedroht und sich in der Pflicht, „Widerstand“ zu leisten. Mit seiner Zustimmung zur getroffenen Verständigung gab er im juristischen Sinne dennoch ein Geständnis seiner Straftaten ab.