Der Schlosspark stand an diesem Wochenende Kopf: Wo sonst Kakteen in aller Ruhe wachsen, klirrten Schwerter aufeinander, wirbelten Feuerstäbe durch die Luft und tanzten Männer in Schottenröcken zu keltischen Klängen. Wer es nicht besser wüsste, hätte glauben können, mitten in einer Zeitreise gelandet zu sein. Doch wie jedes Jahr verwandelt sich der Park für zwei Tage in eine Welt voller Magie und Abenteuer, denn das Mittelalter-Phantasie-Spectaculum (MPS) war zurück in Bad Säckingen.

Auf der Bühne der Spielleute ließ die schottische Band Saor Patrol – auf Deutsch etwa „Freie Patrouille“ – die mittelalterliche Menge ...
Auf der Bühne der Spielleute ließ die schottische Band Saor Patrol – auf Deutsch etwa „Freie Patrouille“ – die mittelalterliche Menge tanzen. | Bild: Viktoria Bäumle

Wer in schlichter Alltagskleidung kam oder sich aus Sorge vor dem launischen Aprilwetter in eine Regenjacke hüllte, musste sich über den ein oder anderen Seitenblick nicht wunder. Denn das MPS ist berühmt für seine extravaganten, fantasievoll kostümierten Besucher. Aus allen Himmelsrichtungen strömten Elben, Ritter, Burgfräuleins, Wikinger mit Helm und Schild, Hobbits, Zwerge, Hofnarren und Piraten der sieben Weltmeere in den Schlosspark.

Als erschossener Org verkleidete sich Simon Döring.
Als erschossener Org verkleidete sich Simon Döring. | Bild: Viktoria Bäumle

Entlang der Kieswege konnten die Besucher zwei Tage lang eine einzigartige Einkaufsstraße erleben. Die Marktstände boten alles, was das Mittelalterherz begehrte: Felle, Schwerter, Silberschmuck, bunte Tücher oder neue Weidenkörbe. Trinkhörner fehlten ebenfalls nicht – passend zum vielfältigen Angebot von Met und Honigwein.

Aus Münster reisten zum ersten Mal die Schankfrauen Hanne Gajewski (links), Franziska Engler und Caro Goldstein mit ihren Stand „zur ...
Aus Münster reisten zum ersten Mal die Schankfrauen Hanne Gajewski (links), Franziska Engler und Caro Goldstein mit ihren Stand „zur Alten Ziege“ an. | Bild: Viktoria Bäumle

Folkklänge und schottische Rhythmen verzaubern das Publikum

Höhepunkt eines Mittelalterspektakulums ist und bleibt jedoch das vielseitige Unterhaltungsangebot, verteilt auf gleich vier Bühnen. Die Band Rapalje – auf Deutsch „Radau“ –, angereist aus dem niederländischen Groningen, sorgte mit ihrer mitreißenden Irisch-Folk-Musik schon am frühen Nachmittag für beste Stimmung.

Aus noch weiterer Ferne reiste die Band Saor Patrol an, deren Dudelsäcke und Schottenröcke sie eindeutig nach Schottland verorten ließen. Auch Casper der Bierschmeichler, die KingsPipers und Harmony Glen – allesamt mit einzigartigem Sound zwischen Tavernenmusik und Folkrock – brachten die Elfen und Ritter vor dem Schloss Schönau zum Tanzen.

Für die kleinen Besucher verwandelte sich der Kiepenkasper zwischendurch sogar in ein Schwein, und das Duo Nebenbeisorgenfrei, bestehend aus der Elfe Sorgenfrei und dem Troll Trolly, nahm das junge Publikum mit auf eine Seifenreise in fantastische Traumwelten.

Mit einer Seifenblasenshow verzauberte das Duo Nebenbeisorgenfrei vor allem das jüngere Publikum.
Mit einer Seifenblasenshow verzauberte das Duo Nebenbeisorgenfrei vor allem das jüngere Publikum. | Bild: Viktoria Bäumle

Der Traumjob Narr und Ritter

Zwei absolute Fanlieblinge, Bagatelli und Narrenkai, gehören schon seit Jahren fest zum MPS-Standard. Balanceakte mit brennenden Jonglierstäben oder komische Geschichten aus dem Mittelalter, bei denen das Publikum aktiv mitwirken darf – die beiden haben immer einen frechen Spruch auf den Lippen. Ihren Hauptberuf als „Hofnarren“ üben die beiden Rheinländer bereits seit vielen Jahren auf der ganzen Welt aus.

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Narrenkai, mit bürgerlichem Namen Kai Jordens, reiste mit seinem Programm unter anderem nach Japan und sogar auf die Weltausstellung in Dubai 2022. „Bei 40 Grad im Schatten war das gar nicht so einfach“, erzählt der Kölner. Schon früh habe es ihn auf die Bühne gezogen, und als nach seinem Schulabschluss ein Mittelaltermarkt in seinem Heimatort stattfand, begann er kurz darauf als Aushilfsnarr – und blieb dem Beruf bis heute treu.

Narrenkai und der Gaukler Bagatelli kennen sich schon seit Jahrzehnten und teilen sich in ihrer Hauptsaison oft den Arbeitsplatz.
Narrenkai und der Gaukler Bagatelli kennen sich schon seit Jahrzehnten und teilen sich in ihrer Hauptsaison oft den Arbeitsplatz. | Bild: Viktoria Bäumle

Bagatelli, heute einer der bekanntesten Gaukler auf dem MPS, schärfte sein Können schon in den 1990er Jahren – und zwar mitten in der Düsseldorfer Altstadt. Ein ganzes Jahr lang stellte er sich dort dem oft rauen Straßenpublikum. „Das war ein hartes Pflaster, aber auch eine verdammt gute Schule“, erinnert er sich.

Mit offenem Mund und leichtem Schaudern verfolgten die Besucher die Auftritte der Schwertkampfgruppe Fictum. Ihr Hauptberuf: sich gegenseitig mit Schwertern und Äxten zu attackieren – natürlich nach allen Regeln der Kunst. „Unsere Waffen sind zwar aus Metall, aber aus gutem Grund sehr stumpf“, erklärt der Trommler der Gruppe. Er und sein Kollege haben sich bei ihren Auftritten dennoch bereits sichtbare Gesichtsnarben zugezogen. Von April bis Dezember sind die Ritter aus einer tschechischen Kleinstadt nahe der deutschen Grenze in ganz Europa unterwegs.

Die drei jüngsten Mitglieder der Fechtgruppe Fictum. Auf ihrem überdachten Platz erholen sie sich von den allstündlichen Schwertkämpfen.
Die drei jüngsten Mitglieder der Fechtgruppe Fictum. Auf ihrem überdachten Platz erholen sie sich von den allstündlichen Schwertkämpfen. | Bild: Viktoria Bäumle